(BGH, Urteil vom 11.7.2019 – VII ZR 266/17)

Baukostenobergrenze in RBBau – Vertragsmuster ist wirksam!

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in folgendem Fall mit der Einstufung einer Baukostenobergrenze in den RBBau Vertragsmustern des Bundes zu tun und diese als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) und auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

Geklagt hatte ein Verein, der sich für die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen von freien Architekten einsetzt. Gegenstand der Klage war eine Klausel im Vertragsmuster des RBBau zur Baukostenobergrenze. Ziffer 5.3.1 des angegriffenen Vertragsmusters sah beispielhaft (nachfolgend für die Objektplanung) folgende Baukostenobergrenze vor:
 
"Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von ... Euro brutto/Euro netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach DIN 276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der ES-Bau/KVM-Bau/HU-Bau/AA-Bau erfasst sind. Der Auftragnehmer hat seine Leistungen so zu erbringen, dass diese Kostenobergrenze eingehalten wird." 
 
Der klagende Verein war der Auffassung, diese Klausel sei eine AGB und darüber hinaus unwirksam, da sie den Vertragspartner (hier den Architekten) unangemessen benachteilige. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg. Auch die Revision vor dem BGH brachte keine Wende. Die angegriffene Klausel sei keine AGB und unterliege darüber hinaus auch keiner Inhaltskontrolle nach der die Klausel unwirksam sein könnte. Dies wurde wie folgt begründet:
 
Die Klausel ist – obwohl sie im Kerngerüst für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert ist – in der wesentlichen Vereinbarung – dem Einsatz der genauen Baukosten – offen und der Verhandlung der Parteien überlassen. Die Klausel ist daher schon gar nicht als AGB zu qualifizieren. Darüber hinaus würde die Klausel aber auch keiner Inhaltskontrolle unterliegen, weil mit dieser unmittelbare Hauptleistungspflichten des Architekten geregelt werden und diese von einer Inhaltskontrolle ausgenommen sind. Unmittelbare Hauptleistungspflichten sind dann anzunehmen, wenn ohne deren Vorliegen ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann. Hierzu gehören sämtliche Vereinbarungen der Parteien zur Beschaffenheit der vom Architekten zu erbringenden Leistungen, hier der Planungs- und Überwachungsziele. Die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze stellt regelmäßig eine solche Beschaffenheitsvereinbarung dar, vgl. schon BGH, Urteil vom 21.3.2013 - VII ZR 230/11. Solche Klauseln sind also von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Nach dem Grundsatz der Privatautonomie können die Vertragsparteien hier frei die entsprechende Leistungspflicht ausgestalten.
  Für Architekten bedeutet dies zunächst, dass die Regelungen zur Baukostenobergrenze in den Vertragsmustern des RBBau wirksam sind. Bei der zukünftigen Vertragsgestaltung sollte indes eine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung zu den Baukosten vermieden werden oder aber eine für beide Seiten ausgewogene Regelung getroffen werden. Denn man könnte schon an der Ausgewogenheit der nunmehr „abgesegneten“ Formulierung zweifel.

 

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