Deutsche Botschaft Wien. Ein Neubauwettbewerb
www.bbr.bund.de, schulz-und-schulz.com

Es ist schon länger beschlossene Sache: Der Botschaftsbau in Wien, Ergebnis eines „Bauwettbewerbs zur Erlangung eines Vorentwurfs“ wie es 1959 noch hieß, muss weg. Das Gebäudeensemble, das Rolf Gutbrod (gleichwertig ausgezeichnet wurden noch Sep Ruf und Alexander Freiherr von Branca) in den frühen Sechzigern sehr zeittypisch realisierte, sollte zunächst noch erhalten werden. Für die nötige Sanierungsarbeit und kleinere Umbauten wurde 2007 ein Wettbewerb durchgeführt und juriert. Acht Jahre später wurde erneut ein Wettbewerb vom zuständigen Ministerium ausgelobt und im April 2016 nun entschieden. Wesentliche Änderung der Auslobung: Der Gutbrod-Bau wird ersetzt.

Gründe seien, so das Ministerium auf Nachfrage, dass man unter den „Gesichtspunkten der Sachgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit [...] keine ernsthaft andere Wahl [hatte], als sich für Rückbau und Neubau zu entscheiden“. Noch ist der Bestand an der Metternichgasse in Google-Maps sichtbar, ein Ensemble aus drei Gebäudegruppen, die gemeinsam einen Terrassenhof umschließen. Das Kanzlei- und das Residenzgebäude sind hier als zwei sich berührende Winkelbauten gut erkennbar. Die Fassaden der Volumen sind mit Werkstein, Muschelkalk- und Quarzitplatten ausgeführt, schmale Fensterbänder und fast schon monumental wirkende Fensterflächen durchbrechen diesen massiven Materialmix und konturieren die Volumen zu immer neuen Ansichten. Die überwiegende Farbigkeit ist für die Zeit typisch zwischen Grau und Schwarz recht eng gefasst.

Nun der Wettbewerb aus dem letzten Jahr, den die Jury unter Vorsitz von Tobias Wulf aktuell so entschied: ein erster Preis, drei dritte Preise und zwei Anerkennungen. Den ersten Preis konnte Schulz und Schulz Architekten GmbH, Leipzig, mit DÄRR Landschaftsarchitekten, Halle (Saale) für sich ausmachen. Die Jury würdigte vor allem die Entwurfsidee einer offenen „Beletage“, die die Räume der Botschaft mit dem kleinen Grün vor dem Haus verwebt. Die Jury stellte diesen Entwurfsaspekt besonders heraus, markiere er doch ein offenes, mit seiner Umgebung in Kontakt tretendes Haus, welches die im Wettbewerbsverfahren geforderten hohen Sicherheitsanforderungen nicht zum Ausdruck der Architektur werden lässt. Wie man dennoch hochrangige Gäste gegen mögliche Angriffe schützen will, das wird in der Nacharbeit möglicherweise zur Herausforderung.

Der robust elegante und zugleich zweckmäßig klare Entwurf aus Leipzig besitzt eine unverbindliche Zeitlosigkeit, die konträr zum Zeitgeistigen des Gutbrod-Baus steht, was am Ende wohl auch zum Wettbewerbsgewinn geführt hat. Dass der Neubau eine Architektur verdrängt, die in der Auslobung zum Sanierungswettbewerb 2007 noch als ein „wertvolles Beispiel der Architektur der 1960er Jahre“ bezeichnet wurde, wirft dann ein nicht so gutes Bild auf die Position, die der Bund nachdrücklich auf allen relevanten Veranstaltungen zum Bauen vertritt: Erhalt vor Abriss! Ach ja, in Wien hatte der Bauherr „keine ernsthaft andere Wahl“. Be. K.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 12/2014

Am Gutbrod arbeiten: Kunstgewerbemuseum eröffnet www.kuehnmalvezzi.com, www.smb.museum

Einem Bau an prominenter Stelle verzeiht man seine „funktionalen Defizite“ weniger leicht, wenn er von Anfang an und bis heute negativ rezipiert wird. Schwingen dagegen Architektenname,...

mehr

Auslobung

BDA Preis Niedersachsen 2012

Der Landesverband Niedersachsen des Bundes Deutscher Architekten (BDA) lobt 2012 zum 14. Mal den BDA Preis Niedersachsen aus. Diese Auszeichnung wird alle drei Jahre für beispielgebende...

mehr

Neubau des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Berlin

Ortner & Ortner Baukunst hat im wettbewerblichen Gutachterverfahren den 1. Preis für den Neubau der Bundesvorstandsverwaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Berlin erhalten

Noch steht das Gewerkschaftshaus der DGB aus dem Jahre 1964 im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Doch Anfang 2018 wird im Rahmen der Neustrukturierung und Optimierung der Grundstücksnutzung die...

mehr

best architects

Ausstellung und Werkbericht am 19. Juni 2009, Düsseldorf

Die prämierten Beiträge zum „best architects 09“-award werden der Öffentlichkeit in einer Ausstellung präsentiert, die am 19. Juni 2009 in Düsseldorf eröffnet wird. Bei dem zum dritten Mal...

mehr

Auslobung thomaswechspreis 2018

Der thomaswechspreis ist der regionale Architekturpreis für Schwaben und wird alle drei Jahre vom Bund Deutscher Architekten BDA / Kreisverband Augsburg- Schwaben ausgelobt. Bereits zum 9. Mal...

mehr