Zeitschichten weiterbauen

Stylepark, Frankfurt a. M.

Der Neubau zwischen Friedhofsmauer und vorhandener Bebauung sollte das Raumkonzept von Stylepark erfüllen und alle Redaktionsräume auf einer Ebene unterbringen. Zudem wünschte sich der Bauherr noch 2 Wohneinheiten in den Oberschossen. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz und der Lösung einer schwierigen Gründung entstand ein stimmiges Gebäude mit einem intimen Innenhof.

Bauen im Bestand funktioniert nie ohne Herausforderungen Herausforderungen, und beim Projekt Stylepark Frankfurt a. a. M. M. hatten Architekt Nicole Kerstin Berganski und Andreas Krawczyk und sein ihr Team vom Architekturbüros Architekturbüro
NKBAK gleich mehrere Hürden zu überwingen. überwinden. Zwischen 50er- der 1950er- und 80er-Jahre 1980er-Jahre-Bebauung Bebauung steht ein fünfgeschossiges fünfgeschossiges, verputztes Bestandsgebäude aus dem ersten Jahrzehnt des
20. Jahrhunderts, dessen Hinterhof an eine denkmalgeschützte Friedhofsmauer der nahegelegenen Peterskirche in Frankfurts
Innenstadt grenzt. Den Anfang nahm die Planung im Sommer 2014, als der Gründer und Vorstand der Onlineplattform für Architektur und Design Stylepark Stylepark, Robert Volhard Volhard, um die Planung einer Erweiterung des Vorderhauses und um eine Hinterhofbebauung bat. Bislang befand sich die Bürofläche von Stylepark auf drei verschiedenen, teils voneinander abgetrennten Geschossen, was angesichts des hohen Kommunikationsbedarfs einer Redaktion nicht zweckmäßig war, da heute offene Strukturen in Neubauten heute ein zeitgemäßes Arbeiten besser unterstützen.

Stattdessen sollte die Bürofläche komplett im Erdgeschoss liegen und offene, aber auch intime Arbeits- und Gesprächssituationen anbieten. Außerdem wurde die Integration von zwei Wohneinheiten gewünscht.

 

Die Rückseite wird zur Schauseite

Andreas Krawczyk fand eine Baulücke auf der östlichen Rückseite des Grundstücks, mit Gefälle zur dahinterliegenden Kirche und erschwerten statischen Bedingungen für die Gründung des Anbaus. „Wir versuchen immer bestimmte Themen oder Fragen nicht zu problematisieren, sondern Architektur daraus zu machen.“ erläutert er seine Haltung. Der anfänglich vorgeschlagene Bau mit Aluminiumverkleidung und auskragenden Bauteilen über die Friedhofsmauer hinaus rief beim Amt für Denkmalpflege umfangreiche Diskussionen hervor. „Das war nicht zermürbend, sondern es waren fruchtende Reibungspunkte in Form eines affirmativen Prozesses, weil es kein Gegeneinander sondern ein Miteinander war,“ fasst Krawczyk die Zusammenarbeit mit der unteren und oberen Denkmalschutzbehörde zusammen. Schließlich entschied man sich für einen rückseitig bündig abschließenden Bau mit kubischer Formensprache, unterschiedlich tiefen Fensterlaibungen und räumlich passend integrierten Hof- und Terrassenflächen mit Mauerwerksfassade. „Uns geht es immer um Raum. Die Proportionen und Lichteinfälle müssen stimmen und ob das am Ende einer klaren Typologie entspricht ist, uns ziemlich egal. Wir gestalten keine einzelnen Zimmer, sondern Räume.“ Die Staffelung des Baus zum Süden hin leitet sich einerseits aus der geforderten Abstandsfläche, aber auch des damit optimal genutzten Tageslichts ab.

 

Fließende Räume

Die Grenze zwischen Alt- und Neubau ist im Grundriss des Erdgeschosses klar am Höhenversprung zwischen Eingangsbereich und offener Teeküche mit hoher Decke ablesbar. Die Arbeitsbereiche befinden sich in Zonen mit niedrigeren Sichtbetondecken und haben alle Blickbezüge entweder zum zentral gelegenen Innenhof mit Sitztreppe oder aber zum japanisch anmutenden Steingarten an der südlichen Grundstücksgrenze. Dank fließender Räume und großzügigen Verglasungen ergeben sich Ein- und Querblicke vom hinteren zum vorderen Büroteil über den intensiv genutzten genutzten, offenen Hof hinweg. Eine Angestellte stellt fest, dass trotz Verkleinerung der Hoffläche durch den Anbau die Nutzung nun deutlich intensiver sei. Es haben sich hier außerdem Nischen ergeben, die für ein intimes Raumgefühl sorgen.

