Treibende Kraft
Estrichschaden durch
Sulfattreiben

Zusammenfassung

In einer Gewerbeküche wölbt sich der Estrich deutlich auf. Bei mehreren untersuchten Stellen ist weder eine Abdichtung aus Bitumenbahnen, noch eine Abdichtung im Verbund mit dem Fliesenbelag vorhanden. Im Rahmen einer Laboruntersuchung wurde ein für einen Zementestrich deutlich erhöhter Gipsgehalt ermittelt.

Die Wölbung des Estrichs ist auf eine Volumenvergrößerung infolge Sulfattreiben zurückzuführen. Gips (Calciumsulfat) wird dem Zement zur Steuerung der Erstarrung zugegeben. Bei zu hohem Sulfatanteil kann auch eine spätere Feuchtebeaufschlagung zum Sulfattreiben führen, was mit einer Volumenvergrößerung verbunden ist. Die Wölbung ist somit durch den zu hohen Gipsgehalt des Estrichs in Verbindung mit der fehlenden Abdichtung verursacht.

Zur Instandsetzung muss eine vollständige Erneuerung der Fußbodenkonstruktion vorgenommen werden. Neben der Verwendung eines geeigneten Zementestrichs ist in diesem Zusammenhang die Planung und Ausführung einer Abdichtung für die vorliegende hohe Wasserbeanspruchung erforderlich.

 

Sachverhalt

Ein Bestandsgebäude wurde modernisiert und hinsichtlich einer Nutzung als Gaststätte umgebaut. In diesem Zusammenhang wurden unter anderem die Fußbodenaufbauten vollständig erneuert.

Nach einer Nutzungszeit von etwa drei Jahren wurden Schäden im Bereich der gefliesten Böden gerügt. Es handelt sich hierbei insbesondere um Rissbildungen und Verwölbungen des Estrichs. Im Sockelbereich der an die Küche angrenzenden Wände wurden darüber hinaus Risse in Wandfliesen festgestellt.

Dieser Beitrag konzentriert sich in Ergänzung bereits vorliegender Veröffentlichungen auf die in der Küche vorhandenen Schadensbilder.

Feststellungen

Die Küche befindet sich im Erdgeschoss des nicht unterkellerten Bestandsgebäudes. Sie weist einen T-förmigen Grundriss auf. Der Boden wölbt sich nahezu im gesamten Raum in unterschiedlichem Maße, wobei der Grat jeweils etwa mittig zwischen den Wänden der Längsseiten verläuft; das heißt, die Wölbung erfolgt jeweils über die kürzere Raumrichtung. Etwa auf einer Linie liegend befinden sich drei Bodenabläufe.

Bild 1 gibt einen Überblick über einen Bereich des gefliesten Bodens der Küche. Dort sind die Fliesen um den Bodenablauf überwiegend abgeplatzt bzw. entfernt. Der Ablauf befindet sich aufgrund der Wölbung des Estrichs an einem Hochpunkt. Mittels einer zwei Meter langen Wasserwaage wurde an verschiedenen Stellen überprüft, in welchem Maße der Boden sich wölbt. Dabei ergab sich ein maximales Stichmaß von 7 cm auf einer Länge von 2 m. Bild 2 verdeutlicht die vorgefundene Situation.

Bei mehreren Stellen wurde die Fußboden­konstruktion zerstörend geprüft. Dabei wurde bei einer Untersuchungsstelle unterhalb des Fliesenbelags eine Schicht vorgefunden, bei der es sich voraussichtlich um ein Kunstharz mit einem Quarzsandzuschlag handelt. Auf Bild 3 ist ein Bruchstück des Klebemörtels dargestellt, an dessen Unterseite sich diese Schicht befindet. Die Dicke des Estrichs beträgt bei der Untersuchungsstelle 62 mm; er liegt hohl oberhalb der darunter befindlichen Polystyrol-Dämmung (Bild 4). Die Unterseite des Estrichs ist dort feucht.

