Die Metamorphose eines Hochhauses
La Tour First, Paris/F

Im Oktober 2003 schrieb Cogedim im Auftrag von Axa einen internationalen Wettbewerb für die Renovierung und Adaptierung des UAP-AXA Hochhauses (oder CB31) an der La Défense aus, den die Londoner Niederlassung von Kohn Pedersen Fox Associates (KPF) zusammen mit ihren französischen Partnern SRA Architectes für sich entscheiden konnten.

Das ursprüngliche Hochhaus, das im Frühjahr 1974 nach einer vierjähriger Bauzeit fertig gestellt worden war, stammte von den Architekten Pierre Dufau, J.P. Dacbert und M. Stenzel und basierte auf einen dreiflügeligen Grundriss, wobei die drei rechtwinkligen, gleichhohen Flügel im Uhrzeigersinn und in einem Winkel von 120° zueinander gedreht waren.

Ziel des Wettbewerbs war neben der Entwicklung eines ansprechenden, architektonischen Konzepts die Vergrößerung der Büroflächen, die Anpassung des Gebäudes an die gesetzlichen und technischen Normen, die Adaptierung der Büros für heutigen Bürostandards, die Neuorganisation der Zugänge, des Empfangs und der öffentlichen Plätze und nicht zuletzt die Reduzierung der Betriebskosten.

Die beiden Teams konnten neben ihren eigenen Erfahrungen im Hochhausbau auch auf einer langjährige, gemeinsame Kooperation aufbauen, während der unter anderem die Hochhäuser Logica/CB 16 (Fertigstellung 2003) und Dexia/CBX (Fertigstellung 2005) – beide an der La Défense gelegen – entstanden. Der ursprüngliche Wettbewerbs­entwurf von 2003 wurde in den darauffolgenden zwei Jahren bis zur Einreichung der Baugenehmigung im Oktober 2005 grundlegend angepasst und erweitert.

Renovierung statt Abriss

Neben den funktionellen und technischen Unzulänglichkeiten stellten die asbesthaltigen Bauteile und der große Energieverbrauch des alten UAP-AXA Hochhauses die größten Probleme dar. Erst nach einer Vorbereitungszeit von einem Jahr, während der mit dem Abriss der asbesthaltigen Bauteile (insgesamt rund 60 000 m²) wie Estriche, Decken und Wände begonnen und die technische Gerätschaft vor Ort installiert wurde, konnte mit dem eigentlichen, 35 Monate dauernden Umbau der Gebäudestruktur begonnen werden.

Die Entscheidung für eine Renovierung des bestehenden Turms gegenüber eines Abrisses und Neubaus entstand auf der Basis verschiedener Kostenberechnungen wie der um etwa ein Jahr kürzeren Bauzeit, die sich durch die geschickte Koordination von gleichzeitigem Abriss und Umbau ergab. Zusätzlich konnte durch die Renovierung fast die komplette Betonstruktur konserviert und das Einbringen von neuem Beton auf ein Minimum reduziert werden. Nicht zuletzt war die Energiebilanz des Umbaus im Vergleich zu einem Abriss und Neu­bau besser.

Die Renovierung wurde erst durch eine Vielzahl technischer Entwicklungen der letzten Jahrzehnte möglich. So konnten zum Beispiel durch den Einsatz moderner Lifttechniken die Transportkapazitäten unter Beibehaltung der Liftanzahl, erhöht werden, was wiederum eine Aufstockung erlaubte. Gleichzeitig wurden durch die Optimierung der Haustechnik, der Lüftungsanlagen und der Computerinfrastruktur die Installationsschächte reduziert.

Neue Büros

Die Veränderungen im Bürobau in Richtung Großraumbüros mit vereinzelten Bürozellen und Sitzungsräumen erforderten auch eine grund­sätzliche Neuorganisation der Standardgeschosse. Die existierenden Geschosshöhen von 3,60 m konnten beibehalten, und zu Büroräumlich­keiten mit Raumhöhen von 2,75 m umgebaut werden. Im Fensterbereich wurden die abgehängten Decken auf ein Minimum reduziert, wodurch sogar Raumhöhen von 2,90  m erzielt und zusätzlich der natürliche Lichteinfall von Außen verstärkt werden konnte.

