Lichtblick im digitalen Raum

Bei der digitalen Planung ist die Lichtplanung ein Musterschüler – auch, weil sie bereits
seit langem auf Prozessoptimierung am PC setzt. Allerdings gibt es auch noch hier einige Hindernisse aus dem Weg zu räumen, damit die nachhaltige und plattformübergreifende Planung in BIM jederzeit gelingt. Ein Gespräch mit Robert Heinze, CTO von Relux, einem
Anbieter für Revit-basierte Lichtplanung.

Herr Heinze, für Architekten wie Bauinge­nieurinnen wird es zunehmend selbstverständlicher, in BIM zu planen. Wie sieht es in der Lichtplanung aus?

Robert Heinze: In der Lichtplanung ist es nicht anders als in anderen Disziplinen der Architektur, nur, dass sie schon wesentlich früher mit der digitalen Planung begonnen hat. Das hängt auch damit zusammen, dass die Photometrie immer einen räumlichen Bezug hat. Deshalb bot es sich an, in 3D-CAD zu planen, sobald die Rechenleis­tung das hergab. Denn damit war es möglich, in einer objektbasierten Umgebung unterwegs zu sein, in der eine Leuchte bereits eine Leuchte war, mit allen Eigenschaften und einfachen Berechnungsmöglichkeiten. Eine Lichtplanung auf dem Papier ist zwar möglich, aber ungeheuer aufwendig. Die digitalen Tools ermöglichten es hingegen auch Architekten, die sich nicht oder nur sehr selten mit dem Thema beschäftigen, Licht zu planen. 3D-CAD war in dem Sinne bereits BIM, bevor der Hype darum eingesetzt hat.

Ist die Lichtplanung also einer der Vorreiter der BIM-Planung?

Eher war sie von Anfang an dabei. Das Problem der BIM-Planung sind ja immer die Schnittstellen zu anderen Gewerken und deren digitalen Plan­unterlagen. Und hier sind historisch zwei unterschiedliche Kulturen entstanden: Open und Closed BIM. Weltweit gibt es nur wenige Anbieter von Lichtplanungssoftware: Zum einen sind das die Firmen, die sich für den offenen Ansatz entschieden haben und früh den IFC-Standard eingebunden haben, und zum anderen die Softwarehersteller, die sich spezifisch für die Anbindung an Revit entschieden haben. Inzwischen verschwimmen die Grenzen jedoch zunehmend. Dadurch wird der Lichthorizont zunehmend breiter und die Branche ist besser für das Bauen im BIM aufgestellt. 

Was sieht das konkret aus?

Bereits heute können alle großen Lichtplanungsprogramme direkt oder indirekt, zum Beispiel über den Umweg Revit, mit IFC arbeiten. Das heißt, in der Lichtwelt braucht man noch ein BIM-Autorensystem. Die Lichtprogramme sind beides selbst keine Autorensysteme. Das ist vielleicht wichtig zu wissen. Man kann damit keine IFC-Wall oder andere Objekte, die nichts mit Licht zu tun haben, erstellen.

Hier sind die Lichtplaner also auf weitere Programme oder Anlieferung von einem anderen Büro angewiesen.

Wie jedes andere Gewerk, sind wir davon abhängig, dass das Bauwerk bereits zum Teil fertig ist, bevor wir mit unserer Planung loslegen können. Zumindest Hülle, Erschließung, Raumstruktur. Wir brauchen eine leere Bühne, auf der wir das Licht projizieren können. Das geht zum Beispiel der TGA nicht anders. Ohnehin ist das ja gerade der große Vorteil von BIM für Fachplaner: Wir erhalten bereits digitale Pläne mit allen für uns notwendigen Eigenschaften, ohne dass wir sie erst mühselig aus Papierplänen herauslesen und transferieren müssen. Das ist natürlich eine enor­me Erleichterung im Planungsprozess. Für die Architekten ist das eher ein Kreuz, weil sie nun viel früher viel detaillierte Vorgaben machen müssen. Wir aber freuen uns, denn 20 oder 30 % des Aufwands bestand früher erst einmal darin, das Gebäude nachzumodulieren. Und das ist ja heute noch so, wenn ich CAD-Dateien, ein pdf oder dwg erhalte, also keine IFC- oder Revit-Dateien, dann muss ich das erst einmal in 3D nachbauen. Lichtplaner freuen sich daher sehr über den Siegeszug der digitalen Planung. Dann kann ich meine Leuchte auch einfach wieder in dem Bauwerksmodell abliefern, eigentlich ziemlich egal in welchem Format, denn die Übertragung in Revit oder IFC ist inzwischen ja möglich.