Die beiden Wohneinheiten über der im Hinterhof gelegenen Büroflächen erschließt man über das Eingangstreppenhaus und eine anschließende, frei bewitterte Terrassenfläche mit Blick Richtung Peterskirche. Auch hier machte sich NKBAK unterschiedliche Raumhöhen und fließende Raumübergänge zunutze. Die Wohnungsgrößen liegen bei 45m² bzw. 60m² und zonieren Wohn- und Schlafzimmerbereich dank eines Treppenversatzes bei maximaler Ausnutzung des Tageslichts.

 

Konstruktive Herausforderungen

Die Baulogistik wurde durch eine praktisch nicht vorhandene Aufstellfläche für Materialien und Fahrzeuge erschwert. Sie Der Bautransport wurde letztlich dank der Aufstellung eines Krans auf der Rasenfläche neben dem Friedhof für Baustofftransport über die Rückseite des Gebäudes ermöglicht. Bei einem Fundament, das erst in drei 3 m Metern Tiefe auf tragfähigen Boden stößt, schien eine Pfahlgründung naheliegend, die jedoch auf Grund von Erschütterungen während der Gründungsarbeiten für die Nachbarbauten nicht zulässig war. Die Alternative war eine sogenannte Brunnengründung, bei der Schachtringe im Durchmesser von 1300mm 1 300 mm bei einer fortlaufenden Grabung aufeinandergesetzt und letztlich dann mit Beton aufgefüllt werden. wurden. Da die Erschließung von der Wohnungseingangstür zum Treppenhaus über die Terrasse als erster Fluchtweg gilt, mussten sämtliche Fenster in diesem Bereich zum Büro hin festverglast und mit F90 F90-Qualität Qualität versehen werden. Der Versprung Terrassenversprung der Terrasse der Wohneinheit im ersten Obergeschoss ist ebenfalls einem brandschutztechnischen Grund geschuldet. geschuldet: Hier kann von der Rasenfläche auf der Rückseite des Gebäudes für einen zweiten Rettungsweg angeleitert werden.

 

Zeitschichten

Auch die Verwendung drei unterschiedlicher Ziegelformate hat einen besonderen Grund. Die denkmalgeschützte Friedhofsmauer aus dem 16. Jahrhundert wurde in den 1950er 1950er-Jahren Jahren aufgemauert. Um diese unregelmäßige Struktur aufgreifen zu können, entschied sich das Büro für die Mischung von drei verschiedenen Ziegelformaten (Hamburger Format 220 220 x 105 x 55 mm, x 105 x 55 cm, Flensburger Format 228 228 x 108 x 40 mm x 108 x 40cm und Normalformat 240 240 x 115 x 71 mm) x 115 x 71cm) für eine flexible Anpassung an Unebenheiten, aber auch um die unterschiedlichen Zeitschichten des Bestands gestalterisch wieder widerzuspiegeln. zu spiegeln. Im gesamten Gebäude gibt es keine Dehnungsfuge, da die ­maximalen Wandlängen innerhalb der Toleranz der neu aufgestellten Mauerwerks-DIN liegen. An keiner Stelle ist ein gebrochenes Steinformat zu finden und sämtliche Holzverkleidungs- und Mauerwerksfugen gehen in Öffnungen der Wand auf. „Man darf den Kontakt zu denjenigen, die den Bau letztlich ausführen ausführen, nicht verlieren. Die Handwerker müssen sich mitgenommen fühlen. Wir haben das komplette Mauerwerk mit den einzelnen Schichten und Fugen aufgezeichnet und nach drei Tagen Unsicherheit auf der Baustelle hatten die Maurer Freude an der Arbeit,“ erklärt Krawczyk die enge Zusammenarbeit in der Bauphase, die im Mai 2019 beendet wurde.

 

Ehrliche Materialien

Sowohl das Maurer- und Rohbauunternehmen Bratengeier aus Neu-Isenburg als auch der Parkettverleger Frövis aus dem Vorarlberg erleichterten den Innenausbau und die Kommunikation in Gestaltungsfragen sehr. Die Böden innen bestehen aus Eicheparkett, der sägerau, komplett verklebt und geölt eingebaut wurde. Für die Innenarchitektur war das Büro e15 Design und Distributions aus Frankfurt am Main zuständig. Keine einzige Fuge an den Fenstern, Türen oder an den Attikastößen besteht aus Silikon. Stattdessen hat man sich für Gummi bzw. für Zementmörtel entschieden. Die Attikaabschlüsse sind nicht wie sonst üblich aus Blech, sondern aus unterseitig bituminös abgedichteten Fertigteilen aus Beton. Auf außenliegende Fensterbänke aus Blech hat man ebenfalls verzichtet. Die Umsetzung dieser Detailtiefe war ohne die enge Zusammenarbeit mit den Firmen, aber auch ohne die architekturaffinen Nutzer einer Architekturplattform, nicht denkbar, gibt Krawczyk zu.⇥Nathalie Brum, Köln

