Stahlbeton-Sandwichfassaden
Energetische Planung und U-Wert Berechnung

Im Zuge dieses Beitrags werden Planungs­hilfen zur ökonomischen Ermittlung und Dimensionierung hochwertiger Gebäudehüllen aus Stahlbeton-Sandwichelementen vor­-gestellt. Einer der zentralen Aspekte liegt dabei in der Vermittlung eines neuen und detaillierten Berechnungsverfahrens zur „Er­-mittlung des exakten U-Wertes von Stahl­beton-Sandwichelementen“, welches die thermischen Einflüsse der Anker- und Fugen­-systeme sowohl für einzelne Sandwichplatten als auch für eine gesamte Sandwichfassade abbildet. Des Weiteren werden Tabellen für eine ökonomische (zeitsparende) „Vordimensionierung“ gegeben und das Planungs­werkzeug „Planungsatlas für den Hochbau“ zur sicheren und schnellen Beherrschung von Wärmebrückenanschlüssen der Massivbauweise vorgestellt.


Um den aktuellen und zukünftigen Anforderungen an den Wärmeschutz zu genügen und eine Ausgewogenheit zwischen thermischer Effektivität und Wirtschaftlichkeit der wärmedämmtechnischen Maßnahmen zu erzielen, ist in allen Planungsphasen eine möglichst präzise Bestimmung der zu erwartenden rech­nerischen Kenngrößen anzustreben. Dabei steht – neben der Reduzierung der Transmissionswärmeverluste über die „ungestörten“ Bauteilflächen – zunächst eine möglichst weit­gehende Minimierung aller punkt- und linienförmigen Wärmebrückeneinflüsse der Baukonstruktion im Vordergrund; im Anschluss erfolgt dann eine Quantifizierung aller verbleibender Wärmebrückeneffekte.


Minimale raumseitige Oberflächentemperaturen θSi,min

Für die Festlegung des Mindestwärmeschut­zes eines Bauteils ist im Regelfall die Vermeidung einer innenseitigen Schimmelpilzbildung durch Überschreitung einer kritischen Innenoberflächentemperatur entscheidend. Für Schimmelpilzfreiheit im Wohnungsbau gilt beispielsweise θSi,min = 12,6 °C.

Zusätzliche Transmissionswärmeverluste QT

Außerhalb der „ungestörten“ Bauteilbereiche stellen sich zusätzliche Wärmeverluste ein. Vergleichbar dem U-Wert bei Regelbauteilen benutzt man als Maß für diesen zusätzlichen Verlust den Begriff des längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten y, angegeben in W/(m·K).

Alle Maßnahmen zur Optimierung der Dämm­hülle haben somit die Einhaltung des Mindestwärmeschutzes (und damit gleichzeitig die Sicherstellung entsprechender Behaglichkeitskriterien) sowie die Minimierung der Transmissionswärmeverluste zum Ziel. Dabei kann es jedoch nicht das Ziel sein, die Regelflächen der Gebäudehülle durch extrem hohe und meist un­ökonomische Dämmschichtdicken undifferenziert „hochzurüsten“ – was in der Praxis jedoch oftmals in Folge von Zeitdruck und/oder fehlender Sachkenntnis geschieht. Weit zielführender ist hier eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem baukons­truk­tiven Detail. Der Transmissionswärmeverlust setzt sich aus den Wärmeverlusten über die Regelbauteile und den zusätzlichen Wärmeverlusten im Bereich der Wärmebrücken zusammen, wobei beide Anteile innerhalb eines Nachweises nach EnEV wie folgt ­berücksichtigt werden müssen:


Regelbauteile einschließlich systemimmanenter Wärmebrücken

Die Berücksichtigung erfolgt mittels der entsprechenden Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) entsprechend DIN EN ISO 6946; bei Bauteilen, die in der Dämmebene von metallischen Verbindungsmitteln durchdrungen werden, werden die Einflüsse dieser punktuellen Wärmebrücken durch entsprechende Zuschläge ΔU erfasst.

