Rote Fäden, rote Teppiche
Europan 10 für deutsche Standorte entschieden

Europaübergreifend, paneuropäisch sein, das haben sich die Gründer des im letzten Jahr zum zehnten Mal ausgelobten Ideenwettbewerb zum Anliegen gemacht. Ohne dabei nationalistisch zu argumentieren, denn trotz aller Unterschiede immer noch (glücklicher Weise gibt es die!), wachsen die Staaten Europas tatsächlich mehr und mehr zu einer größeren Einheit als der nationalen zusammen.

Und weil die historischen Entwicklungen vergleichbar, meist parallel und in größerem Zusammenhang verlaufen sind, weil der Geschichts- und Kulturraum Europas auf einer Jahrtausende alten Gemeinschaftserfahrung beruht, darf man getrost davon ausgehen, dass ein Ideenwettbewerb wie dieser synergetisch und zugleich identitätsstiftend wirkt. Zumal dann, wenn er sich an Planer wendet, die – heutigem Verständnis nach – noch jung, sowie mobil, übernational vernetzt und also offen sind für emphatisches Analysieren und Entwerfen.

Das Besondere an Europan vor allem aber ist, dass sämtliche Wettbewerbsergebnisse die Chance – und hoffentlich auch das Potential – haben, konkret mit den jeweiligen europäischen Städten und Gemeinden umgesetzt zu werden; denn die Wettbewerbsbeiträge ergeben sich aus den konkreten Anfragen der im Wettbewerb involvierten Orte. Damit unterstützt Europan Städte und Städteplaner, die Stand­orte angeboten haben, „innovationsreiche architektonische und urbanistische Lösungen zu finden“ (Europan). Immerhin gehören zum Europan-Netz neben vielen vielen Vereinen, Initiativen oder Sonstigen rund 250 europäische Städte.

Das Thema des zehnten Wettbewerbs, dessen Gewinner derjeinigen Projekte im Januar bekannt gegeben wurden, die zu den deutschen Stand­orten ihre Beiträge abgeliefert haben, war wie schon bei den Vorgängerwettbewerben die europäische Stadt; besser gesagt, die Fehlstellen, die Wunden, auch die grünen Wie­sen, die viel zu lange schon nach zündenden Ideen für eine Gestaltung gerufen haben. Mit „European Urbanity“ umrissen die Auslober das große Thema, das in 62 Städten 19 europäischer Länder im Detail zu betrachten war. Europaweit beteilig­ten sich 2 400 Entwurfs- und Planungsteams, für die neun deutschen Standorte (mit Warschau) wurden 289 Projekte eingereicht. Im November 2009 vergab die Jury neun Preise, zwölf Ankäufe und vier lobende Erwähnun­gen, von welchen wir hier ein paar – völlig subjektiv ausgewählt – vorstellen möchten.

Ein paar Gewinner

Einen Ankauf erzielten die Italiener Alessan­dro Guida, Architekt, und Viviana Rubbo, Architektin für „With the City for the City“. Die Innenstadt von Bottrop soll im Rahmen des Stadtumbaus West unter Beibehaltung der polyzentrischen Siedlungs- und Versorgungsstrukur gestärkt werden. Der strategische Ansatz der Arbeit: Das Quartier wird von kleinteiligen Zubauten freigeräumt und ein topografisch bewegter Stadtpark gebaut.

Einen Preis erhielt das deutsch-polnisch-slowenische Team Martin Sobota, Architekt, Thomas Stellmach, Architekt, Marc Michael Ryan, Landschaftsarchitekt, und Artur Borejszo, Architekt. Ihrem „Der rote Faden“ für Heidelberg gelingt es, mit einer Vielzahl von Interventionen das Neckarufer mit seinen Institutionen attraktiv nutzbar und von der Altstadt besser wahrnehmbar zu machen.

Ein weiterer Preis ging an die Spanier Luciano Gonzalez Alfaya, Architekt, und Patricia Muñiz Nuñez, Architektin für ihr „Ambient Kerb“ für Warschau. Hier war es das Ziel, mit der Aufwertung des Quar­tiers einen Ort zu schaffen, der das Aufeinandertreffen unterschiedlichster Menschen fördert. Das Projekt generiert öffentliche Räume und Innenhöfe mit hoher Aufenthaltsqualität, indem es sich an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert.

Das deutsche Städteplanerteam Carsten Jungfer und Norbert Kling gewann einen Preis mit ihrem „Roll_In“ für Dessau. Die Stadt möchte im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Stadtumbau 2010 neue Perspektiven für Städte im demografischen Umbruch aufzeigen. „Roll_In“ rollt dafür einen – im sprichwörtlichen Sinne – roten Teppich für eine nahezu unbegrenzte Vielzahl temporärer und dauerhafter Interventionen entlang der Kavalierstraße aus. Die Öffentlichkeit soll zugleich Akteur und Beobachter dieser mannigfaltigen und vielleicht etwas krampfhaft herbeigesehnten urbanen Aktivitäten sein. Allen Gewinner-Projekten von dieser Stelle aus Gratulation. Und man möchte hoffen, dass sich die Städte, der hohen Qualität der ausgezeichneten wie auch teilnehmenden Arbeiten bewusst, zur Realisierung mit den Teams aufmachen können. Dann lebte Europan tatsächlich. Be. K.

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