Rechtsprechung

Fälligkeit der Vergütung ohne Abnahme?

(OLG Celle, Urteil vom 13.05.2020, 14 U 71/19)

Normalerweise wird die Vergütung des Architekten/Ingenieurs erst nach Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung sowie erfolgter Abnahme der Werkleistungen zur Zahlung fällig. Fehlt eine Abnahme bzw. kann diese weder aufgrund einer Fiktion noch konkludent angenommen werden, scheitert grundsätzlich die Durchsetzung des Vergütungsanspruchs gegen den Auftraggeber. Wann aber dennoch nach der Kündigung eines Architekten-/Ingenieurvertrages eine Abnahme der Werkleistungen entbehrlich ist, musste das OLG Celle jüngst entscheiden.

Ein freischaffender Architekt wurde von einem Projektentwickler mit der Planung (Leistungsphasen 1 bis 5) von Doppelhäusern beauftragt. Die Parteien waren vorher bereits über ein anderes Planungsprojekt verbunden und in eine gerichtliche Auseinandersetzung geraten. Nach einem wohl sehr emotionalen Telefonat soll der jetzige Vertrag beendet worden sein. Ob tatsächlich eine Kündigung durch den Architekten oder den Auftraggeber vorlag, blieb im Prozess streitig. Der Auftraggeber schickte dem Architekten nach dem Telefonat eine „Kündigungsbestätigung“ worauf der Architekt nicht reagierte. Der Architekt seinerseits forderte den Auftraggeber unter Fristsetzung zur Freigabe von Planungsleistungen der Genehmigungsplanung auf. Der Auftraggeber reagierte hierauf nicht. Stattdessen beauftragte der Auftraggeber einen anderen Architekten, der die Planungsleistungen fortsetzte. Der klagende Architekt legte daraufhin seine Schlussrechnung und begehrte nunmehr Zahlung seines Architektenhonorars. Zu einer Abnahme sowie auch zu der begehrten Zahlung kam es nicht. Der Auftraggeber verteidigte sich unter anderem mit der nicht erfolgten, aber für die Fälligkeit der Vergütung notwendigen Abnahme der Werkleistungen des Architekten.
 
Nach Ansicht des OLG Celle war die Vergütung des Architekten hier fällig. Eine Abnahme der Werkleistungen sei dafür nicht erforderlich gewesen. Nachdem sich das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt habe, sei eine Abnahme nämlich nicht mehr nötig. Einer Abnahme bedürfe es demnach dann nicht, wenn der Auftraggeber vom Architekten keine Erfüllung mehr, sondern nur noch Minderung oder Schadensersatz verlangt (sog. Abrechnungsverhältnis). Hierzu sei es gekommen, nachdem der Auftraggeber die Leistungen des Architekten nicht mehr angenommen und dafür einen anderen Architekten mit der Fortsetzung der Leistungen beauftragt hatte. Zudem hatte der Auftraggeber sich gegen das Vergütungsbegehren ernstlich mit zahlreichen Mängeln und Schadensersatzansprüchen gewehrt. Hieraus folgte für das OLG Celle in der Gesamtschau, dass der Auftraggeber zur Abnahme der erbrachten Leistungen auch nicht mehr willens war.
 
Folge aus dieser Entscheidung ist die Fälligkeit der Vergütung des Architekten auch ohne eine Abnahme des Auftraggebers. Dies ist für den Architekten zunächst erfreulich. Ohne Abnahme bleibt aber der Architekt auch im Abrechnungsverhältnis beweisbelastet, dass seine Werkleistungen mangelfrei erbracht wurden. Da in diesen Fallgestaltungen Mängelrügen des Auftraggebers üblich sein werden, sollte der Architekt/Ingenieur bzgl. der von ihm erbrachten Leistungen einen derart guten Dokumentationsstand haben, dass er jederzeit nach einer Kündigung eine differenzierte Schlussrechnung legen, aber auch Mangelrügen des Auftraggebers entgegentreten kann.
 
Auch hier zeigt sich einmal mehr, dass eine gute Dokumentation das „A und O“ erfolgreichen Wirtschaftens ist.

Die Autoren Axel Wunschel (links) und Jochen Mittenzwey
Foto: Wollmann & Partner

Die Autoren Axel Wunschel (links) und Jochen Mittenzwey
Foto: Wollmann & Partner

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