Bauwirtschaft und Megatrends

Wer wollte nicht wissen, wo, wie viel und was wir in den nächsten zehn Jahren bauen werden? Oder worin sich Bauherrennachfrage und Bedarf 2030 von der heutigen Situation unterscheiden? Wie die Energiewende Einfluss nimmt auf Faktoren wie Graue Energie, Zirkularität und Recycling am Bau, oder wie sich die Bauprozesse technologisch entwickeln, wie modulares Bauen und Vorfertigung, wie Baulogistik und Baustelle? Oder auch, wohin es gehen wird mit der Digitalisierung und wie sie sich auswirken wird auf Planung und Bau, Distribution, Logistik und Marketing? Es gibt Unternehmen, die diese Megatrends erforschen, aber Forschung kostet. Wer detailliertes Zahlenmaterial und Hintergründe zu den genannten Großtrends haben möchte, der muss für die Studie „Mega­trends am Bau 2030“ 1 250 € zzgl. MwSt. bezahlen. Aber vielleicht geht es auch ohne; die Verfasserin der Studie, die Düsseldorfer BauInfoConsult GmbH, lockt mit ein paar Spotlights, die selbst und für sich genommen schon recht spannend sind.

Eine Grundtendenz konnten die ForscherInnen festmachen: Das Bauen soll „grüner, digitaler und vernetzter“ werden. Zudem sehen sie die Bauwirtschaft aktuell in einer guten Ausgangslage. Sie gehöre zu den Wirtschaftszweigen, die unter der Coronakrise mit am wenigsten zu leiden haben. Der Bevölkerungsrückgang, der durch den demografischen Wandel zwar langfristig unvermeidlich sei, werde aber bis 2030 durch Migrationseffekte überlagert. Dementsprechend werde die Wohn- und Baunachfrage nicht kleiner werden; auch weil man immer noch davon ausgeht, dass die Zahl der kleinen Haushalte weiter zunehme.

Die StudienverfasserInnen sehen Entspannung in den Metropolen am Wohnungsmarkt bis 2030, dafür zögen die Wohnungsmärkte an neuen Standorten deutlich an. Potenzial sieht die Studie insbesondere bei zunehmenden energetischen Sanierungsarbeiten und Modernisierungsaufgaben hinsichtlich dem Ausbau der Barrierefreiheit.

Im Rahmen der Energiewende sind im kommenden Jahrzehnt die regenerativen Energieträger unweigerlich auf dem Vormarsch, hier wird sich vor allem das schon einmal totgesagte Solarenergiesegment bis 2030 überdurchschnittlich entwickeln, intakte Lieferketten vorausgesetzt. Neben dem Fokus auf Energieeffizienz und Verbrauchsreduzierung bei der direkten Gebäudebetriebsenergie wird sich als zentrales Zukunftsthema die „graue Energie“ in allen Bewertungssystemen behaupten. Dieser Energiekennwert markiert 40–50 % des Gesamtenergieverbrauchs. Zudem wird man an ihm nicht vorbei kommen, da ohne seine Berücksichtung die für 2050 anvisierte Ziele eines CO₂-neutralen Gebäudebestands nicht erreichbar sein werden. Die StudienverfasserInnen gehen davon aus, dass das Thema „Graue Energie“ sich in den gesetzlichen Anforderungen an das Bauen und an Baumateria­lien niederschlagen wird – hier sieht man die Hersteller im Vorteil, die bereits vorausschauend die eigenen Materialgewinnungs- und Produktionsprozesse sowie die Transportwege so energieschonend wie möglich umgestaltet haben.

Als weitere Megatrends beim Bauen macht die Studie das modulare Bauen aus, eine Bauproduktion, die in Deutschland noch vergleichsweise wenig verbreitet sei. Natürlich haben sie – auch im Kontext des Zuvorgenannten – Stichworte wie Integrale Planung, BIM, Blockchain, smarte Lieferketten, KI & Co im Visier. Sie gehen davon aus, dass bis 2030 integral geplante und realisierte Bauprojekte bereits verstärkt zur gelebten Baupraxis gehören. Auch Fortschritte bei der künstlichen Intelligenz (KI) sieht man: So sollen vorausschauende KI-Anwendungen bei der Clash-Detection (Kollisionskontrolle) im Bauprozess, aber auch als Unterstützung für die Gebäudekalkulation auf deutschen Baustellen immer mehr Einzug halten. Auch für Robotik am Bau sieht man noch viel Luft nach oben.

Trotz allem wird aus Sicht der Studie die Bauwirtschaft bis 2030 noch zweigleisig fahren: Die alte „analoge“ Bauwelt bleibt parallel zu der immer deutlicher zutage tretenden digitaleren Entwicklung vielerorts noch weiter bestehen.

Die Studie schließt u.  a. mit dem eher ernüchternden Fazit, dass einige der identifizierten, innovativen Entwicklungen bereits jetzt schon Realität sein könnten, wenn genügend Firmen die technischen Grundbedingungen dafür bereits implementiert hätten.

Das Bild der Bauwirtschaft im Jahr 2030, das in der Studie „Megatrends am Bau 2030“ entworfen wird, basiert auf unterschiedlichen Quellen. So haben sich einige der baurelevanten Megatrends und Entwicklungslinien schon seit Jahren in der Marktforschungspraxis von BauInfoConsult abgezeichnet. Dazu kommen zahlreiche Hinweise aus eingehenden Tiefeninterviews eines Expertengremiums mit verschiedenen Marktakteuren und Brachenkennern, die aus unterschiedlichen Bereichen und Perspektiven die Bauzukunft bis zum Jahr 2030 analysieren. Relevante Mega-trends oder eher die Beschreibung einer Erwartungshaltung? Wir werden sehen. Be. K.

www.bauinfoconsult.de
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