Illiz Architekten

Feuerwehr Rorschacherberg

Feuerwehrleute sind das Rückgrat der Brandbekämpfung. Zwingende Voraussetzung für ihre Arbeit ist eine entsprechende Ausrüstung und vor allem ein Gebäude mit funktionaler Infrastruktur. Die Mitarbeiter der freiwilligen Feuerwehr von Rorschacherberg mussten bislang mit den Hallen der Zivilschutzanlage Steig Vorlieb nehmen. illiz Architektur aus Zürich unterzogen das sanierungsbedürftige, beengte Provisorium einer aufwendigen Metamorphose. Entstanden ist ein markanter Bau als Zeichen zeitgemässer Architektur, dessen Funktion schon an der archaischen Fassade ablesbar ist.

Zum Plan gehörte, mehr Platz im Feuerwehrdepot zu schaffen, etwa für die grossen Löschfahrzeuge. Auch sollten Räume von Dritten nutzbar sein. Zudem war das Gelände schlecht an Verkehrswege und Umfeld angebunden und die steile Hanglage verschärfte die Situation zusätzlich. Bei einem Notfall zählt schliesslich jede Minute.
 
Das 1971 fertiggestellte Gebäude ist als zweigeschossiger massiver Schutzbau konzipiert und teilweise in den Hang geschoben. Ausserdem stützt seine meterstarke Wand- und Deckenkonstruktion das Schulgebäude darüber. Deshalb war ein kompletter Abriss nicht sinnvoll. Allerdings wurden im Innern grössere bauliche Eingriffe in die Substanz vorgenommen, das forderte Mensch und Material: „Um die stark bewehrten Stahlbetonwände Stück für Stück abzutragen, musste schweres Gerät aufgefahren werden. So einige der 1,80 Meter durchmessenden Diamanttrennblätter der Betonfräsen wurden dabei ruiniert“, erinnert sich Stefanie Wögrath. Sie ist eine von drei Gründerinnen von illiz Architektur und betreute Entwurf und Planung bei dem Projekt.
 
Nach der Restrukturierung der Grundrisse, einer aufwendigen Sanierung und dem Ausbau der Innenbereiche ist ein funktionales Raumprogramm entstanden: Die Halle im Erdgeschoss bietet jetzt Platz für sechs Einsatzfahrzeuge. Auch Garderobe, Büro, Toilettenanlagen und Lager sowie Archivraum für die Gemeindeverwaltung sind vorhanden. Im Obergeschoss gibt es endlich einen Aufenthalts­ und Theorieraum sowie ein Jugendzimmer mit Küche und WC. Diese Bereiche sind separat von aussen erschliessbar, so dass Fremdnutzung möglich ist. In der Fahrzeughalle sind die alten Sichtbetonoberflächen und neuen Bauteile durchgängig weiss gehalten. Es entsteht der Eindruck von Weite und Ruhe. Der fugenlos schwarz eingefärbte Hartbetonbelag fängt den lichten Raum optisch auf und verbindet die Bereiche. In den Aufenthaltsräumen lockern sanft fliessende Vorhänge die sachliche Atmosphäre auf. Das Ganze bildet einen reduzierten Hintergrund für die Küchenzeile: Sie ist knallrot, genau wie die Einsatzfahrzeuge in der Halle.
 
Der Baukörper wirkt wie aus dem Hang geschält und fällt durch sein terrassiertes Volumen auf. Die bestehende Dachsituation wurde durch weitere auskragende Vordächer ergänzt. Das verstärkt den monolithischen Charakter des Gebäudes sowie seine Präsenz an der Strassenkreuzung. Dennoch passt es sich ideal in das dicht bebaute Umfeld ein. Das liegt sicher auch an seiner besonderen Holzfassade, die nach einer traditionellen japanischen Technik behandelt wurde: Bei der Shou-Sugi-Ban Methode wird das Holz mit Feuer geflämmt. So erhält es eine seidig schimmernde Oberfläche und ist weniger anfällig für Witterungseinflüsse, Insektenbefall und Brandeinwirkung. Gleichzeitig setzt die Holzfassade ein auffälliges Zeichen für die Funktion der Feuerwehr und verortet sie mit dem Gebäude.
 
