Expertenrunde: Digitale Workflows und Remote-Arbeit mit blocher partners und Allplan
230 Menschen mit 24 Nationalitäten arbeiten an vier Standorten in 15 verschiedenen Disziplinen an den Projekten von blocher partners in Architektur, Innenarchitektur, Kommunikation und Produktdesign. „Interdisziplinäres Arbeiten gehört seit der Gründung 1989 durch Dieter und Jutta Blocher zur Kernkompetenz unseres Büros. Die Bauaufgaben sind vielfältig mit einer starken Expertise im Bereich Handel, die über Jutta Blocher, die aus einer Handelsfamilie stammt, schon von Anfang an in das Unternehmen eingebracht wurde“, berichtet uns Anja Pangerl zu Beginn des Gesprächs. So sei man stetig gewachsen und habe Netzwerk und Expertise ausgeweitet. Über Matthias Both und Benjamin Blocher habe zudem das Thema Urban Design an Fahrt aufgenommen. Die Transformation der großen Städte sei in vollem Gange und wiederum komme dem Handel eine besondere Bedeutung zu, da hier zum einen die Vernetzung von digitalen und analogen Vertriebswegen, zum anderen eine neue Mischung mit anderen Funktionen wie Wohnen oder Büro für einen architektonischen Umbruch sorge. Gelernt habe man auf jeden Fall einiges aus dem Handel, auch für die anderen Geschäftsfelder, in denen das Büro tätig ist. „Vieles lässt sich jedenfalls von einem Maßstab auf andere übertragen und bildet oftmals die Basis in der Kommunikation mit der jeweiligen Zielgruppe“, erklärt Angela Kreutz. In diesem Kontext komme auch dem Bereich der Design Strategie eine besondere Bedeutung zu, da hier, sozusagen auf einer Meta-ebene, noch stärker maßstabsübergreifend gearbeitet werde als in den anderen Disziplinen. Wie das genau aussieht, wollten wir von Erik Schimkat wissen. „Ganz wichtig ist die Bündelung des vorhandenen Know-hows zu Anfang eines Projekts. Nicht nur das unserer internen Experten, sondern vor allem das Wissen unserer Bauherren und der Nutzer, das sich erstmal seinen Weg nach außen bahnen muss. Daraus lässt sich ableiten, wie eine bessere Zieldefinition erreicht wird, was wiederum zu einem deutlich effizienteren Projektverlauf führt, und welche Stakeholder für das Projekt benötigt werden.“ Die fachlichen Kompetenzen entscheiden oft über die Lokalisierung eines Projekts. Sprich: Ein Projekt in Berlin muss nicht unbedingt vom Berliner Büro übernommen werden, wenn die Aufgabe eine Zusammensetzung des Teams erfordert, die an einem der anderen Standorte besser abzubilden ist. Gleichzeitig gibt es bei blocher partners Projekte, die über mehrere Standorte verteilt umgesetzt werden, beispielsweise wenn Holzbau-Kompetenz gefragt ist. Durch die inzwischen mögliche Remotearbeit ist das nicht nur denkbar, sondern viel einfacher machbar geworden – das gilt ebenso für externe Partner. „Wenn wir im Rahmen der Design Strategie erkennen, dass einem Projekt Sonderdisziplinen guttun würden, etwa ein Historiker, dann kann dieser von extern mit ins Team eingebunden werden“, ergänzt Matthias Both. Wichtig sei die Definition eines gemeinsamen Ziels und das Festlegen des bestmöglichen Wegs dorthin. Der Teamleitung kommt daher die Aufgabe zu, die Rollen im Team klar zu verteilen und die Abläufe gut zu strukturieren. Auch ein schnelles und ehrliches Feedback sei von enormer Bedeutung, um schnell reagieren zu können und im Prozess zügig voranzukommen. „So entsteht eine große Dynamik im Unternehmen, die gerade von neuen Mitarbeitern positiv wahrgenommen wird“, sagt Anja Pangerl.