Bei einer weiteren Untersuchungsstelle ist unter dem Fliesenbelag Wasser in tropfbar flüssiger Form vorhanden (Bild 5). Der nach dem Entfernen der Fliesen freigesetzte Geruch lässt darauf schließen, dass sich dort bereits über einen längeren Zeitraum Wasser und organische Stoffe (Fette, Öle) befunden hatten.

Die bei der ersten Untersuchungsstelle vorgefundene Kunstharzschicht ist hier nicht vorhanden. Der Estrich ist bei dieser Stelle zweischichtig aufgebaut. Die obere Schicht mit einer Dicke von etwa 2 cm unterscheidet sich durch eine dunklere Färbung von dem darunter liegenden Estrich mit einer Dicke von ca. 5 cm. Bild 6 zeigt die beschriebene Situation.

Bei den weiteren untersuchten Stellen wurde weder eine Abdichtung aus Bitumenbahnen, noch eine Abdichtung im Verbund mit den Fliesen festgestellt. Dies betrifft auch die Bereiche der Bodenabläufe, die folglich nicht an eine Abdichtung angeschlossen sind.

Bei mehreren Stellen wurde die Dicke der vorhandenen Fußbodenkonstruktion gemessen. Dabei wurde festgestellt, dass der Rohfußboden aus Beton (Bestand) nicht eben ist. Mittels eines Lasers ergab sich, dass für den schwimmenden Estrich eine Konstruktionshöhe zwischen 11 cm und 17 cm zur Verfügung steht.

Im Sockelbereich einer Wand wurde unmittelbar oberhalb des Bodens ein Riss in den Wandfliesen festgestellt. Die Rissufer sind dort geringfügig gegeneinander versetzt. Bild 7 dokumentiert die Situation. Nach dem Entfernen der Wandfliesen war ersichtlich, dass sich der Riss nicht in der Wand fortsetzt (Bild 8). Zwischen dem Estrich und der Wand ist bei dieser Stelle prinzipiell ein Randdämmstreifen vorhanden. Dennoch besteht Kontakt zwischen den Bodenfliesen und den Wandfliesen.

Im Rahmen des Ortstermins wurden Proben des Estrichs und des Klebemörtels entnommen, die anschließend im Labor hinsichtlich des Feuchtegehalts untersucht wurden.

Die Bestimmung des Feuchtegehalts erfolgte anhand der Massendifferenz der feuchten (unveränderten) Probe und der bis zur Massenkonstanz getrockneten Probe. Der Wassergehalt wird dann bezogen auf die ­Trockenmasse angegeben. Es ergaben sich bei den hier beschriebenen Untersuchungsstellen Feuchtegehalte des Estrichs von 8,9 Masse-% und 9,6 Masse-%.

Seitens eines Baustofflabors waren bereits im Vorfeld der Begutachtung Bohrkerne aus der Fußbodenkonstruktion entnommen und analysiert worden. Dabei wurde festgestellt, dass die Proben mit etwa 17 Masse-% einen theoretischen Gipsgehalt enthielten, der deutlich über der Konzentration liegt, die sich aus dem anteiligen Gipsgehalt in einem Zementestrich ergibt.

Bewertung

Die deutliche Wölbung des Estrichs ist auf eine Volumenvergrößerung infolge Sulfattreiben zurückzuführen. Letztlich ursächlich ist dafür im vorliegenden Fall der hohe Gipsgehalt des Estrichs in Verbindung mit einem ausreichenden Feuchteangebot.

Bei der Hydratation des Zements entstehen durch die Wasserzugabe Calciumsilicat­hydrate, die das Zementgel (CSH-Gel) bilden. Von den einzelnen Klinkermineralien des Zements reagiert insbesondere das Tricalcium­aluminat (C3A) sehr schnell mit Wasser zu Calciumaluminathydraten. Um ein zu schnelles Erstarren zu verhindern, werden dem Zement daher in der Regel etwa 1 Masse-% bis 3 Masse-% Gips (Calciumsulfat) zugegeben. Dadurch reagiert das Tricalciumaluminat zunächst zu Ettringit, das später in sulfatärmere Verbindun­gen übergeht.

