Zusammenarbeit von Architekten und General­unternehmen im digitalen Planungsprozess

BIM planen für Bauunternehmen? Ein junges Architekturbüro hat sich auf die modellbasierte Planung spezialisiert und bietet dies als Dienstleistung auch anderen ArchitektInnen und Planungsbüros an. Inzwischen haben auch GeneralunternehmerInnen die Vorteile der Arbeit am 3D-Modell erkannt und beauftragen die BIM-Leistungen von JSB.

Ein Gebäude schlüsselfertig von einem General­unternehmen (GU) erstellen zu lassen, bedeutet Planungs-, Kosten- und Terminsicherheit. Das sind zumeist die Ziele der Auftraggeber, die auf eine Zusammenarbeit mit einem GU und auf einen GU-Vertrag bauen. Sie möchten ihr Risiko überschaubar halten durch die Beauftragung eines Bauunternehmens, das Roh- und Innenausbau sowie die Freiflächenplanung vertraglich und bestenfalls zum Festpreis anbietet. Professionelle Bauherr-Innen, ArchitektInnen, FachplanerInnen und Bauunternehmen wissen: Das klappt oft, aber nicht immer. Denn Bauen bleibt trotz digitaler Hilfsmittel wie BIM-Software, VR-APPs und Cloud-Lösungen vor allem Teamarbeit. Die Kommunikation der ProjektpartnerInnen muss für die o. g. Ziele vor allem ehrlich und zielgerichtet sein und eine hohe Planungsqualität im Vorfeld soll in hohe Bauqualität im Nachgang überführt werden. Entscheidend für das Gelingen ist es neben einer optimalen Planung, stets den richtigen Ton im Miteinander zu finden, in einem Orchester aus AuftraggeberInnen, PlanerInnen, Genehmigungsbehörden, und Generalunternehmen.

Modellbasierte Planung ins eigene Geschäftsmodell zementiert

Um bei diesem Bild zu bleiben, sind die Architekt-Innen in diesem Orchester nicht automatisch ­virtuose DirigentInen. Sie können es jedoch werden, indem sie als BIM-SpezialistInnen die modellbasierte Gesamtplanung verantworten und koordinieren. Das betont Sirri El Jundi, wenn er über das eigene Büro und seinen Berufsstand spricht. Er ist Partner im Architekturbüro JSB. Vor gut vier Jahren gestartet, haben die drei Gründer ihr Geschäftsmodell ab der ersten Minute auf dem Einsatz von digitalen Planungsmethoden für alle Projekte im Büro zementiert. Die Expertise, die sie sich bisher erarbeiten konnten, gibt ihnen recht. ArchitektInnen aus dem gesamten süddeutschen Raum kommen auf sie zu und suchen Unterstützung für eigene Projekte, die auch nach der Baugenehmigung noch zu einer modellbasierten Planung „geswitcht“ werden sollen.

Virtuelles Modell und gebaute Realität

Die BIM-Kompetenz sprach sich schnell herum. Gleich bei einem der ersten Projekte, einem Ärztehaus in Heilbronn, wurde das realisierende Generalunternehmen auf das junge Büro aufmerksam. Beim GU wurde schnell deutlich, welch großer Nutzen in der 3D-Arbeitsweise für sein Projekt steckte. Neben den bekannten Vorteilen, wie exakte Massen und Mengen in frühen Planungsphasen, essenziell für jedes ausführendes Bauunternehmen, war es die hohe Deckungsgleichheit von Modellierung und entstandenem Gebäude, die den Projektleiter damals beeindruckte. Sirri El Jundi: „Er ist nach Abschluss durch das Haus gelaufen und meinte zu mir, dass er zum ersten Mal durch ein Projekt geht und das Gefühl hat, es bereits zu kennen. Und das stimmt durchaus. Wir können uns mit unserer Planungssoftware Archicad in Echtzeit durch das Modell bewegen. Das ist kein Helikopterblick auf simple Drahtmodelle. Die Perspektiven, die wir hier einnehmen, durchschreiten wir später auch real.“


Qualität schaffen, die allen nützt

Die modellbasierte Planung entsteht bei JSB auf Basis von konventionellen 2D-CAD-Plänen. Zum Architekturmodell, das die ArchitektInnen erarbeiten, kommt die Koordinierung der Fachmodelle und das Zusammenführen der Planungen im Gebäudemodell. Das schafft neue Qualitäten und Sicherheiten für die Generalunternehmen als Auftraggeber und JSB als Auftragnehmer. Das Büro wird vom GU auf Basis eines Werkvertrags mit den zu liefernden BIM-Leistungen beauftragt. Hierin sind sowohl Modellierungsgrad, Geometrieumfang, Bauteileigenschaften und Klassifizierungen (für die Massen und Mengenermittlung wichtig) sowie die Lieferung von Leitdetails als Modelldaten beschrieben. In dieser Konstellation und mit diesem Leistungsumfang agiert das Stuttgarter ­Architekturbüro bei vielen Projekten.

