Liebe Leserinnen und Leser,
die Hospitality-Architektur befindet sich im Umbruch. Hotels sind längst nicht mehr nur Orte der Übernachtung, sondern immer häufiger Erlebnisräume, die Komfort, Funktionalität und Identität vermitteln sollen. Wer heute ein Hotel neu plant oder ein bestehendes Gebäude dafür umbaut, steht vor der Herausforderung, ein stimmiges Gesamterlebnis zu entwerfen – eines, das den Ansprüchen einer zunehmend diversifizierten Gästeklientel gerecht wird und idealerweise auch noch nachhaltig(er) betrieben werden kann.
Ein zentraler „Trend“ ist die Individualisierung. Gäste erwarten heute keine austauschbaren Standards, sondern Orte mit Charakter und Storytelling. Architektinnen und Innenarchitekten sind gefordert, narrative Räume zu schaffen, die Geschichte und Kontext des Standorts aufnehmen (mehr dazu im Interview mit dem Stuttgarter Büro blocher partners, S. 16 ff.). Die Integration lokaler Materialien (zumindest als Reminiszenz), traditionelle Handwerkstechniken oder kulturelle Referenzen werden zum Qualitätsmerkmal – und bestenfalls zum Wettbewerbsvorteil.
Parallel wächst die Bedeutung flexibler Nutzungskonzepte. Hotelzimmer, Lobby und Gastronomiefläche sollen unterschiedlich bespielbar sein: als Rückzugsort, Arbeitsplatz oder als öffentlich zugänglicher Treffpunkt für Anwohnerinnen und Anwohner des Hotels. Offene Grundrisse, modulare Möblierungen und multifunktionale Zonen ermöglichen diese Vielschichtigkeit.
Nicht weniger prägend ist der Nachhaltigkeitsgedanke: Zertifizierungen, energieeffiziente Gebäudetechnik, ressourcenschonende Materialien und zirkuläre Innenausbaukonzepte sind inzwischen Standarderwartungen nicht nur in der Hotelbranche. Idealerweise findet das alles im Bestand statt. Für Architektinnen und Architekten bedeutet dies, innovative Lösungen nicht nur auf technischer, sondern auch auf atmosphärischer Ebene zu entwickeln – von der Lichtplanung bis zur Haptik der verwendeten Materialien.
Schließlich ist die Digitalisierung ein Schlüsselfaktor. Kontaktlose Check-ins, smarte Steuerungen und hybride Arbeitsmöglichkeiten verändern die Funktion eines Hotels. Doch entscheidend bleibt, die Technik dezent und/oder selbstverständlich zu integrieren – ohne die räumliche Qualität zu überlagern.
Hospitality-Architektur ist damit vielschichtiger denn je. Wer Hotelräume entwirft, gestaltet nicht nur eine temporäre Unterkunft, sondern ein Erlebnis, das lokale Identität, Nachhaltigkeit, Flexibilität und Technologie zu einem Ganzen verbindet (mehr dazu in der Forschungsstudie auf S. 52 ff.). Wir zeigen Ihnen von der Redaktion ausgewählte Hotelprojekte aus Deutschland, Österreich, Tschechien und Finnland und sagen Ihnen, worauf es künftig in der Hospitality-Architektur ankommt.
Viel Vergnügen beim Lesen wünscht
Heide Teschner