Ist der Sulfatanteil des Estrichs – wie im vorliegenden Fall aufgrund des festgestellten Gipsgehaltes – zu hoch, kann es auch bei späterer Feuchtebeaufschlagung zur Bildung von Ettringit kommen. Damit geht eine Volumenvergrößerung einher und es entsteht ein erheblicher Kristallisationsdruck [1]. Dieser Vorgang wird daher als Sulfattreiben oder Ettringittreiben bezeichnet. Aufgrund der zerstörend wirkenden Kristalle wird das Ettringit vielfach auch „Zementbazillus“ genannt.

Die untersuchte Fußbodenkonstruktion der gewerblich genutzten Küche weist keine bzw. keine durchgängige Abdichtung auf. Dies erklärt die im Labor ermittelten hohen Feuchtegehalte des Estrichs von 8,9 Masse-% und 9,6 Masse-%. Diese Werte liegen deutlich oberhalb der Ausgleichsfeuchte eines Zementestrichs, die je nach klimatischer Lagerungsbedingung zwischen 1,5 Masse-% und 2,5 Masse-% beträgt.

Letztlich liegen hinsichtlich der vorhandenen Fußbodenkonstruktion somit zwei Mängel vor, die zu dem beschriebenen Schadensbild geführt haben: Einerseits wurde ein ungeeigneter Zementestrich mit einem deutlich zu hohen Sulfatanteil (Gipsanteil) eingebaut. Andererseits bewirkte die fehlende Abdichtung in der Gewerbeküche eine hohe Feuchtebeaufschlagung des Estrichs. In der Konsequenz führte das dadurch entstehende Sulfattreiben zu den Verwölbungen des Estrichs. Die Ursache für den deutlich erhöhten Gipsanteil im Estrich ließ sich im Nachhinein nicht mehr klären.

Die Risse in den Wandfliesen sind ebenfalls auf das Sulfattreiben des Estrichs zurückzuführen. Trotz des Randdämmstreifens besteht ein kraftschlüssiger Kontakt zwischen den Bodenfliesen und den Wandfliesen. Die Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass sich der Riss nicht in der Wand fortsetzt. Im Rahmen der Instandsetzung sind daher keine Maßnahmen hinsichtlich der Standsicherheit der Wand erforderlich.

 

Instandsetzung

Zur Instandsetzung des Schadens ist eine voll­ständige Erneuerung der Fußbodenkonstruktion erforderlich. Dazu muss der bestehende Fußbodenaufbau zunächst bis zum Rohfußboden entfernt werden. Es besteht Unklarheit, inwieweit sich unterhalb des Bestands-Rohfußbodens eine kapillarbrechende Schicht bzw. eine Abdichtung befindet. Daher ist es erforderlich, den Rohfußboden nachträglich mit einer geeigneten Abdichtung zu versehen. Dies kann beispielsweise gemäß [2] mit einem zementgebundenen Dichtungssystem erfolgen.

Die vorgenommene Messung hat ergeben, dass der Rohfußboden nicht eben ist. Insofern muss zur Herstellung eines Gefälles zu den Bodenabläufen ein entsprechender Gefälleestrich erstellt werden. Dabei ist die Konstruktionshöhe angrenzender Fußbodenaufbauten zu beachten, wodurch die maximale Höhe des Gefälleestrichs und damit das zu erzielende Gefälle begrenzt sind. Aufgrund der vorstehenden Randbedingungen ist es im vorliegenden Fall erforderlich, zur Festlegung des Gefälles die Höhe des Rohfußbodens in einem ausreichend dichten Raster auszumessen.

Die Abdichtung hinsichtlich der Beanspruchung aus der Gewerbeküche kann gemäß DIN 18195-5 [3] oder alternativ entsprechend dem Merkblatt „Verbundabdichtungen“ [4] des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe geplant und ausgeführt werden. Im vorliegen­den Fall bietet sich aufgrund der geringen zur Verfügung stehenden Konstruktionshöhe Letzteres an, wobei der Bauherr auf die damit verbundene Abweichung von den Regelungen der DIN 18195-5 hingewiesen werden bzw. seine Zustimmung geben muss [5].

