Digitalisierungspioniere an der TU München

Am 20. April hat das Sommersemester 2020 an der TU München begonnen. Anders als sonst sitzen die 42.000 Studierenden heute zu Hause vor ihren Laptops – in der Küche, am Schreibtisch, in Jogginghose… Normalerweise würden sich die Studierenden in die Hörsäle begeben, mittags die Mensa aufsuchen und sich gelegentlich mit ihren Kommilitonen auf einen Kaffee treffen.

Doch dieses Semester findet bis auf weiteres keine Präsenzlehre statt. Der Campus in derbInnenstadt ist wie leergefegt. Seit Mitte März findet auf allen Campus nur eingeschränkter Betrieb statt, um der Ausbreitung des Corona-Virus entgegenzuwirken. Die Entscheidung auf Online-Betrieb umzustellen, ist an der TU München sehr schnell gefallen: Rund eine Woche nachdem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder den Katas-trophenfall in Bayern ausrief, ging ein Rundschreiben vom Präsidenten der TU München Prof. Dr. Thomas Hofmann an die Lehrenden. Seitdem arbeiten die MitarbeiterInnen an der Umstellung und bereiten das Online-Semester vor.

Über regelmäßige Videokonferenzen, Online-Plattformen und Serverzugänge ist die Zusammenarbeit an den Lehrstühlen sehr lebendig. Das Team am Lehrstuhl für Energieeffizientes und Nachhaltiges Planen und Bauen, geleitet von Prof. Dr. Werner Lang mit Doris Eckert, Christine Hani und Dorothee Rummel (Lehrstuhl für Nachhaltige Entwicklung von Stadt und Land, TUM) arbeitet im Moment an der Lehrveranstaltung „TUM.stadt“.

Die Tandemvorlesung ist eine Lehrveranstaltung zum Thema Well-Being in der Stadt, deren Inhalte fakultätsübergreifend erarbeitet werden und die TU-weit besucht werden kann. Durch die Kombination aus asynchronen und synchronen Formaten können sich die Teilnehmer vorbereiten und das Wissen während einer Tandem-Diskussion – geführt von mehreren der vortragenden Experten – vertiefen. Hier soll vor allem der interdisziplinäre Austausch angeregt werden, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. „Wie können wir gemeinsam neue Wege finden, um dieses Großthema Stadt auf nationaler, aber auch auf internationaler Ebene voranzubringen – im Sinne einer gesunden Stadt, im Sinne einer lebenswerten Stadt, im Sinne einer attraktiven Stadt?“, so Prof. Dr.-Ing. Werner Lang. Ein aktiver Austausch über Foren und Videokonferenzen ist seit Beginn der Vorlesungsreihe ein wichtiger Bestandteil.

Vor einigen Monaten kam durch den Austausch verschiedener Lehrender die Idee des experimentellen Tandem-Formats auf. In verschiedenen Seminaren und individueller Vorbereitung entstanden die Inhalte der Lehrveranstaltung. Die technischen Grundlagen stellte die Hochschule über Schulungen zur Verfügung: Das Team von „ProLehre“ bietet Schulungen und Informationen zu Medien und Didaktik an.

Inhalte über didaktische Grundlagen, Videoproduktionen sowie Online-Kursgestaltungen und -Tutorials werden hier vermittelt. Wie bleiben die Studierenden aktiv und motiviert, wenn sie sich im Home-Office befinden? Wie tragen die DozentInnen einer Ringvorlesung am besten vor? Wie macht man Aufzeichnungen am besten zugänglich? Wie garantiert man den Informationsfluss unter allen Beteiligten?

Die neuen Umstände seit Beginn des eingeschränkten Zugangs an der TU München bringen neue Herausforderungen mit sich: Zugänglichkeit, Datenschutz, analoge Werkzeuge, individueller Austausch etc. Mit der Verfügbarkeit der Online-Formate folgt die Frage der Zugänglichkeit zu dem Angebot für die Studierenden. Viele DozentInnen nutzen bereits die Möglichkeit der synchronen und asynchronen Lehre, sodass Studierende in allen Zeitzonen das Lehrangebot nutzen können. Der Verleih von technischen Geräten für Studierende und MitarbeiterInnen wird ebenso angeboten. So sind gleiche Bedingungen für alle gewährleistet, um umfassend am Universitäts­leben teilhaben zu können.

Nun ist Digitalisierung an den Hochschulen nichts Neues. Der Prozess hat sich seit März 2020 jedoch beschleunigt. Die Digitalisierung ist eine Chance, um an Hochschulen räumliche Engpässe zu kompensieren. Die Koordinierung der Raumbelegungen an der TUM kann durch Online-Vor­lesungen entlastet werden und die DozentInnen können leichter auf zeitliche Wünsche der ZuhörerInnen eingehen. Auch die Digitalisierung von Literatur nimmt zu. Das elektronische Angebot häufig verwendeter Medien ist bereits gut aufgestellt. Für die spezielle Recherche bleibt jedoch der Gang in die Bibliothek unumgänglich.

Durch die Corona-Pandemie und die Einschränkungen, die diese für eine noch nicht absehbare Zeit mit sich bringen wird, machte die Digitalisierung an der TU München einen großen Sprung nach vorne. Viele Themen wie Zugänglichkeit, Datenschutz, die Digitalisierung analoger Medien und Austauschmöglichkeiten unter den Beteiligten rückten in den Fokus.

Über unterschiedliche Lernplattformen, digitale Lernmedien und interaktive Unterrichtsvarianten sind die Grundsteine der digitalen Lehre gelegt. Zu unterschätzen ist jedoch nicht die menschliche Komponente: Sich persönlich zu kennen, zu treffen, zu motivieren und voneinander zu lernen ist für eine Gemeinschaft, vor allem die einer Hochschule, essentiell. Der zwischenmenschliche Austausch ist vermutlich die einzige Thematik, die auch mit digitalen Medien nicht ersetzt werden kann. Gewiss werden sich in Zukunft neue Verhaltensweisen einstellen: Die Möglichkeit, physische Präsenz zu ersetzen, wird in Frage gestellt werden. Ein dauerhaftes Verbleiben in der aktuellen Home-Office-Situation bleibt jedoch – auch an den Hochschulen – unwahrscheinlich. Christine Hani

www.tum.de
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