Das Gesamtkonzept und insbesondere die Idee mit der „verkokelten“ Fassade stiess sofort auf Begeisterung bei den Einwohnern. Die Gebäudehülle symbolisch aufzuladen und mit der Feuerwehr bzw. ihren Aufgaben in Beziehung zu setzen, wurde offenbar sofort verstanden. „Ausschlaggebend für das positive Ergebnis der Volksabstimmung war ein gesteuerter Informationsprozess. Dadurch gab es hier grossen Rückhalt. Um Widerstände aus dem Weg zu räumen und Konsens zu erzielen, sollten Bauherren und Architekten offen kommunizieren, Einwände ernst nehmen, Verständnis wecken und die Abläufe moderieren“, sagt Stefanie Wögrath. Ihr Büro hat neben dem Feuerwehrdepot auch den benachbarten neuen Werkhof an der Heidenerstrasse geplant und realisiert.

Architektur: illiz architektur GmbH, Zürich, www.illiz.eu

Baumanagement / Bauleitung: b+p baurealisation ag, St. Gallen, www.bp-baurealisation.ch

Bauherr: Gemeinde Rorschacherberg

Wettbewerbszeitraum: 10.2014
Planungsbeginn: 01.2015
Baubeginn: 04.2018
Baufertigstellung: 03.2019
Grundstücksfläche: 2.950 m²
Gebäudegrundfläche: 1.038 m²
Geschossfläche: 1.733 m²
Nutzfläche: 1.176 m²
Gebäudevolumen: 8.079 m3
Baukosten: 5.1 Mio. CHF

Fachplanung

BauingenieurInnen: Wälli AG Ingenieure, St. Gallen

HLS: Vadea AG, St. Gallen

ElektroingenieurInnen: PROJEKT AG, Heerbrugg

Bauphysik: Braune Roth AG, Binz

Landschaftsarchitektur: PR Landschaftsarchitektur GmbH

Unternehmen

Abbruch: Kurt Eberle AG, Freidorf

Baugrubenaushub: W. Dieziger AG, St. Gallen

Baumeisterarbeiten: Landolt + Co. AG, Kleinandelfingen

Spez. Tiefbau: Stutz AG, Frauenfeld

Lüftungsanlagen: Fürer AG, Mörschwil

Sanitäranlagen: MB Sanitär Heizung GmbH, Rorschacherberg

Elektroanlagen: Elektro Engler AG, Rorschacherberg

Heizungsanlagen: E3 HLK AG, St. Gallen

Gerüstung: Baugerüste Bläsi AG, Rheineck

Montagebau in Holz: Kaufmann Oberholzer AG, Roggwil

Außentüren und Fenster in Aluminium: Atec Metallbau GmbH, Staad

Außentore aus Metall: TS Tor & Service AG, Steinach

Bedachungsarbeiten: Tecton AG, St. Gallen

Kücheneinrichtungen: Rima Innenausbau GmbH, Rorschacherberg

Gipserarbeiten: Bohnenblust Gips AG, Goldach

Allgemeine Metallbauarbeiten: Rey Metallbau AG, Wittenbach

Innentüren aus Holz: Stadler Schreinerei AG, Rorschacherberg

Allgemeine Schreinerarbeiten: N. Gübeli Holzbau, Rorschach

Unterlagsböden: Walo Bertschinger AG, Wittenbach

Deckenbekleidungen aus Holzwerkstoffen: Lanter Holzbau AG, Rorschach

Innere Malerarbeiten: Grab GmbH, Thal

Baureinigung: Pronto AG, St. Gallen

Entwässerung und Werkleitungen: Gautschi AG, Margrethen

Baureklame: Historika AG, St. Gallen

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