Es sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass die Planung und Ausführung von Verbundabdichtungen gemäß [4] wohl in weitem Rahmen als allgemein anerkannte Regel der Technik angesehen werden kann.

Die Ausführung einer Verbundabdichtung setzt bei der hier vorliegenden hohen Beanspruchung einen feuchtigkeitsunempfindlichen Untergrund voraus. Hierzu zählen auch Zement­estriche. Im vorliegenden Fall kann ein Zementestrich als schwimmender Estrich mit einer Dicke von 6,5 cm eingebaut werden. Dazu ist gemäß DIN EN 13813 [6] bzw. DIN 18560-2 [7] ein Zementestrich der Klasse F5 (Biegezugfestigkeitsklasse) erforderlich.

Vor dem Aufbringen der Verbundabdichtung muss der Estrich trocken und mindestens 28 Tage alt sein [4]. Der Feuchtigkeitsgehalt darf dann nicht mehr als 2 CM-% betragen. Aufgrund der Verwendung im hoch beanspruchten Bereich ist für die Verbundabdichtung (System aus Abdichtungsstoff und Dünnbettmörtel) zwingend ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) als Verwendbarkeitsnachweis erforderlich.

Die Verbundabdichtung ist an die Bodenabläufe und die Wände entsprechend der Vorgaben im ZDB-Merkblatt [4] anzuschließen. Dies setzt hinsichtlich der Bodenabläufe (Flanschausbildung) die Verwendung hierfür geeigneter Produkte voraus; im Bereich der Estrichrandfugen z. B. Vlies oder Gewebe. Es ist zu beachten, dass die Bodenfliesen im Bereich der Randfuge einen ausreichenden Abstand zu den Wandfliesen aufweisen müssen. Die dortige Silikonfuge vermeidet einen Schmutzeintrag und erleichtert die Reinigung; sie hat jedoch keine abdichtende Funktion! Die Funktion der Abdichtung wird dort allein durch die Verbundabdichtung mit Vlies- oder Gewebeeinlage erbracht. Hinsichtlich der verwendeten Produkte und der Auswahl der ausführenden Firma ist zu beachten, dass die Wasserbeanspruchung in einer Gewerbeküche zu den höchsten Beanspruchungen durch nicht drückendes Wasser zählt. Dies bedeutet: Beaufschlagung mit Fetten und Ölen, Einsatz stark alkalischer Reinigungsmittelund die Anwendung von Hochdruckreinigern.

Literatur
[1] Scholz, W., Hiese, W.: „Baustoffkenntnis“, 15. Auflage, Werner Verlag, 2003
[2] Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V.: WTA-Merkblatt 4-6-05/D „Nachträgliches Abdichten erdberührter Bauteile“, Ausgabe 2005
[3] DIN 18195, Teil 5: „Bauwerksabdichtungen – Abdichtungen gegen nichtdrückendes Wasser auf Deckenflächen und in Nassräumen, Bemessung und Ausführung“, Ausgabe 08/2000
[4] Zentralverband Deutsches Baugewerbe: Merkblatt „Verbundabdichtungen – Hinweise für die Ausführung von flüssig zu verarbeitenden Verbundabdichtungen mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten für den Innen- und Außenbereich“, Ausgabe 01/2010
[5] Bonk, M. (Hrsg.): „Lufsky Bauwerksabdichtung“, 7. Auflage, Verlag Vieweg + Teubner, 2010
[6] DIN EN 13813: „Estrichmörtel und Estrichmassen – Eigenschaften und Anforderungen“, Ausgabe 01/2003
[7] DIN 18560, Teil 2: „Estriche im Bauwesen – Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche)“, Ausgabe 09/2009
[8] DIN 4030, Teil 1: „Beurteilung betonangreifender Wässer, Böden und Gase – Grundlagen und Grenzwerte“, Ausgabe 06/2008
x

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