Gipsputz auf Beton
Wie können Ablösungen vermieden werden?

Gips-Innenputz ist für die Innenverkleidung im Hochbau als Feuchte regulierend, Schall- und Wärme bremsend, Feuer hemmend und rissfrei seit langem ein ideales Material. Nach einer ersten Schadensserie in den 70er Jahren, die zur Entwicklung effizienter Haftbrücken führte, zeigen sich in den letzten fünf bis zehn Jahren wieder häufiger Gipsputzhohllagen an Betondecken und -wänden. Die Autoren haben die Schadensursachen experimentell erforscht und geben Hinweise auf deren Vermeidung. 

Ziel der Untersuchungen

Der Schadenszeitpunkt eines Hohlfallens von Gipsputz liegt bei ca. ein bis vier Jahren nach Bezug des Neubaus. Dieser relativ späte Zeitpunkt erklärt sich durch den Mechanismus der Schadensauslösung: Beton im Hochbau schwindet nach ein bis vier Jahren bis zu einem Endwert von ca. 0,5 mm/ m, – bei Nicht-Schwinden des Gipses. Der Gipsputz wird, in der Regel schadensfrei, komprimiert, wobei sich die Druckspannung durch ein Kriechen des Putzes im Laufe der Zeit wieder abbaut.

Die neue Schadensserie wird darauf zurückgeführt, dass der Beton heute aufgrund eines beschleunigten Baufortschritts – das Auswintern des frisch erstellten Bauwerks wird nicht mehr praktiziert – beim Verputzen weniger ausgetrocknet ist als früher: Aus dem Beton durch nachträgliches Austrocknen „nachstoßende“ Feuchte beeinträchtige auf Dauer die Haftung des ja wasserlöslichen Gipsputzes. Zudem wird ein schlechterer Putzverbund durch die höher gewordenen Betondichtheiten als Mitursache angesehen.

Um unsere These zu stützen, dass Kondenswasserbildung kurz nach der Putzapplikation eine kapitale Schadensursache darstellt, wurden in den Untersuchungen die bekannten Mechanismen der Putzverbundschwächung –unzureichende Haftbrückenapplikation und zu feuchter Betonuntergrund- der Kondenswassereinwirkung kurz nach der Gipsputzapplikation gegenübergestellt. 

Die Schwindsimulation

Das nach dem Verputzen zu erwartende Restschwinden von Neubau-Beton liegt gemäß den Beton-Normen DIN 1045 in der Größenordnung von 0,3 bis 0,5 ‰. Wie die statische Betrachtung verdeutlicht, wird dem Putz am Bauwerk das Betonschwinden nahezu vollständig aufgezwungen. Für die Kurzzeit-

Simulationsversuche wurden Betonplatten 40 x 30 x 6 cm aus Beton (w/z = 0,6) mit Maschinenputzgips versehen. Diesen Platten wurde in der Druckprüfmaschine eine Dehnung von 0,6 ‰ eingeprägt, die eine Obergrenze der Schwinddehnung darstellt. Im Putz baut sich eine Druckspannung auf von

sp = Ep ∙ εcs = 2800 ∙ 0,6 ‰ = 1,7 N/mm². Die Druckfestigkeit von Maschinenputzgips von mindestens fp,c = 2,5 N/mm² wird weder im Bauwerk noch im Versuch überschritten. Konservativ wird im Versuch dem Putz die Zwängung über Haftverbund eingeprägt; es werden also ungünstig Putzränder bzw. Putz-

abschnitte betrachtet. Die Krafteinleitungslänge von ca. 2 x Putzdicke ist dabei ausreichend klein zur Putzfläche. Der Endwert der eingeprägten Dehnung liegt jeweils höher als die real zu erwartenden ca. 0,5 ‰, auch um die Wirkung der hier nur eindimensionalen, am Bauwerk aber zweidimensionalen Schwinddehnung zu kompensieren. 

Variation der Haftbrücke

Als Grund-Material wird eine seit langem bewährte Haftbrücke auf der üblichen Dispersionsbasis gewählt mit einer Quarzkörnung 0/ 0,6 mm und einer Soll-Auftragsmenge von 300 g/m². Die beiden hauptsächlichen Praxisfehler bei Applikation der Haftgrundierung wurden als Untersuchungsparameter einbezogen:

– Die Verarbeitungsmenge der korrekt aufgerührten Dispersion wird reduziert vom Sollwert 300 g/m² auf 100 g/m².
– Mit dem Sieb 0,25 mm wurde der größere Quarzkörnungsanteil 0,25/ 0,60 mm aus der Soll-Auftragsmenge der Dispersion herausgesiebt und so ein fehlendes Umrühren des Haftbrückengebindes vor der Verarbeitung simuliert. Die verbleibende Auftragsmenge beträgt 250 g/m².
– Nackte, glatt geschalte Betonoberfläche ohne Haftbrücke.