Für uns stellt sich die Frage, wie wichtig der Standort überhaupt noch ist – braucht es wirklich das Büro vor Ort? Benjamin Blocher ist sich sicher, dass die regionale Verwurzelung durchaus noch eine wichtige Rolle spiele. Nicht nur der persönliche Kontakt mit dem Auftraggeber sei hierbei entscheidend, sondern ebenso, nahe am Geschehen zu sein, um das Umfeld, in dem man häufiger baut zu verstehen. Das ließe sich durch Videokonferenzen nicht ersetzen und spiele insbesondere für den Standort in Indien eine wesentliche Rolle, wo zudem kulturelle Unterschiede zum Tragen kommen. Diese Diversität beeinflusse im Gegenzug den Austausch mit den Standorten in Deutschland positiv. Man betrachte die einzelnen Standorte nicht als Satelliten, sondern immer als Teile eines großen Ganzen. „Und tatsächlich ist uns der persönliche Besuch der Standorte vor Ort wichtig. Soweit möglich, wird das wahrgenommen, ergänzt natürlich durch Videokonferenzen. Das hat im Alltäglichen vieles vereinfacht und führt darüber hinaus zu einem besonderen Mehrwert der analogen Treffen“, so Benjamin Blocher. Erik Schimkat ergänzt: „Um die Kommunikation lebendig zu halten, haben wir aktive Formate ins Leben gerufen, wie z. B. unser „Werkstattgespräch“. Hier transportieren wir projektunabhängige Themen und laden externe wie interne Mitarbeiter zu einer anschließenden Diskussion ein. Mit den „Lunchtalks“ bieten wir ein digitales Format für einen projektübergreifenden Austausch an. Und vor Corona gab es dreimal im Jahr ein Treffen für alle Mitarbeiter hier in Stuttgart. Denn sicher reisen einige Mitarbeiter viel, aber eben nicht alle. Daher ist es uns wichtig, die Menschen regelmäßig zusammenzuführen.“ Als kommunikatives „Basisrauschen“ unterhält das Büro außerdem ein Intranet mit täglichen News und Informationen für alle MitarbeiterInnen. Auch Erfolge, wie z. B. ein Wettbewerbsgewinn, werden hier gefeiert. Das alles sei kein Zwang, sondern ein Angebot und die Möglichkeit, den KollegInnen auf anderen Ebenen zu begegnen, macht Angela Kreutz deutlich. Denn so viele digitale Formate es geben möge, die bestmögliche Kommunikation findet einfach zwischen den Tischen im Büro statt, ergänzt Benjamin Blocher. Trotzdem hat die Corona-Pandemie bei blocher partners zu einem enormen Schub im Digitalen geführt. Abgesehen davon, dass es innerhalb von drei Tagen möglich war, den MitarbeiterInnen das Arbeiten von zuhause aus zu ermöglichen, wurden viele neue Tools, wie z. B. digitale Whiteboards, ausprobiert. Von MitarbeiterInnenseite wurde hier einiges an Input gegeben, so dass man vor allem testen, vergleichen und eine Auswahl treffen musste. Widerstände gegenüber diesen Tools oder Programmen waren im Team nicht zu spüren. Was den PartnerInnen darüber hinaus positiv auffiel, ist ein verändertes Verhältnis zum Bauherrn. Erik Schimkat sagt: „Es entwickelte sich ein größeres Nähebedürfnis zum Prozess, dass durch die co-kreativen Methoden befriedigt werden konnte – der Bauherr ist dadurch viel aktiver und kontinuierlicher in den Prozess eingebunden.“
TeilnehmerInnen blocher partners
Benjamin Blocher ist Architekt und bearbeitet vor allem die Hochbauprojekte des Büros, vom Städtebau bis zur Schnittstelle Architektur/Innenarchitektur.
Matthias Both ist Architekt und betreut Projekte durch alle HOAI-Phasen, insbesondere in den ersten Leistungsphasen Projektentwicklung und Wettbewerbe.
Angela Kreutz ist Sozialwissenschaftlerin und ausgebildete Redakteurin. Als PR-Profi verantwortet sie die strategische Unternehmenskommunikation und ergänzt darüber hinaus die Expertisen des Architekturbüros um Objektmarketing und Public Relations.
Anja Pangerl ist Architektin und Innenarchitektin. Sie arbeitet transdisziplinär mit allen KollegInnen aus der Runde zusammen.
Erik Schimkat hat Innenarchitektur und Conceptual Design/Design Research studiert und verantwortet den Bereich Design Strategie und Consulting.
Teilnehmer Allplan: Stefan Kaufmann hat Architektur studiert und ist über sein Interesse an digitalen Planungs- und Fertigungsprozessen zu Allplan gekommen. Dort arbeitet er seit über drei Jahren als Produktmanager BIM & neue Technologien.
Moderation: Katja Reich, Chefredakteurin DBZ