Die beidseitige Verbreiterung der Geschosse um 1,5 m schuf einerseits direkte Verbindungen zwischen den Gebäudeflügeln, ohne durch den Kern gehen zu müssen, und vergrößerte andererseits die Standard­geschosse auf über 1 700 m². Die Öffnung der 3 Stirnfassaden erlaubte nicht nur den zusätzlichen Tageslichteinfall, sondern auch die Gewinnung von neuen Arbeitsplätzen entlang der Fassade. Durch die Verlagerung der Fluchttreppen und Lastenlifte ins Zentrum des Kerns wurden letzterer funktionell, aber auch visuell zu den Büros hin geöffnet, was die Kommunikation zwischen den Büroflügeln fördert. Durch die zusätzliche Erneuerung, Verlegung und Neuorganisation der Installationsschächte und Toiletten wurde der Kern zusätzlich kompakter.

Durch den Abriss von Zwischendecken auf unterschiedlichen Etagen wurden Atrien geschaffen, die entweder als gemeinschaftlich nutzbare Räume gestaltet, oder von den verschieden­en Mietern als Empfangsbereich genutzt werden können, wodurch auch die Vermietbarkeit des Komplexes vereinfacht wird.

Zugänglichkeit

Besonderer Aufmerksamkeit galt der Neugestaltung des Eingang­niveaus auf der Höhe der Fußgängerplatte der La Défense und der gesamten Logistik auf dem darunter­liegenden Straßenniveaus. So wurde eine neue Fußgängerbrücke auf der Stirnseite des Südflügels, auf der Höhe der Fußgängerplatte zur neu gestalteten, doppelgeschossigen Empfangshalle gebaut. Von hier aus gelangt man nicht nur zu den Liften, sondern auch zu dem neu gebauten Betriebsrestaurant, dem Bistro, dem Café und dem Foyer des im ersten Untergeschoss liegenden Auditoriums. Die Umgestaltung dieses Geschosses inkludierte auch die Neugestaltung des Außenraumes, wie die Verbreiterung der Gehwege zum rückseitig gelegenen, ebenfalls neu gestalteten Place des Saisons und den umliegenden Gebäuden und die Schaffung von Sichtverbindungen zu den darunterliegenden Geschossen durch die Lufträume im Gebäudeinneren. Das niedrigerer, auf Straßenniveau liegende Geschoss wurde für die Zufahrt der Taxis und VIPs, der Garagenzufahrt, der Feuerwehrzufahrt, sowie der Anlieferung für die Küche und andere Funktionseinheiten adaptiert, wobei über die neu geschaffenen Lichthöfe und mehrgeschossigen Atrien natürliches Tageslicht in die Tiefgeschosse gelangt.

Neben der völligen Neuorganisation der Innenräume sollte sich das renovierte Gebäude durch den teilweisen Abriss und die gleichzeitige Aufstockung stärker von seinem Nachbarn, dem Elf-Hochhaus distanzieren und eine dynamische, elegante Ausstrahlung entwickeln. Die völlig neue, zum Teil zweischalige Glasfassade sollte nicht nur zu entscheidenden Energieeinsparungen führen, sondern das Design des Turmes unterstreichen. Die Verglasung der Stirnfassaden und die Abrundung der Gebäudeecken ermöglichen nicht nur mehr Tageslicht für die Bürobereiche, sondern nimmt dem gesamten Gebäude auch seine Massivität.

Weitere Informationen zur Umweltverträglichkeit-Zertifizierung HQEB (Haute Qualité Environnementale du Batiment) unter www.dbz.de ID 360238 zur Konstruktion auf S.52 dieser Ausgabe


Umweltverträglichkeit (Haute Qualité Environnementale du Bâtiment)

La Tour First ist gegenwärtig das größte Projekt in Frankreich, das die HQE-Zertifizierung erhielt. Das Hochhaus ist das erste einer neuen Generation von wirtschaftlichen Türmen, bei dessen Konzipierung es einerseits darum ging, den Energiebedarf zu senken und andererseits die nötige Energie besser einzusetzten.

Um den Energieverbrauch des Gebäudes zu reduzieren wurde eine Fassade verwendet, die die Überhitzung der Bürogeschosse vermeidet und damit den Einsatz von Klimaanlagen minimiert. Die Glasfassade des Tour First ist 34 166 m² groß, wovon etwas mehr als die Hälfte zweischalig und natürlich belüftet ausgeführt ist, was den Bedarf an einer zusätzlichen Klimatisierung um 50 % reduzierte.

