„Hochhaus – sieben Schritte zum Erfolg“
Prof. Dipl.-Ing. Architekt Christoph Mäckler zum Thema „Hochhäuser“

In einem dicht besiedelten Land wie der Bundesrepublik Deutschland sollte es selbstverständlich sein, die Städte und ihre zersiedelten Landstriche zu Orten mit Großstadtcharakter zu verdichten und die uns noch erhaltenen Landschaften schon aus ökologischen Gründen zu schonen. Und trotzdem streiten wir uns noch immer um Gebäudehöhen, wenn es darum geht, Hochhäuser zu errichten. Wir streiten über die Ausnutzungsziffer auf den Grundstücken, statt entsprechend einem stadträumlichen Konzept, Straßen und Platzräume zu schaffen, wie wir sie aus Städten wie Paris, Brüssel, Mailand oder München kennen. Die Ausnutzungsziffer ist das Relikt einer Zeit, in der man den Stadtraum der Idee der Stadtlandschaft opferte.

Moderner Städtebau hingegen beruht längst auf der Erkenntnis, dass nicht das Mittel der Geschossflächenzahl, sondern nur das Prinzip stadträumlichen Entwerfens Grundlage von Stadtplanung sein kann. Hat man diese Grundlage erst einmal verstanden und akzeptiert, fällt es leicht, über Hochhäuser zu urteilen.


Der Erfolg des Hochhausbaus für die Stadt, unterliegt den folgen­den Geboten:

1. Hochhausbauten haben sich auch bezüglich ihrer Höhe einem städtischen Gesamtplan unterzuordnen, der die Grundlage für eine störungsfreie Integration in den Stadtkörper garantiert. Mit der Nichteinhaltung dieses Gebotes überlässt man das Gemeinwesen Stadt der Willkür öffentlicher Diskussion und verunsichert eine investitionswillige Wirtschaft.

2. Die Höhe eines Hochhauses muss sich ausschließlich aus wirtschaftlichen und funktionalen Bedingungen bestimmen, es sei denn, der städtische Gesamtplan begrenzt die Höhe aus stadträumlichen Überlegungen. Politische Erwägungen, die Höhe eines Hochhauses festzulegen, sind fast ausschließlich ideologisch-emotionaler Natur und damit für die Entwicklung einer Stadt untauglich.

3. Der Sockel eines Hochhauses ist für die Akzeptanz eines solchen Bauwerkes in der Stadt von weitaus größerer Bedeutung als etwa die Höhe des Turmes. Der Sockel eines Hochhauses muss sich als eigenes Bauwerk funktional und gestalterisch in die Stadt einfügen. Die Ablehnung von Hochhäusern beruht vor allem auch darauf, dass die Erdgeschosszone sich zur Straße hin abschottet. Statt Ladenlokalen finden sich hier meist nur untergeordnete und minderwertige
Büroflächen, Andienungszonen, Kantinen, Küchen, Poststellen etc.  Es müssen also gesetzliche Festlegungen getroffen werden, nach denen ein bestimmter Prozentsatz des Erdgeschosses frei vermietbare Ladenflächen beinhaltet, die sich zum Gehsteig hin öffnen und damit normales innerstädtisches Leben garantieren.

4. Hochhäuser benötigen klare Eingänge und Vorfahrten, mit denen sie an das städtische Leben angeschlossen werden. Suchen Sie einmal den Eingang des Hochhauses der Europäischen Zentralbank, Sie werden ihn nicht finden. Oder versuchen Sie einmal mit einem Taxi in Frankfurt am Main vor der Deutschen Bank auszusteigen, es wird Ihnen kaum gelingen! Solch simple Funktionen aber garantieren die Funktionsfähigkeit eines Hochhauses im städtischen Raum.

5. Hochhäuser benötigen einen funktionstüchtigen und in wenigen Gehminuten erreichbaren Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr.

6. Curtain-Wall-Fassaden sind out! Hochhäuser müssen Fensterfassaden haben und die Außenwände konstruktiv zur Lastabtragung nutzen, um den Energieeintrag drastisch zu reduzieren.

7. Hochhäuser benötigen einen funktional durchdachten Grundriss, um zum wirtschaftlichen Erfolg und damit auch zum Erfolg für die Stadt zu werden.

Der Architekt

Christoph Mäckler (60 J.) leitet das Büro Prof. Christoph Mäckler Architekten in Frankfurt am Main und ist seit 1998 ordentlicher Professor für Städtebau an der TU Dortmund. Gastprofessuren hatte er in Neapel, an der TU Braunschweig und der Universität Hannover. Er gründete 2008 das Deutsche Institut für Stadtbaukunst, das er gemeinsam mit Wolfgang Sonne leitet, und ist seitdem Berater für zahlreiche Städte. Derzeitige Bauwerke sind u. a. die Hochhäuser OpernTurm (fertiggestellt), Tower 185 in Frankfurt am Main, das Zoofenster in Berlin sowie das Augustinermuseum in Freiburg. www.chm.de

x

Thematisch passende Artikel:

Tower 185 Frankfurt am Main

Ein Rundgang mit Christoph Mäckler

Sein Name, ein Name aus seiner Projektzeit, steht noch überall in den Stein geschnitten da, doch die 185, die damals die Höhe des Turmes bezeichnete, ist längst überholt: 200 m ragt nun und Ende...

mehr

Internationaler Hochhaus Preis 2008

Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum vom 16. November 2008 bis 4. Januar 2009, Frankfurt/M.

Zum dritten Mal wird der Internationale Hochhaus Preis von der Stadt Frankfurt am Main in Kooperation mit dem DAM und der DekaBank vergeben. Über zwanzig Hochhäuser, die binnen der letzten zwei...

mehr
Ausgabe 09/2021

Frankfurt am Main: Wer macht Baukultur?

Der Frankfurter Christoph Mäckler gehört zu den Architekten, die laut über die Stadt nachdenken. So aktuell über seine Heimatstadt, die er selbst mit zahlreichen Projekten markiert hat, so mit dem...

mehr
Ausgabe 11/2013

Zuwachs im Europaviertel Tower 185, Frankfurt am Main

Mitten in Frankfurts Europaviertel ragt seit Anfang 2012 mit 200?m Deutschlands vierthöchstes Bürogebäude in den Himmel. Der nach strengen Nachhaltigkeitskriterien vom Frankfurter Büro Prof....

mehr

Warum gibt es einen Hochhaus Preis?

In der Paulskirche in Frankfurt am Main wurde soeben der Internationale Hochhaus Preis 2012 verliehen; warum eigentlich?

Warum gibt es einen Architekturpreis, einen internationalen dazu, welcher wie der Internationale Hochhauspreis IHP alle zwei Jahre seit 2004 – in diesem Jahr also zum fünften Male – dem weltbesten...

mehr