Warum dann überhaupt die Lichtberechnung in einem gesonderten Programm?

Als Lichtplaner habe ich gar keinen Bedarf daran zu wissen, was zum Beispiel in der Wand steckt. Uns interessieren nur die Raumbegrenzungsflächen und welche Farbe und Oberflächen sie haben, um die Reflektion bemessen zu können. Dann aber habe ich zwölf Gütemerkmale für Licht, die ich in die richtige und gewünschte Balance bringen muss. Das ist mit einem BIM-Autorenprogramm in der erforderlichen Tiefe gar nicht zu leisten, zumal nur Revit die Möglichkeit bietet, eine Leuchte auch als Leuchte mit allen ihren Eigenschaften darzustellen. Das hat den Hintergrund, dass Revit seinen Schwerpunkt bei der TGA gesetzt hat. Andere BIM-Autorenprogramme sind zum Beispiel eher für die Bedürfnisse von Statikern ausgelegt oder von Architekten.

Relux bietet übrigens auch ein Plugin für Lichtberechnung in Revit mit dem Add-on „ReluxCAD for Revit“ an, sodass ich meine Lichtplanung auch direkt in Revit ausführen kann. Das ist zum Beispiel für Elektrotechniker oder Architekten sinnvoll, die vielleicht nicht täglich eine Lichtplanung machen und sich gar nicht in die Tiefen von Relux einarbeiten wollen.

Wenn ich die Lichtplanung als Architektin oder Architekt aber nun nicht selbst machen möchte, zu welchem Zeitpunkt sollte ich Sie dann extern heranziehen?

Das ist eine sehr gute Frage. In der Brust von Lichtplanern schlagen in der Regel zwei Herzen: Einerseits sehen sie sich als Elektrotechniker, die anhand von Normen und Vorschriften die Sicherheit, Effizienz und Funktionalität ihrer Beleuchtung gewährleisten wollen und müssen. Dafür reicht eigentlich die Phase 2 oder 3 in einem Projekt. Aber auf der anderen Seite sind sie auch Gestalter, die möglichst bereits in Phase 0 ihr Konzept für das Projekt zumindest in ersten Skizzen beitragen wollen. Dafür spricht aber auch noch ein anderer Aspekt, der sich aus der BIM-Planung und der damit zusammenhängenden Planungskultur und BIM-Normung ergibt. Diese sieht zum Beispiel vor, dass der GU, Eigentümer oder Bauherr vorab eine sogenannte Auftraggeber Informationsanforderung (AIA) formuliert. Da steht zum Beispiel drin, dass man in BIM bauen möchte, mit welchen Werkzeugen, in welchem Umfang, in welchem Datenformat, und zu welchen Zeiten man welche Daten in welchen Fachgewerken zirkulieren lassen möchte. Darauf hin kann der Architekt in der Phase 0 einen BIM-Ablaufplan erstellen, der alle diese Fragen beantwortet. Dazu müssen natürlich auch die Fachgewerke einbezogen werden und erste Angaben liefern. So auch die Lichtplanung.

In dieser frühen Phase besteht ja auch die größte Chance, positiv auf Themen wie Energieeffizienz und Nachhaltigkeit einzuwirken.

Das sind natürlich auch große Themen in der Lichtplanung, seit Langem. Allerdings hat uns da die Entwicklung der LED-Technik deutlich in die Hände gespielt, sodass der Energieverbrauch für Licht heute nur noch eine untergeordnete Rolle spielt.

