Kann Modulbau schön sein?

Modulbau – nicht nur der Name ist hier Programm, auch das Titelbild unseres Sonderteils gibt Aufschluss über das, was Sie auf den kommenden Seiten erwartet. Tatsächlich handelt es sich bei dem gezeigten Gebäude nicht etwa um einen besonders beispielhaften Modulbau, sondern um einen Gebäudeentwurf, den ich im Rahmen meines Architekturstudiums am Institut für Gestaltung und Entwerfen an der Technischen Universität Wien vor rund acht Jahren entwickelt habe. Hierbei entwarf ich ein Wohngebäude in Stahlskelettbauweise inklusive eines seriellen Fassadensystems. Ein damals eher ungewöhnlicher Ansatz – denn seinerzeit galt das Credo, dass ein Modulbau nur dann gelungen ist, wenn man ihn als solchen nicht erkennt. Ich erinnere mich noch gut an die Kritiken der Professoren am Tag der Abgabe. Der Entwurf sei gut durchdacht, aber die Fassade irgendwie monoton und uninspiriert – so das wenig erbauliche Urteil. Es folgte eine lange Diskussion über die gestalterischen Grenzen serieller Bauweisen. Damals stellte sich die Frage: Kann Modulbau wirklich schön sein?

Heute wissen wir: Ja, er kann! Denn der Blick in die Branche beweist, dass gerade durch serielle Fertigungsweisen qualitativ hochwertige Architekturen entstehen können. Diese Erfahrung machten auch die Studierenden der Alanus Hochschule Alfter und der Universität Siegen, die nach einer Werksbesichtigung und einem gemeinsamen Workshop bei Kleusberg die Kreativpotenziale des Modulbaus neu ausloteten (S. 84). Einen Schritt weiter gingen der Architekt Markus Hammes und der Modulbauexperte Markus Arnold, die in interdisziplinärer Zusammenarbeit einen hochkomplexen Forschungsbau entwickelten, der nicht nur funktionell, sondern auch visuell auf ganzer Linie überzeugt (S.88).

Natürlich darf auch das Thema Kreislaufwirtschaft nicht zu kurz kommen: Im Dialog mit Arne Senftleben, Nachhaltigkeitsbeauftragter bei Kleusberg, zeigt sich, wie es gelingt, dass Nachhaltigkeit gelebte Praxis wird und keine bloße Floskel bleibt (S. 92). Auch in der Materialforschung werden neue Meilensteine erreicht – im Zuge dessen ist unlängst ein modulares Testgebäude mit asiatischen Pflanzenwerkstoffen realisiert und auf seine Tauglichkeit überprüft worden (S. 94). Darüber hinaus hat Bauforscher Andreas Hartmann in einem ausführlichen Forschungsbeitrag die wichtigsten Entwicklungen der Branche für uns zusammengefasst. Seine Darstellungen beweisen, dass der Marktanteil im Modulbau seit den 1950er-Jahren stetig erweitert wurde und auch in Zukunft weiter wachsen wird (S. 102).

Eine angenehme Lektüre wünscht


Yoko Rödel

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