Der Ausführungsfehler der zu frühen Putzaufbringung auf eine noch frische Haftgrundierung ist so offensichtlich, dass er lediglich in einer Nebenversuchsreihe bestätigt wurde.

 

Variation der Feuchtevorlagerung

Bezüglich der Feuchte des Untergrundbetons wurde bewusst von der Vorgabe des Merkblattes „Gipsputze und gipshaltige Putze auf Beton“ abgewichen. Dies sieht Beton vor, der nach der Herstellung bei guten Austrocknungs-
bedingungen mindestens vier Wochen, bei schlechten acht Wochen, austrocknen konnte.

Es wurden drei Untergrundfeuchten eingestellt:

– feuchter Beton, alt: Beim Aufbringen der Haftbrücke war der Beton 15 1/2 Wochen alt. Bis 3 Tage vor der Applikation lagerte der Beton bei 20°C im Wasser, dann trocknete er bei 20°C/ 65 % r. L. Die Betonfeuchte lag bei 5,8 M.-% nach Darren.
– feuchter Beton, jung: Beim Aufbringen der Haftbrücke war der Beton nur 3 1/2 Wochen alt. Auch hier lagerte der Beton in Wasser von 20°C, bis auf die 3 Tage bei 20°C/ 65 % r. L. vor der Applikation. (4,9 bis 5,7 M.-% nach Darren).
– trockener Beton, alt: Nach vorhergehenden Wasserlagerung von einer Woche lagerten die Betonplatten 12 Wochen bei 20°C/65% r. L.. (2,4 bis 2,5 M.-% nach Darren)

 

Kondenswassereintrag

Die Betauungssituation am Bauwerk bei Innenputzarbeiten stellt sich für eine unter Heiz-
gebläseeinsatz verputzte Betonfläche ein, wenn diese in den nächsten Nächten in Bezug auf das Innenklima zu kalt wird. Es bildet sich Tauwasser zwischen Putz und Beton, das auf der Putzoberfläche tückischerweise nicht sichtbar ist:

– auf Betonaußenwänden, die, leider schon von der Bauablaufplanung her, erst nach den im Winter ausgeführten Innenputzarbeiten vertikal gedämmt wurden;
– auf Betoninnenwänden in einem UG, die bei der feuchtwarmen, tropischen Luft des verglasten, aber noch nicht klimatisierten, im Ausbau befindlichen Gebäudes verputzt wurden, wobei das Untergeschoss kälter war;
– auf Deckenuntersichten eines Stahlbetonskelettbaus, die bei Frost mit geschossweisem Einsatz von Heizgebläsen verputzt wurden. Der Schaden mit Hohlstellen im Luftkegel des Heizgebläses trat hier ausnahmsweise bereits kurz nach der Verputzung auf; die Kondenswassermenge an der oben kalten Geschossdecke muss
enorm gewesen sein;
– auf der Betondeckenuntersicht bei oben aufliegender Trittschalldämmung mit
Estrich unterhalb des kalten Spitzbodens des Steildaches; es gab Frost in den Nächten nach dem Verputzen.

Gerade der letzte Fall weist darauf hin, dass auch die Verputzung einer Betonfläche bei außenliegender Dämmung gefährdet ist, wenn nicht nach dem Verputzen die Feuchteabgabe des Putzes durch häufiges Stoßlüften abgeführt wird, und gleichzeitig die Beheizung, wie beim Verputzen vorhanden, weiter läuft.

Alle genannten Schadensfälle zeigen, dass bei der Erstellung moderner Bauwerke – mit gedrängtem Bauzeitenplan, mit viel Glasfassade - das Tauwasserrisiko für Innenputzarbeiten allgegenwärtig ist. Daher wurde dieser Parameter mit einer speziellen Versuchsanordnung untersucht. Im Klimaraum 22°C/ 65% r. L. wurden Deckenkühlelemente mit darunter befindlicher Wärmedämmung installiert, die zu einer Lufttemperatur unterhalb der Betonplatten von ca. 10°C führten. Daraufhin kam es auf der Betonplattenoberseite im Putz gemäß den begleitenden Temperaturmessungen zum Taupunkt. Variiert wurde der Zeitpunkt der ersten Betauung und die Anzahl der anschließenden Tage mit Betauung. Je Betauungstag führte ein Kühlintervall von 12 h zu einem Tauwasserausfall über 9 h.