Das Gebäude ist von einer ersten Fassade aus hocheffizientem Isolierglas eingehüllt um die sich wiederum eine zweite Fassade, bestehend aus einer Einscheibenverglasung stülpt. Diese Art Schild wurde aufgrund verschiedenen Sonnenstudien und der Ausrichtung der einzelnen Flügel zur Sonne hin an unterschiedlichen Stellen angebracht. Gemäß dieser Studien verändert es seine Form von Sokkel bis zur Spitze. Der Luftraum zwischen den beiden Fassaden beträgt 120 mm und dient primär als zusätzliche termische Isolierung. Auf der Innenseite gibt es Rollos, die zental gesteuert werden. Durch den Einsatz von Isolierglas und die Vermeidung von Wärmebrücken konnte der Bedarf an Heizenergie um 80% gesenkt werden. Die Öffnung der Stirnfassaden und die Vergrößerung des Glasanteils führt zu einer Reduktion des Gebrauchs von künstlichem Licht. Nicht zuletzt wurde versucht durch die bewusste Verwendung heller Farben für Decken, Fußböden und Wände die Reflexion des natürlichen Tageslichts im Inneren zu verstärken. So konnten gegenüber den HQE Vorgaben im Bereich der Gebrauchs künstlicher Belichtung der Verbrauch um 30 % reduziert werden, die Verbrauch von Kühlenergie um 18,8 % gesenkt werden und der Wärmeverlust um 15,5 % unterschritten werden.

Das französische Umweltverträglichkeitszertifikat  HQEB analysiert und beurteilt die Qualitäten eines Bauwerks aufgrund von 14 Punkten. Dabei geht es unter anderem um Umweltqualitäten wie die Einbettung des Gebäudes in seine Umgebung, die Wahl der Baustoffe und der Konstruktionssysteme, die Lärmbelastung durch die Baustelle, die Handhabung der Baustellenabfälle, oder den Energie- und Wasserhaushalt des Gebäudes, sowie die Wartungs- und Betriebskosten.

Um das Zertifikat zu erhalten, muss sich das Gebäude in 3 Punkten als sehr leistungsfähig und in 4 Punkten als leistungsfähig erweisen. In 7 Punkten sollen zumindest Grundansprüche erfüllt werden. Das Hochhaus First steigert die erforderlichen Leistungen: In 6 Punkten erweist es sich sehr leistungsfähig, in 4 Punkten als leistungsfähig und in 4 Punkten erfüllt es die Grundansprüche. Es wird vor allem in den Bereichen der Einbindung in seine Umgebung, der gesamten, mit der Bauprozess zusammenhängenden Randbedingungen und in seiner Wartung und den Betriebskosten als sehr gut beurteilt.

Die ausgezeichnete Note bezüglich seiner Energiebilanz hängt auch mit der Diversivizierung der Energieproduktion zusammen. So gibt es neben dem Anschluss an das städtische Energienetz auch ein gebäudeinternes Gasheizkraftwerk, sowie eine Wärmepumpe um das städtische Netz während der Spitzenverbrauchszeiten zu entlasten.
Durch die verschiedenen energiesparenden Massnahmen, konnte trotz der Vergrößung der Nettofläche von 79 000 m² auf 86 700 m² und der Nutzfläche von 67 000 m² auf 79 000 m² der Energieverbrauch des ursprünglichen Gebäudes von 400 KWH/m²/Jahr auf 100 KWH/m²/Jahr reduziert und sein CO2 Verbrauch um 50 % gesenkt werden. Das architektonische und technische Konzept, sowie die technische Ausstattung des Hochhauses führt zu netto Betriebskosten von 50 €/m².

La Tour First ist im Bereich der Renovierung von Hochhäusern richtungsweisend. Einerseits ruft er die Problematik der asbestverseuchten Hochhäuser der 1960er und 1970er Jahre in Erinnerung. Andererseits zeigt er aber auch auf, dass die Renovierung dieser Gebäude durch eine behutsame und gut geplante Logistik möglich ist und der Abriss und Neubau nicht die einzigen Alternativen sind.

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