Informationsmanagement in BIM-Projekten: Klare Regeln von Anfang an!

Viele Planer modellieren die wesentlichen Bauteile bereits BIM-basiert. Oft entsprechen diese Modelle jedoch nicht der Erwartung des Bauherrn. Entscheidend ist daher, Ziele und die daraus resultierenden Anforderungen an die Informationstiefe der Fachmodelle zu Beginn eines Projekts klar zu definieren. Denn sie sind der entscheidende Faktor für die erfolgreiche Nutzung der Daten über den gesamten Lebenszyklus.

Ein wesentlicher Punkt bei der BIM-basierten Planung ist das Informationsmanagement: Wer benötigt was wann in welchem Format und welcher Qualität und von wem? Generell gilt, dass nur solche Daten angelegt und ausgetauscht werden, die wirklich benötigt werden und nicht so viele wie möglich. Definiert werden diese Anforderungen aus Sicht des Auftraggebers in den Auftragge­ber-Informationsanforderungen (AIA) und später durch die Auftragnehmer im BIM-Abwicklungsplan (BAP). Der AIA beschreibt die Fachmodelle, also die Ergebnisse, die ein Planungsteam in den unterschiedlichen Phasen der Planung erbringen muss. Im BAP wird die Herangehensweise zur Erreichung der Ziele festgelegt sowie die Informationsanforderungen aus der eigenen Planung und der Zusammenarbeit mit anderen Fachplanern. Die Fachmodelle sollen durch die Fachplaner entsprechend aufgebaut, koordiniert und am Ende einer Leistungsphase als Teil eines Koordinationsmodells an den Bauherrn übergeben werden.

Der ursprüngliche Gedanke von BIM, simultan und interdisziplinär an einem gemeinsamen Bauwerksmodell zu arbeiten, hat sich in der Praxis nicht bewährt. Denn die Verantwortung der Fachplaner gemäß ihres Leistungsbilds muss eindeutig getrennt sein. Zudem arbeitet jeder Planungsbeteiligte mit seiner fachspezifischen Software. Damit die Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten zum Erfolg führt, müssen gemeinsame Grundlagen wie Modellierungsregeln definiert werden. Dazu gehören beispielsweise ein einheitlicher Projektursprung, ein einheitliches Raster sowie homogene Maßeinheiten oder wie Geschosse und Bauabschnitte voneinander getrennt werden. Dadurch wird das spätere Zusammenführen der diversen Fachmodelle erheblich vereinfacht.

LOD, LOI, LOG – Modellierungsregeln für BIM-Projekte

Die Fachmodelle bestehen aus digitalen Bauteilen, die in virtuellen Bauwerksstrukturen verortet werden. Für die Modellierung der einzelnen Elemente ist es notwendig, die dem Anwendungsfall entsprechende Informationstiefe im Vorfeld zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer abzustimmen. Somit weiß jeder Fachplaner, in welchem Detaillierungsgrad und welchen Leistungsphasen die Fachmodelle zur Verfügung gestellt werden müssen. In Hochbauprojekten ist es gängige Praxis, die Definitionen des amerikanischen Architektenverbands (American Insitute of Architects) zu verwenden. Er hat anwendungsfallspezifische LODs (Level of Development) definiert, etwa für energetische Analysen und die Terminplanung. Die LODs beinhalten fünf Stufen, wobei 100 den geringsten und 500 den höchsten Informationsgehalt für das jeweilige Modell bzw. Objekt beinhaltet.

Große Auftraggeber wie die Deutsche Bahn haben eigene für ihre Baupraxis optimierte LODs entwickelt und verweisen in Bauprojekten auf ihre jeweiligen BIM-Spezifikationen. Um die unterschiedlichen Anforderungen an die Geometrie der Bauteile auf der einen Seite und deren Eigenschaften auf der anderen Seite besser unterscheiden zu können, hat sich die Differenzierung in Level of Geometry (LOG) und Level of Information (LOI) durchgesetzt. Oft wird die Unterscheidung in der einfachen Formel zusammengefasst: LOD=LOG+LOI.

Der LOG wird in der Regel differenzierter definiert als der LOI, bei dem meist weniger stark nach Bauelementen unterschieden wird. Er entspricht der Maßstabsgenauigkeit in den zeichnerischen Darstellungen und ist an die zunehmende Planungs­tiefe entlang der Leistungsphasen gekoppelt. Die Festlegung des alphanumerischen Informationsgrades (LOI) ist komplexer und stark vom jeweiligen Anwendungsfall abhängig. Während Bauteile im Bereich TGA bis zu 50 Eigenschaften benötigen, sind es in der Architektur deutlich weniger. Aber auch hier gibt es Unterschiede. Türen beispielsweise können in der LOD-Definition anspruchsvoller BIM-Projekte auch mehr als 100 Attribute enthalten.

Die unterschiedliche Zusammensetzung der ­Eigenschaften der Modellelemente bedarf einer exakten Beschreibung, für die man sich auf eine gemeinsame „Sprache“ geeinigt hat. Diese Klassifikationssysteme (beispielsweise Uniclass oder Omniclass) stellen sicher, dass die Daten von unterschiedlichen Softwareprodukten eindeutig interpretiert werden können. Neue Softwareprodukte helfen dabei, die Attribute der Modellelemente den Leistungsphasen zuzuordnen. So können die Vorgaben auf die Ziele des Auftraggebers und auf die BIM-Anwendungsfälle abgestimmt werden (AIA). Sie helfen auch dabei, LODs über den Projektverlauf an sich ändernde Rahmenbedingungen anzupassen (BAP). Der BAP wird damit zu einem dynamischen, „lebenden“ Dokument.

Auftraggeber als Informationsmanager

Bei der Festlegung der Informationsanforderungen in einem BIM-Projekt kommt dem Auftraggeber eine zentrale Rolle zu. Er muss verstehen, wozu die Anforderungen benötigt werden, an welchen Planungsständen sie abgefragt werden und wie sie in die nächste Lebenszyklusphase übernommen werden können. Diese Anforderungen werden mit dem AIA Teil der Ausschreibungen. Während des Planungsprozesses ist der Auftraggeber – ggf. zusammen mit dem BIM-Management – in der Lage, die Qualität der Planungsmodelle und der Fachmodelle bezüglich der definierten Informationsanforderungen zu überprüfen. Nur qualitativ hochwertige Modelle führen zu korrekten Auswertungen. Für die Übernahme in das Facility Management erhält der Auftraggeber letztlich ein gefiltertes Betriebsmodell und damit die Grundlage für einen erfolgreichen, BIM-basierten Betrieb des Bauwerks.  

›LOD 100 (konzeptionelle Geometriebeschreibung) – allgemeine Bauwerkskörpergeometrie mit Fläche, Höhe, Volumen, modelliert in 3D
›LOD 200 (ungefähre Geometriebeschreibung) – Bauteile werden als vereinfachte Baugruppen mit ungefähren Mengen, Abmaßen und Formen erstellt
›LOD 300 (genaue Geometriebeschreibung) – Bauteile werden mit exakten Mengen, Abmaßen, Formen und Positionierungen erstellt
›LOD 400 (ausführungsfähige Geometriebeschreibung) – Bauteile werden mit exakten Mengen, Abmaßen, Formen und Positionierungen erstellt und mit allen Hersteller-, Bau-, Zubehör- und Ausführungsdetails ergänzt
›LOD 500 (Bestandsdokumentation) – Bauteile werden als gebaute Baugruppen und Anlagen mit den in der Ausführung realisierten Mengen, Abmaßen und Positionierungen dokumentiert

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