Kunstvoll speisen
Sage-Restaurant in Berlin

In einem alten Backsteingebäude, direkt am Ufer der Spree in Kreuzberg, findet der aus­-gehwillige Berliner seit Mai diesen Jahres ein neues Ziel: das Sage-Restaurant. Dem Ein­heimischen ist der Name Sage seit gut 12 Jahren ein Begriff. Damals begann es mit dem Sage-Club, mittlerweile eine Institution im Berliner Nachtleben. In diesem Jahr wagten sich die drei Inhaber nun ein Restau-rant, das so ganz andere Anforderungen an Organisation, Personal und vor allem Innen-architektur stellt als ein Club.

In einem ersten Konzept des Restaurants, das von einem Gastronomieplaner erstellt wurde, stand die größtmögliche Sitzplatzanzahl im Vordergrund. Jedoch ist das Maximum nicht unbedingt das Optimum. Um der fast 400 m² großen, vormals als Autowerkstatt genutzten Industriehalle die nötige Ausgeh-Atmosphäre einzuhauchen, wurde Frank Drewes von Drewes und Strenge Architekten mit ins Boot geholt. Der fing mit der Planung noch mal von vorne an.

 

Räumliche Zonierungen

Der Gast betritt das Restaurant durch einen Kubus, der außen vor die Fassade gestellt ist. Drinnen setzt sich die Form fort, als schwarzer Würfel schiebt sie sich quer zur Achse in den Raum. Innen vollständig mit schwarzen Kokosmatten verkleidet, entsteht eine schallgedämmte Schleuse, die dem An-kommen ein besonderes Spannungsmoment verleiht. Farbig beleuchtete Vitrinen, die ein chaotisches Durch­einander filigraner, lang-stieliger Gläser beinhalten, leiten den Weg. Architekt Drewes nutzte diesen Kubus gleich-zeitig, um den langen, rechteckigen Gastraum räumlich und akustisch zu strukturieren.

Hat man den dunklen Eingangstunnel durchschritten, steht man direkt vor der Theke, in der Mitte des Raumes. Der Gast kann sich nun entscheiden zwischen vier Bereichen. Geradeaus, der lange, gerade Tresen, dem rechter Hand mit einem ebenso langen Tisch aus geweißten, groben Holzbohlen ein räumliches Pendant gegenübergesetzt wird. Die Tischplatte ist aufgehängt an schweren, rostigen Eisenketten. Damit lässt sie sich in der Höhe verstellen, um als Essplatz genutzt zu werden oder allsonntags als Büfett zur Verfügung zu stehen. Rechts davon befindet sich der klassische Restaurantbereich - weiße Wände, weiße Möbel, weiße Tischdecken. Das Mobiliar ist flexibel, so dass für Veranstaltungen umgestellt oder ganz ausgeräumt werden kann.

Da der Gastraum hier mit der Rückseite an die Nachbarbebauung stößt, waren schallschutztechnische Maßnahmen notwendig. Um die Dämmung unterzubringen, wurden eine Wand und die Decke mit Gipskarton verkleidet. Dem Restaurant kam diese Maßnahme zugute: Architekt Drewes formte einen raum-einfassenden Winkel, der sich vom Sichtmauerwerk der übrigen Wände und Decken abhebt. Die Schattenfuge zwischen alten Mauern und geraden Flächen lässt den Bereich wie eingeschoben erscheinen und bildet als weiße Negativform ein Gegenstück zum schwarzen Eingangskubus.

Entscheidet der Gast sich nach dem Eintreten für die linke Seite, findet er eine Kombination aus Bistro und Diner. Hier stehen sich beigefarbene Sitzecken und dunkelbraune Kaffeehausmöbel gegenüber.

Am Kopfende des Gastraumes erhielt der andernorts so ins Abseits gedrängte Raucher seinen Platz. Auf 60 m² herrscht englische Clubatmosphäre mit altem, schweren Ledermobiliar und offenem Kamin. Abgetrennt durch eine Glaswand, die in Ihren Profilen den übrigen Stahlstützen und Bändern entspricht, fügt sich der Raucherbereich gleichwertig in das Raumkonzept. Über dem Kamin, genau in der Mittelachse des Raumes, wacht ein Wolpertinger, ein bayerisches Fabelwesen, über alle Anwesenden.

Noch einmal die gleiche Fläche an Quadratmetern steht den Nebenräumen zur Verfügung. Durch versetzt gestellte Wände, uneinsehbar aber nahtlos, gelangt der Gast in die notwendigen Räumlichkeiten. Im Kontrast zum hellen, zurückhaltenden Restaurant, kommt er auf dem Weg zum WC am heißen, betriebsamen, lärmenden Motor vorbei, der den Betrieb am Laufen hält: der Küche. Bis auf den Arbeitsbereich der Köche ist es dunkel. Schwarze, glatte Oberflächen steigern den Eindruck, sich im Maschinenraum des Ganzen verirrt zu haben.

 

Beleuchtung

In Punkto Licht unterschied sich der Anspruch des Architek­ten von dem der beteiligten Lichtplaner. War zuvor angedacht, die Decke vollständig abzuhängen und die Beleuchtung dort unterzubringen, setzte Drewes durch, dass die Hauptbeleuchtung in der Flucht der Metallstreben untergebracht wird und das Mauerwerk der Decke sichtbar bleibt.

Analog zu den Raumzonen ist das Beleuchtungs­konzept sehr heterogen: Im Bereich der verkleideten Decke geschieht die Beleuchtung durch Lichtkästen, die mit farbigen LEDs ausgestattet sind. Dadurch erhält der weiße Raum eine leichte Farb­tendenz, die gewechselt werden kann, aber nicht in den Vordergrund tritt.

Links sorgen Installationen mit Bildschirmen für farbige Lichteffekte. Nicht zu vergessen die Raucherlounge, die fast ausschließlich von der Helligkeit des Kaminfeuers beschienen wird. Der Wolpertinger ist in ein geheimnisvolles Glühen gehüllt.

Farbige Beleuchtung ist ein großes Thema im Sage-Restaurant. Auch im Außenbereich. Die Fassade wird mit Spots von unten nach oben angestrahlt und taucht die Ankommenden in die tagesaktuelle Lichtstimmung.

So vielfarbig die Beleuchtung, so abwechs­lungsreich die Zonierungen, so kontrastreich die alten und neuen Elemente – so harmonisch fügt sich alles zu einer räumlichen Einheit zusammen und bietet einem bunten Aus­gehvolk die optimale Örtlichkeit. SG

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