Keine Leistungsschau in Venedig
Im Anschluss an die Pressekonferenz am 5. Februar 2018 in Berlin gab es ein paar erwartbare Fragen, dann Fernsehinterviews und die auf solchen Veranstaltungen schon nicht mehr üblichen Häppchen. Ort der PK: das Besucherzentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer von Mola+Winkelmüller Architekten. Anlass: Die Kuratoren des deutschen Beitrags zur 16. Architekturbiennale 2018 stellten ihr Konzept vor. Neben den Häppchen gab es noch die Nachfrage seitens der DBZ an den zuständigen Baustaatssekretär, Gunther Adler: Ob denn die auffällige Abwesenheit von einer dezidierten Projekteschau made in Germany eine Abkehr vom „Prinzip Leistungsschau“ darstelle?
Dazu muss man wissen, dass der Bund die Architekturausstellung im deutschen Pavillon finanziert, häufig über das Wirtschaftsministerium, das hier knapp 1 Mio. € für Sachkosten zur Verfügung stellt. Eine schöne Summe, die in den vergangenen Ausstellungen – und seien sie noch so ambitioniert angelegt gewesen – häufig den Beigeschmack erzeugte, dass die Kuratoren immer auch den (Zu-)Stand deutscher Architekten- und Ingenieurskunst zeigen mussten.
GRAFT, Berlin, und Marianne Birthler, die in diesem Jahr in Venedig mit „Unbuilding Walls“ den Umgang mit Mauern und den von ihnen geprägten Orten zeigen, dürfen nun offenbar mehr auf Geschichten als auf Projektpräsentationen setzen. Sie werden allgemeine Entwicklungslinien in den wieder mauerlosen oder vom Mauerbau bedrohten Stadträumen in den Vordergrund rücken wie auch persönliche Sichten (Interviews vor Ort). Sowie – ausgehend von der deutschen Mauer – auf das Internationale des Phänomens Mauer setzen, dabei geht der Blick nach Irland, Mexiko, Korea und Israel.
Was dabei herauskommt? Möglicherweise eine regelrechte Ausstellung mit einem auf den ersten Blick exotischen aber auch sehr spannenden und sehr aktuellen Thema. Und weil die Ausstellungskonkurrenz in den Gardini extrem hoch ist und die Aussteller maximal 3 Minuten haben, um dem eiligen Gast die Ausstellungsessenz mit auf den Weg zu geben, arbeitet man schon an einem – hoffentlich textlastigen – Katalog (bei Birkhäuser: „Unbuilding Walls. Vom Todesstreifen zum freien Raum. From Death Strip to Freespace“).
Venedig 2018 am deutschen Pavillon einmal ohne Kampf mit dem Ort, ohne Best of, ohne Show? Man möchte es hoffen. Be. K.