Linienförmige Wärmebrücken

Die Berücksichtigung erfolgt mittels so genannter Wärmebrückenzuschläge ΔUWB. Diese Zuschläge werden entweder sehr einfach mittels pauschaler Ansätze erfasst (was aber im Hinblick auf eine ökonomische Bauplanung jedoch grundsätzlich nicht zielführend ist und deshalb dringend vermieden werden sollte) oder aber auf Grundlage einer genauen ­Berechnung ermittelt.

Berechnungsverfahren zur U-Wert-Ermittlung

Für die Ermittlung des U-Wertes von Stahlbeton-Sandwichelementen trifft man in der Praxis bisher auf eher pauschale Ansätze, welche einerseits hohe Fehlerpotentiale bergen und sich andererseits missverstandener und oft auch unzulässiger Ansätze bedienen. Eine adäquate Lösung für die präzise und somit wirtschaftliche Ermittlung des U-Wertes stellen diese somit grundsätzlich nicht dar. Besonders hervorzuheben ist, dass in allen bisherigen An­sätzen die thermische Wirkung der Plat­ten­ränder (Stoßfugen) vollkommen vernachlässigt wird, was aber – speziell bei ungedämm­ten Fugenkonstruktionen – zu nachhaltigen Fehleinschätzungen führt. Die linien- und punktförmigen Wärmeverluste infolge von Diskontinuitäten in den Stahlbeton-Sandwichelementen lassen sich durch aufwändige rechnergestützte Berechnungen auf der Basis der Methode der Finiten Elemente (FEM) gemäß DIN EN ISO 10211 sehr genau ermitteln. Diese recht umfangreichen Berechnungen sind in der Praxis für einzelne Platten vielleicht noch durchführbar, für ganze Fassaden führt der Aufwand in der Regel jedoch vor dem wirtschaftlichen Hintergrund in unrealistische Größenordnungen. Daher wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem die exakten thermischen Einflüsse der unterschiedlichen Anker- und Fugensysteme für alle auftretenden geometrischen und konstruktiven Randbedingungen ermittelt werden können.


Der Verbund der inneren Trag- und äußeren Wetterschutzschale (oder auch: Vorsatzschale) über die Wärmedämmschicht hinweg wird durch unterschiedliche Ankersysteme sichergestellt, die je nach Ausführung einen ein-, zwei- und dreidimensionalen Lastabtrag ermöglichen. Dabei bestimmt die Vorsatzschale die Optik der Fassade und stellt den Wetterschutz sicher, die Kerndämmung befriedigt die wärmeschutztechnischen und die Tragschale in Verbindung mit den unterschied­lichen Ankern die statischen Anforderungen.

Der U-Wert einer Stahlbeton-Sandwichplatte setzt sich daher prinzipiell aus drei Anteilen zusammen: dem Wärmeverlust über die homogenen Schichten, dem Verlust über den Anker sowie dem Verlust über die Plattenränder. Auf der Grundlage von FE-Berechnungen wurde ein vereinfachtes Handrechenverfahren abgeleitet, welches in der Zeitschrift Bauphysik 5/2010 und in dem Buch Wärmeschutz: Grundlagen – Berechnung – Bewertung näher beschrieben ist.

Zur weiteren Erleichterung der Ermittlung des U-Wertes von Stahlbeton-Sandwichelementen wurde eine Arbeitshilfe auf Basis von MS Excel 2003/2007 erstellt. Für die Eingabe benötigt man lediglich die Gesamtfläche der Fassade, die Gesamtlängen der horizontalen und vertikalen Fugen sowie die Gesamtzahl der Anker für die jeweiligen Ankersysteme. Liegen diese Angaben noch nicht vor, so kann mit Hilfe der im Handbuch enthaltenen Vor­dimensionierungstabellen die notwendige Dicke der Wärmedämmung bei vorgegebenem U-Wert ermittelt werden. Das Berechnungsprogramm sowie die Vordimensionierungstabellen für U-Werte sind frei unter www.fdb-fertigteilbau.de/fdb-fertigteilbau/planungshilfen/ abrufbar.