 

Versuchsauswertung

Die Auswertung erfolgt bezüglich aufgetretener Hohlstellen und erzielter Haftzugfestigkeiten. Die letzteren werden als Medianwerte ausgewertet. Abrisse im Gipsputz zeigen Werte von 0,2 bis 0,3 N/mm² – in der DIN EN 13279 Gips-Trockenmörtel werden übrigens für den Gipsputz selber, ohne Hohlstellenbildung, noch Werte bis 0,1 N/mm² akzeptiert. Adhäsionsbrüche im Bereich der Haftbrücke zeigen mit niedrigeren Werten Verbundschädigungen an.

 

Erwartete Ergebnisse

In der Nullserie in Reihe I – trockener Beton, trocken gelagert – werden allein die Fehler
in der Haftbrückenausführung betrachtet: Die Ausführung „o.K.“ -das Quarzkorn 0,25/0,6 war ausgesiebt worden- ist eklatant scha-densanfällig, auch bei alltäglichem, normal-trockenem Betonuntergrund! Die Verputzung auf von Haus aus feuchtem Beton – er konnte nach der Wasserlagerung nur 3 Tage abtrocknen – zeigte wie erwartet die schlechteste Putzhaftung: Allein die mit 300 g/m² ordnungsgemäß aufgetragene Haftgrundierung gibt hier die Chance des Vermeidens eines Putzabfallens. Die negativsten Ergebnisse zeigte stets die Haftbrücke „o.K.“ .

Auswirkung der Betauung jungen Putzes

Tauwasser in jungem Putz schädigt dessen Anhaftung auf dem Beton irreparabel, und zwar umso mehr, je früher die Betauung nach der Verputzung eintritt. Besonders schädlich sind frühe Betauungszyklen, die im Putzalter von einem Tag starten.

Die Schädigung der Putzhaftung nach Betauung ab einem Tag nach Putzherstellung entspricht nahezu der von auf feuchtem Beton aufgetragenem Putz. Der Trend, dass die Variante ohne Körnung stets das schlechteste Ergebnis zeigt, bestätigt sich.

In der Reihe I wurde auch die Variante ohne Haftbrücke getestet, mit erstaunlich gutem Ergebnis was das Hohlfallen betrifft. Die Werte der Haftzugfestigkeiten belegen aber größere Haftungssicherheit für eine ordnungsgemäß aufgerührte Haftbrücke von 300 g/m² . Diese ist gerade bei an der kritischen Grenze befindlichen Putzuntergründen unverzichtbar. Falsch aufgetragene Haftbrücken jedoch, die Varianten ohne Korn und mit zu wenig Auftragsmenge von 100 g/m², wirken sich als Trennschicht aus. Die Hohlstellen sind im Wesentlichen erst in der letzten Schwindsimulationsstufe entstanden. Dies korreliert mit den meist erst relativ spät auftretenden Schäden am Bauwerk.

 

Zusammenfassung

In Gipsputz auf Beton wird durch das Schwin-
den des Betons eine Druckspannung eingeleitet. Die damit verbundene Schubbeanspruchung des Putzverbundes erreicht nach ein bis vier Jahren ihren Höhepunkt. Die Untersuchungen decken zwei tückische Ausführungsfehler auf, welche die erforderliche Güte des Putzverbundes verhindern: die Kondenswasser-Falle und eine als Trennschicht wirken-
de Teilhaftbrücke.

Auf einer bei feuchtwarmer Innenluft verputzten Betonfläche, die in den darauf folgenden Nächten von außen her kalt wird, bildet sich zwischen frischem Putz und Beton nachträglich Kondenswasser, das die Putzhaftung irreparabel schädigt. Dies tritt im Winterbau auch bei von außen gedämmten Betonflächen auf, wenn nicht weiter geheizt und wiederholt stoßgelüftet wird, und kann auch im Sommer auftreten, wenn bei feuchtwarmen Obergeschossen die zu verputzenden Untergeschosswände relativ kühl bleiben. Und – die Schädigung vollzieht sich immer unsichtbar.

Für die zurzeit auf dem Markt befindlichen Haftbrücken gilt: Entscheidend für den physikalischen Verbund ist das aus der Haftbrücke herausschauende Quarzkorn. Wenn die Haftgrundierung vor der Verarbeitung nicht umgerührt wird, fehlt das Korn. Die abgetrocknete Kunststoffdispersionsschicht allein, ohne Quarzkorn, wirkte in den Versuchen als Trennschicht. Wenn die Auftragsmenge der umgerührten Dispersion unzureichend ist, ist die Menge des Quarzkorns und seine Einbindung nicht ausreichend.

In kritischen Putzsituationen sollten zur Vermeidung der Kondenswasser-Falle auf der Baustelle vor dem Verputzen Taupunktkontrollen – vor allem früh morgens – durchgeführt werden. Da das Problem auch nach dem Verputzen besteht, sind gegebenenfalls vor dem Verputzen schriftlich Bedenken zu äußern.

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