Nicht jedes BIM-Modell ist jedoch geeignet, um einem Bauunternehmen die notwendigen Informationen für seine Kosten- und Aufwandsplanung zu liefern. Aktuell ist nicht zu unterschätzen, dass viele ArchitektInnen und FachplanerInnen Anfänger in der digitalen Planung sind. Und die Standards, mit denen sie digital planen sollen, sind keineswegs fixiert. Die BIM-Planungsmethode ist noch immer zu jung, als dass bereits Normen und Regelwerke Detaillierungsgrade, einheitliche Modellierungsrichtlinien oder verbindliche Austauschformate definieren. Das ist alles in Arbeit, aber bisher nicht verfügbar. Hinzu kommt die Individualität der Projekte, die auch mit BIM keineswegs weniger divers werden. Sirri El Jundi: „Wenn mich jemand fragt, ob ich die Projekte mit LOD 300 oder 400 plane, muss ich innerlich schmunzeln. Für uns ist das nicht der zentrale Maßstab, der Information und Qualität im Projekt bestimmt. Wir orientieren uns vielmehr direkt an den Anforderungen unserer Auftraggeber, des Gebäudes und der Leistungsphase und erarbeiten indivi­duell, was exakt notwendig ist und in welchem Detaillierungsgrad, was genau im Modell zu erstellen ist. Das optimiert unsere Aufwände und schafft Sicherheit auch für die Bauphase.“

Liefern, was muss: die Optimierung der eigenen Aufwände

Die Arbeitsaufwände und deren Vergütung im Rahmen eines Werkvertrags sind eindeutig definiert. Was keineswegs heißt, dass für die Dienstleistungen von JSB mehr gezahlt wird, als für eine konventionelle Planungsleistung in Anlehnung an die HOAI. Das JSB-Geschäftsmodell ist zwar anders als das vieler KollegenInnen, aber als Architekturbüro bewegen sie sich nicht im „luftleeren Raum“. Um konkurrenzfähig zu sein, geht es vielmehr um die Optimierung der eigenen Leistungen und damit verbundener Aufwände. Sirri El Jundi: „Auch bei der Bestimmung des Umfangs unserer Planungsleistungen sind wir in engem Austausch mit unseren Auftraggebern. So kann es sein, dass Planleistungen entfallen, die für ein General­unternehmen nicht wesentlich sind.“

Alle Gebäudemodelle werden vergleichbar zum Maßstab 1 : 50 ausdetailliert. Hinzu kommt die Klassifizierung und Strukturierung jedes einzelnen Bauteils im Projekt – Grundlage für eine exakte Massen- und Mengenermittlung. Stimmen diese Informationen, kann ein Generalunternehmen äußerst schnell und präzise die Kosten ermitteln. Darüber hinaus liefern JSB Regeldetails und knifflige Detailpunkte als Modelldaten (z. B. komplexe Verschneidungen von Bauelementen). Diese nutzt das Bauunternehmen, um sie in der Ausschreibung zur Präsizierung der Angebote an die Bieter weiterzugeben.

JSB erarbeiten das, was notwendig ist – ohne sich zu verzetteln. Das ist wichtig, um wirtschaftlich zu bleiben bei einem stetig wachsenden Team von nun 40 Mitarbeitern. Durchdachte interne Abläufe sind ein weiterer Faktor. Sirri El Jundi: „Wir haben lange an unserem Modellierungs-Standard in Archicad gearbeitet. Dazu war es nötig, wesentliche Parameter zu definieren, bei denen der Fokus nicht mehr auf dem IFC-Austauschmodell liegt. Wir fokussieren uns auf die Ausführungs- und die Detailplanung im Rahmen der WP1 und WP2. Viel Zeit und Know-how sind hier in Standards, Richtlinien und interne Prozesse geflossen. Doch das zahlt sich für uns und unsere Auftraggeber aus: Unsere Modelle sind tip top!“

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