Vordimensionierung

In der Planungsphase sind aber in der Regel keine Details bekannt; für diesen Fall werden in der Tabelle pauschale Erhöhungsfaktoren für den U-Wert des ungestörten Elementes angegeben, die dann wie folgt zu berücksichtigen sind:

Für die Ermittlung der Werte wurde eine 7 cm dicke Vorsatzschicht, eine 12 cm dicke Tragschicht und ein gedämmtes, 3 cm dickes Fugensystem mit einer Dämmung mit WLG 040 angesetzt. Für abweichende Ausführungen liegen die Werte teils deutlich „auf der siche­ren Seite“. Für ein Gebäude mit einer 510 m² großen Fassadenfläche und einer 16 cm dicken Kerndämmung mit WLG 040 ergibt sich ein Wert von fvordim= 1,06 im Zuge der Vorbemessung. Eine detaillierte Berechnung ergibt einen Wert von 1,03, was somit eine Verringerung um weitere 3 %-Punkte ausmacht.

Beispielrechnung:

Zur Darstellung der Zusammenhänge sei das folgende Beispiel angegeben. Betrachtet wird eine Sandwichplatte mit den folgenden Kenndaten:

– Plattenfläche abzüglich der Fenster: 20 m²

– Gesamtlänge der horizontalen/vertikalen

Plattenstöße: 14/7 m

– Die Fugenbreite beträgt 20 mm und wird mit einer Dämmung WLG 035 ausgeführt

– Dicke der Vorsatz- /Tragschale: 8/20 cm

– Dicke der Kerndämmung: 14 cm

– Wärmeleitfähigkeit der Kerndämmung:

0,030 W/(m∙K)

– Ankerkonfiguration: 1 x TA (als Flachanker) mit h = 160 mm; 2x TA (als Flachanker) mit

h = 320 mm; 33 x HA mit einer Stabdicke

t = 5 mm.

Für dieses Beispiel ergibt sich somit ein U-Wert von 0,21 W/(m²K), was einer Erhöhung des ungestörten U-Wertes um 5 % entspricht.

Detaillierte Ermittlung von Wärmebrücken mit dem „Planungsatlas für den Hochbau“

Als wertvolle Planungshilfe beinhaltet der Planungsatlas für den Hochbau eine beispiellose Zusammenstellung der für das Bauen mit Beton relevanten Wärmebrückenanschlüsse. Der kontinuierlich erweiterte Atlas stellt dem Anwender heute bereits 770 Konstruktionsanschlüsse mit rund 7 500 000 energetischen Variationen für den Wohn- und Nichtwohnungsbau zur Verfügung. Das im Internet online unter www.planungsatlas-hochbau.de oder alternativ auch auf DVD verfügbare Werk deckt eine große energetische Bandbreite aller gängigen Konstruk­tionsarten des Massivbaus ab. Eine intuitiv zu bedienende 3D-Navigation und eine optimierte Such- und Blätterfunktion durch die einzelnen Details ermöglichen dem Nutzer eine schnelle Orientierung. Neben einer klassischen „Baumstruktur“, welche eine Suche anhand der Konstruktionsmerkmale (Konstruktionsart, Untergruppe, Variante…) ermöglicht, erleichtert eine Freitextsuche (Beispiel Fenster oder Balkon) das Auffinden des benötigten Anschlusses. Alle im Planungsatlas berücksichtigten Details wurden unter funk­tionalen, gestalterischen, baukonstruktiven und bauphysikalischen Aspekten entwickelt, wobei speziell auf die wärmeschutztechnische Optimierung Wert gelegt wurde.

Betrachtet man die Zukunft des Werkstoffs Beton aus Sicht des energieeffizienten Bauens, so führen dessen anpassungsfähige wie auch zukunftsorientierte Eigenschaften zu einer positiven Bilanz. Die Bandbreite der Möglichkeiten ergibt sich aus der perfekten geometrischen Anpassungsfähigkeit, der großen materiellen Spannweite und der hohen Druckfestigkeit und der daraus resultierenden hohen Tragleistung.

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