Baudaten

Objekt: Stylepark Neubau am Peterskirchhof

Standort: Brönnerstraße 22, Frankfurt am Main

Bauherr und Nutzer: Stylepark AG

Architekt/Innenarchitekt: NKBAK Nicole Kerstin Berganski Andreas Krawczyk, Frankfurt a. M.,

www.nkbak.de

Mitarbeiter (Team): Nicole Berganski, Andreas Krawczyk, Simon Bielmeier, Shanjun Yu

Bauleitung: SWAP Architekten, Stefan Wagner, Darmstadt, www.swaparchitekten.net

Bauzeit: Dezember 2017 – Mai 2019

 

Fachplaner

Tragwerks- und Brandschutzplaner: Wagner Zeitter Bauingenieure GmbH, Wiesbaden, www.ib-waze.de

HLS: Ralf Appel GmbH, Frankfurt

ELT: Kreiter Beratende Ingenieure Engineering & Projectmanagement, Maintal, www.ingkh.de

 

Projektdaten

Grundstücksgröße: 331 m²

Grundflächenzahl: 0,84 (inkl. Bestandsvorderhaus)

Geschossflächenzahl: 2,50

(inkl. Bestandsvorderhaus)

Nutzfläche: 259 m² (nur Anbau)

Brutto-Grundfläche: 340 m² (nur Anbau)

Brutto-Rauminhalt: 1035 m³ (nur Anbau)

 

Energiekonzept

Dach: Stahlbeton 24cm; Bitumenbahn; Wärmedämmung Ø 17cm; Dachabdichtung; Kies o. Holzterrasse

Außenwand: Innenputz; Poroton 17,5cm; Wärmedämmung 12cm; Luftspalt 2cm; Fassadenziegel Ø 11cm

Fenster: Holz-Aluminium-Fenster, Dreifachverglasung

Boden: Stahlbetonbodenplatte 50cm auf Brunnenfundamenten; Bitumenbahn; Wärmedämmung Ø 10cm; PE-Folie; Heizzementestrich 6,5cm; 1,5cm Eichenparkett

 

Gebäudehülle

U-Wert Außenwand = ≤0,24 W/(m²K)

U-Wert Bodenplatte = ≤0,30 W/(m²K)

U-Wert Dach = ≤0,20 W/(m²K)

Uw-Wert Fenster = ≤1,30 W/(m²K)

Ug-Wert Verglasung = 0,5-0,6 W/(m²K)

 

Hersteller

Fenster: Fensterbau Pauli GmbH & Co. KG,

www.fensterbau-pauli.de

Fassade: Petersen Tegl A/S, www.petersen-tegl.dk

Holzdielen/Parkett: Fröwis Fußbodenprofi GesmbH, www.fussbodenprofi.at

Trockenbau: Knauf Gips KG, www.knauf.de

Beleuchtung: Nimbus Group GmbH,

www.nimbus-lighting.com; Bocci, www.bocci.ca

Außenbeleuchtung: Sammode, www.sammode.com

Der Kontext war entwurfsbestimmend. Genau betrachtet handelt es sich um eine Hinterhofsituation. Doch durch das Weiterbauen der denkmalgeschützten Friedhofsmauer wird die Rückseite zur Schauseite. Ziegelsteine werden auf vorhandene Ziegelsteine gemauert. Passt. Alle zufrieden.«⇥DBZ Heftpaten NKBAK

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 12/2018 Hölzerne Raumzellen

Integrierte Gesamtschule IGS, Frankfurt-Riedberg

Mit dem Umzug der Europäischen Bankenaufsicht nach Frankfurt am?Main Ende 2013, mussten in kurzer Zeit neue Schulen errichtet werden. „Wir sind am Anfang gefragt worden, ob wir nicht eine Schule aus...

mehr
Ausgabe 06/2016

Räume, keine Behälter Temporäre Erweiterung der Europäischen Schule, Frankfurt a. M.

Als das Frankfurter Hochbauamt vor zwei Jahren ein Interessensbekundungsverfahren durchführte, klang der mögliche Auftrag eher lapidar: Auf dem Gelände der Europäischen Schule im nördlichen...

mehr
Ausgabe 12/2019

Liebe Leserinnen und Leser!

Wir bauen. Im Bestand. In einem Land wie Deutschland mit einer wechselvollen Geschichte ist dieser vielfältig und spiegelt die gesellschaftlichen Umstände ebenso wie die gestalterischen und...

mehr
Ausgabe 7/8/2019

DomRömer 10, Frankfurt

Im Herbst 2018 wurde der DomRömer, die rekonstruierte Altstadt in Frankfurt am Main, im Spätmittelalter- bis Spätbarockstil eröffnet. Nach Vorgaben der DomRömer Gestaltungssatzung entstanden...

mehr
Ausgabe 05/2021 Perspektivwechsel beim Wohnen

AXIS, Frankfurt am Main

Das Europaviertel beginnt innerstädtisch mit Hochhäusern, einem Einkaufszentrum und mit einem 60?m breiten Boulevard. Der aber wird gen Westen immer windiger und einsamer, nur nicht schmaler. Kurz...

mehr