Vertragsschluss mit Verbraucher über Zoom: Architekt darf (manchmal) Honorar behalten
OLG Frankfurt, Urteil vom 17.02.2025 – 29 U 42/24Verträge, die Architekt:innen oder Ingenieur:innen außerhalb ihrer Geschäftsräume mit Verbraucher:innen schließen, unterliegen grundsätzlich einem Widerrufsrecht. Ausnahmsweise entfällt dieses, wenn der Geschäftsbetrieb nicht auf den Abschluss von Fernabsatzverträgen ausgerichtet ist.
Der Sachverhalt
Ein Rechtsanwalt beauftragte einen Architekten mit der Erstellung von Bestandsplänen und eines ersten Entwurfs zur Sanierung eines kürzlich erworbenen Anwesens. Honorar: 5307,40 Euro. Der Vertrag kam ausschließlich per E-Mail, Telefon und Videokonferenz zustande – der Auftraggeber befand sich währenddessen im Ausland. Der Architekt erhielt über einen deponierten Schlüssel Zugang zur Immobilie und konnte diese eigenständig besichtigen.
Nach Abschluss der Arbeiten und Zahlung des Honorars verweigerte der Auftraggeber die Fortführung des Projekts, solange keine neue Honorarvereinbarung gemäß HOAI vorliege. Anschließend erklärte er den Widerruf des Vertrags und forderte das Honorar zurück. Der Architekt hatte den Auftraggeber nicht über ein mögliches Widerrufsrecht belehrt.
Die Entscheidung
Das OLG Frankfurt entschied zugunsten des Architekten: Zwar gelte bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen mit Verbraucher:innen grundsätzlich ein Widerrufsrecht (§ 312g BGB), dies sei aber im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
Begründung: Es lag kein Fernabsatzvertrag im Sinne des Gesetzes vor. Der Architekt konnte glaubhaft darlegen, dass er Planungsverträge üblicherweise erst nach persönlichen Ortsterminen abschließt und nicht im Rahmen eines auf Fernkommunikation angelegten Vertriebssystems arbeitet.
Wichtig: Erfolgt der Vertragsschluss ausschließlich über Fernkommunikationsmittel, wird vermutet, dass ein Fernabsatzsystem vorliegt. Der Architekt oder Ingenieur muss diese Vermutung entkräften, etwa durch Nachweis einer regelmäßigen Praxis mit persönlichen Terminen vor Vertragsschluss – wie hier erfolgreich geschehen.
Praxishinweis
Architekt:innen sollten bei Verträgen mit privaten Bauherr:innen grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Widerrufsrecht besteht – insbesondere wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume (z. B. auf der Baustelle, per Telefon, E-Mail oder Videokonferenz) abgeschlossen wird.
Im konkreten Fall hatte der Architekt Glück: Das Gericht sah kein Fernabsatzsystem – andernfalls hätte das Honorar in voller Höhe zurückgezahlt werden müssen, ohne Anspruch auf Aufwendungsersatz.
Empfehlung: Auch bei vermeintlich unkomplizierten oder digital geschlossenen Verträgen sollte stets geprüft werden, ob eine Widerrufsbelehrung erforderlich ist. Im Zweifel sollte eine solche erfolgen. So lassen sich spätere rechtliche und wirtschaftliche Risiken vermeiden – bis hin zum Totalverlust des Honorars.