Ausgezeichnet
produzieren
NiroSan Multifit, Großharthau-Schmiedefeld

Das Produktionsgebäude für einen Hersteller von Edelstahl-Fittingen in Großharthau-Schmiedefeld nahe Dresden beweist, dass sich Ökologie und Ökonomie nicht im Wege stehen müssen. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zeichnete es dafür aus mit dem Gütesiegel in Gold.

Zusammen mit dem Bauherrn entwickelt Architekt Michael Juhr zu Anfang eines Planungsprozesses die genaue Bedarfsermittlung, bei der sie die Aufgabendefinition und die Zielparameter konkret festgelegen. Architekt und Bauherr erarbeiten dabei fünf bis sechs Hauptkriterien und gewichten sie. So haben die Planer einen Anhaltspunkt für die Ausrichtung ihrer Arbeit und der Bauherr erhält eine wichtige Grundlage zur Nutzwertanalyse.

In Schmiedeberg war die Einhaltung des Termins das oberste Ziel, gefolgt von der Senkung der Betriebskosten. „Wir erarbeiten drei Varianten, die wir dem Bauherrn vorstellen“, erklärt Michael Juhr
das weitere Vorgehen. „Die drei Varianten benoten wir dann auf der Grundlage der Kriterien. So bekommt der Kunde ein Gefühl für die optimale Lösung.“

Formgebende Produktionsabläufe

Bevor die Varianten erarbeitet werden, untersuchen die Architekten exakt die Produktionsabläufe, die in dem Gebäude stattfinden werden. „Wir entwickeln ein Gebäude in jedem Fall von innen nach außen. Das hat vorerst allein mit der Geometrie zu tun und wie groß das Gebäude wird.“ Durch die Optimierung der Produktionsabläufe könne man schnell 20 bis 30 % der in Ansatz gebrachten Flächen reduzieren, was sich positiv auf die Investitions- und Betriebskosten auswirke. Wichtiger als die Gestaltung sei es in diesem Stadium, dem Bauherrn die Sicherheit zu geben, dass die Funktionalität gewährleistet sei und dass die Termine und Kosten eingehalten werden. „Dann sind die Bauherren sehr häufig bereit, sogar ein bisschen mehr Geld auszugeben, um uns bei der Gestaltung zu unterstützen“, weiß Michael Juhr aus Erfahrung.

Die Grundrissgestaltung folgt dem Prinzip des logistischen U’s. „Wir gestalten eine Produktion so, dass sie dem Produkt folgt“, erklärt Michael Juhr. Das fertige Produkt verlasse das Gebäude nach einem kontinuierlichen Materialfluss dort, wo das Material angeliefert worden sei. Weiter berücksichtigt die Planung, dass die Produktionskapazität über vier Jahre verteilt von 2,5 auf 10 Millionen Fittinge gesteigert werden kann und dass Maschinen nachträglich in den Prozess integrierbar sind. Zuletzt ist das Gebäude so angelegt, dass es als Ganzes - gespiegelt - zu einem späteren Zeitpunkt den benachbarten Altbau ersetzen kann.

Energie- und Kostenoptimiertes Planen und Bauen

Das Tragwerk bildeten die Architekten als F30-Konstruktion aus und sparten so die Kosten für eine Sprinkler- und Brandmeldeanlage. „Holz bekommt man sehr schnell in eine Brandsicherheitsklasse
eingestuft“, erklärt Michael Juhr. Das Tragwerk aus Holzfachwerk-
trägern ist geringfügig überdimensioniert, so dass es trotz Abbrand die Lasten aufnimmt; die Unterspanngurte aus einem TKS-Stahl
weisen auch ohne Brandschutzanstrich eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten auf.

Die Energieoptimierung ist hier weniger ein ideologischer Ansatz als vielmehr eine Rechenaufgabe. Die Bebauung des Grundstücks
in einer Auenlandschaft unterlag strikten Auflagen hinsichtlich der Emissionen. Die Anlagentechnik wurde so aufgerüstet, dass sie das verwendete Wasser vollständig gereinigt in den Fluss zurückführt. Das Sammeln und der Transport für Abwässer entfallen.

Im Winter kommt das Gebäude ohne zusätzliche Heizung aus, denn es nutzt die Maschinenabwärme. Ein Wärmetauscher überträgt die Wärme vom Maschinenöl auf die Fußbodenheizung. Im Sommer kühlt das Flusswasser in einem zentralen Wärmetauscher den Kreislauf der Fußbodenheizung, bei Bedarf zusätzlich die Maschinen. Grundlage für die Entnahme und die Rückfuhr von Wasser aus dem Fluss waren Umweltgutachten, die belegten, dass der Eingriff keine negativen Folgen auf den Fisch- und Pflanzenbestand haben wird.

Für die Mitarbeiter im Betrieb wirkt sich diese Art der Temperaturregelung positiv aus, denn durch große kühlende oder wärmende Fläche entstehen nur geringe Luftgeschwindigkeiten, so dass kein Zug zu spüren ist – besonders wichtig bei der Arbeit an Wärme
abstrahlenden Maschinen. Der Krankenstand reduzierte sich nachweislich.

Ebenso positiv wirkt sich das Belichtungskonzept auf die Arbeits-atmosphäre aus. Die dimmbaren Leuchten in den verschiedenen Leuchtengruppen sind über Sensoren gesteuert, die je nach Tageslichtverhältnissen die entsprechenden Programme einstellen. Die
zunächst höhere Investition soll sich in sofort messbaren Kostenreduzierungen bemerkbar machen, der Return on Investment läge schnell bei zwei Jahren. Die Gold-Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen belegt dem Bauherrn, dass die Rechnung mit den Mehrinvestitionen an der richtigen Stelle aufgeht. Christiane Niemann, Hamburg

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