Smart Factory − Die Zukunft der Industriestandorte ist smart
Smart Factory, Industrie 4.0. − das sind die Themen, mit denen sich das produzierende Gewerbe in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen wird bzw. muss, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Nach einer richtungsweisenden Projektinitiierung durch die deutsche Bundesregierung werden neue Digitalisierungsschritte im Industriebereich notwendig. Leistungsfähige und digitale Prozesse, intelligente Produktionsabläufe, vernetzte Warenströme und eine in Gänze nahezu selbststeuernde Produktion, die gezielt auf die Anforderungen des Managements bis hin zum Kunden eingeht, werden den Produktionsstandard von gestern ablösen.
Um diesem zukunftsweisenden Industrialisierungsstandard bereits heute umfänglich gerecht zu werden, ist es erforderlich, neben dem eigentlichen Produktionsablauf und den digital organisierten Warenströmen auch die Energieströme auf Produktions- und Standortebene smarter zu machen. Konkret bedeutet das: Effiziente Energiemanagementsys-teme, die auf Basis hocheffizienter und vernetzter Gebäudetechnik die komplex ver
Vernetzung und Synergien als Prinzip
Ein Beispiel dafür, wie neben den Entwicklungen des Produktionsstandards auch die Energieversorgung und -verteilung smarter umgesetzt werden kann, liefert das in Dortmund ansässige Unternehmen WILO, das seinen über 50 Jahre alten Stammsitz auf über 190 000 m² komplett neu strukturiert und aufbaut. Ziel ist u. a. die effiziente Zusammenführung sämtlicher Verwaltungs- und Produktionsbereiche, die bislang an unterschiedlichen Standorten verstreut waren. Am Standort der Nortkirchenstraße in Dortmund-Hörde wird dabei auf einer Fläche von ca. 50 000 m² eine komplett neue „Smart Factory“ entstehen, die wiederum in den „WILO Campus 2020“ mit Gebäuden für die Verwaltung sowie Bereichen für Forschung und Entwicklung eingebettet ist.
Auf der Basis digitalisierter Prozesse wird die Smart Factory den Rahmen für effizientere Abläufe in der Lieferkette, Produktion und Logistik liefern. Ziel ist jedoch nicht nur, den Fertigungsbereich zu optimieren und zukunftsfähig aufzustellen. Die Smart Factory ist Teil einer ganzheitlichen Planung, die sämtliche Liegenschaften des neuen Standorts in ein übergeordnetes, gemeinsames Energiemanagement einbezieht, um einen effizienteren Energie- und Ressourcenverbrauch auf dem gesamten Areal zu erreichen.
Von der Smart Factory zum Smart Campus
Dabei standen bei der Planung des „WILO Campus“ eine Vielzahl von Fragen im Raum:
– Wie lässt sich eine ausfallsichere und
gleichfalls flexible Energieversorgung für
die Factory herstellen?
– Welche Innovationen sind am Standort
und unter Berücksichtigung der Erforder-
nisse der Produktion umsetzbar?
– Inwieweit lassen sich die einzelnen Gebäu-
de auf dem zukünftigen „WILO Campus“
2020 miteinander vernetzten?
– Welche Synergien zwischen Produktion
und Verwaltungsbereichen sind vorhanden
und können sinnvoll genutzt werden?
Um die Grundlagen der komplexen Aufga-
benstellung frühzeitig aufzubereiten und
eine zielgerichtete Planung aufbauen zu
können, wurden in den frühen Leistungs-phasen folgende Schritte durchlaufen:
– In einem ersten Schritt wurden die Ener-
gieverbräuche der bestehenden Liegen-
schaften ermittelt: Wann wird wo welche
Energie benötigt?
– Diese Erkenntnisse wurden dann in Phase
2 in Form einer gebäudeübergreifenden
Gebäude- und Anlagensimulation auf den
geplanten Campus übertragen, um ne-
ben dem tatsächlichen Bedarf die mög-
lichen Synergieeffekte zu eruieren.
– Auf dieser Basis entstanden in einem drit-
ten Schritt unterschiedliche Energiekon-
zepte für den „WILO Campus 2020“, die
entsprechend ihrer Umsetzungsfähig-
keiten bewertet werden konnten.
–
und ökonomischer Betrachtungen das op-
– Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung
– Photovoltaikanlagen (u. a. zur Nutzung
von E-Mobility)
– Vernetzte Wärme- und Kälteversorgung
auf dem gesamten „WILO Campus“
– Freie Kühlung über Hybridkühler
– Adiabate Abluftbefeuchtung zur Reduzie-
rung klassischer Kälteerzeugung
– Nutzung eines Sprinklertanks (ca. 1 200 m³)
als Kältepuffer
– Wärmerückgewinnung aus produktionstechnischen Anlagen (z. B. Druckluftanlagen)
– Regenwassernutzung zur WC-Spülung und
Grünflächenbewässerung
– Gründach als Rückstaumöglichkeit von Re-
genwasser zur Entlastung der Kanalisation
Maximaler Effekt durch generalplanerischen Ansatz
Der Grundgedanke der generalplanerischen Projektabwicklung sorgte dafür, dass alle Bedürfnisse und Anforderungen in punkto Energie- und Ressourcenverbrauch berücksichtig werden konnten. Energieflüsse über einzelne Gebäude hinaus wurden analysiert und in die Konzeptfindung und für einen wirtschaftlichen Betrieb herangezogen. Durch diese ganzheitliche Betrachtung konnte das maximale Energiesparpotential herausgearbeitet werden. Wichtig wird sein, diese Vorarbeit nach Inbetriebnahme der Liegenschaften durch ein Monitoring zu überprüfen und − wo notwendig − zu optimieren, um die prog-nostizierten Werte zu erreichen oder gar zu unterschreiten.
Die Betriebsphase wird durch die komplexen Zusammenhänge und teils komplizierten
Zusammenfassung und Ausblick
Der neue „WILO-Campus 2020“ in Dortmund zeigt: Durch eine integrierte Standortplanung und ein ganzheitliches Energiemanagement können hohe Energieeinsparungen realisiert und damit Kosten deutlich reduziert werden. Eine Betrachtungsweise über Gebäudegren-zen hinweg eröffnet erhebliche Synergieeffekte, vor allem dann, wenn im Zuge der
Mit einem übergeordneten Energiemanagementsystem lässt sich der Leitgedanke der WILO SE auf andere Standorte respektive bestehende Industriestandorte leicht übertragen. Denn der erste Schritt ist, wie bei der Neustrukturierung eines Standortes und Produktionsanlage, die Ermittlung der Schwachstellen in Energiebereitstellung und -verteilung. Anschließend lassen sich Synergien ableiten und auf die Bedürfnisse der Liegenschaft übertragen. Moderne Produktionsstandorte mit Ausrichtung gemäß Industrie 4.0 parallelisieren den Grundgedanken der Digitalisierung von Produktion und Energieversorgung.