Aber zum Beispiel beim Baumaterialrecycling oder der Nachnutzung von Leuchten und Sensorik könnten die in BIM hinterlegten Daten zu Materialien und Lebenszyklen eine Rolle spielen.

Und das werden sie künftig wahrscheinlich auch. Momentan ist das aber noch im Aufbau. Das ist nicht zuletzt auch eine Frage dessen, wie die Politik die Industrie dazu verpflichtet, ihre Produktdeklaration auch im IFC-Format anzubieten. Hier stehen wir noch am Anfang, auch wenn es bereits einige Hersteller gibt, die daran arbeiten. Meistens erhält man jedoch auf Anfrage nur Excel-Listen oder pdfs, die sich so nicht im BIM-Modell hinterlegen lassen. Erst, wenn die Eigenschaften im BIM-Objekt hinterlegt sind, überstehen sie die Datenkette und können bis zu einem möglichen Rückbau oder der Sanierung eines Gebäudes durchgereicht werden. Auch für eine eventuelle Zertifizierung sind solche Daten natürlich interessant. Und wenn der Lichtplaner irgendwann dazu verpflichtet wird, mit einem bestimmten CO₂-Abdruck oder bestimmten Materialien zu arbeiten, dann wird das natürlich auch für seinen Planungsalltag interessant, und wir werden das in Relux auslesbar und darstellbar machen.

Oder die Daten können für den Gebäudebetrieb genutzt werden…

Hier ist der große Hebel die Lichtsteuerung, mit der ich als Lichtplaner verschiedene Szenarien, zum Beispiel für verschiedene Tageszeiten oder Nutzungen festlegen kann. Aber das ist leider noch nicht wirklich ausgereift. Da fliegen Excel-Listen durch die Gegend oder Lichtplaner erklären mit Händen und Füßen, was man erreichen möchte. Es gibt auch viele Entscheidungen zum Lichtmanagement oder zur Lichtsteuerung, die erst vor Ort vom Elektriker getroffen werden. Auf die hat der Lichtplaner wenig Einfluss. Da fehlt es an Übergaben und auch an Datenformaten, weil auch Lichtsteuerung nicht universell ist. Es gibt wahnsinnig viele verschiedene Produkte, sowohl für die Hard- als auch für die Software. Das macht es schwierig, Lichtszenen im BIM-Modell festzulegen. Dieses Problem ist nicht einfach zu lösen, weil zu viele Anbieter auf dem Markt sind. Grundsätzlich kann man aber auf das Lichtmodell in BIM ein IoT-Modell draufpacken, das zum Beispiel das Verhalten von Leuchten bei bestimmten Sensormeldungen auslöst. Aber ob das dann später von der konkret verwendeten Lichtsteuerung interpretiert werden kann, ist heute noch eher fraglich. Ich kann aber auch Informationen zum Betrieb einer Leuchte, einer wahrscheinlichen Abnutzung oder über Austauschzyklen an das Facility­management weiterleiten und so den Betrieb und die Nutzung unterstützen.

Was hindert den Bauherren daran, die konkrete Hard- und Software für die Lichtsteuerung bereits in Phase 0 festzulegen und damit den Lichtplaner in die Lage zu versetzen, seine Szenen für ein bestimmtes System auslesbar zu machen?

Das wäre eine Möglichkeit, so lange es natürlich keine Ausschreibung braucht. Sonst müsste erst ein Steuerungssystem wie KNX zur Norm werden, das ist es aber leider nicht. Grundsätzlich hat die Digitalisierung aber die Kraft, das statische System Gebäude zu dynamisieren, nicht nur, was die Lichtsteuerung angeht. Das kann auch die Lüftung betreffen oder wie sich Tische an ihre jeweiligen Nutzer anpassen. Das ist das große Versprechen der Digitalisierung. Und auch in der Lichtplanung wird sich da in den kommenden Jahren noch einiges tun!

Interview: Jan Ahrenberg/DBZ

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