Verleger Michael Voss

DBZ hat eine sehr gute Marktposition

Im Gespräch mit DBZ-Chefredakteur Michael Schuster

Michael Voss,
Inhaber des Bauverlags
Foto: Bauverlag
Michael Voss,
Inhaber des Bauverlags
Foto: Bauverlag

Michael, Du warst 49 Jahre alt, als Du den Bauverlag gekauft hast und Unternehmer wurdest. Warum erst so spät?

Michael Voss: Ich hatte zuvor sehr viele spannende Jobs, lange Zeit im Bertelsmann-Konzern, auch bei Ringier und als Berater. Ich konnte mir immer vorstellen, selbst Unternehmer zu werden, aber mir war wichtig, Kompetenzen aufzubauen, das entsprechende Handwerkszeug zu beherrschen und zu wissen, was zu tun ist. Plötzlich ergab sich die Gelegenheit – und ich empfand das als den richtigen Moment.

Du hast als Berater für GMT den Bauverlag analysiert. Wie kam es dazu, dass Du damals 100 Prozent der Gesellschaftsanteile von der britischen Private-Equity-Gesellschaft GMT Communications Partners, London erworben hast?

Ich würde sagen, es war eine Kombination aus glücklicher Fügung und starker Überzeugung. Ich habe damals als Berater für Schickler gearbeitet und auf diese Weise den Bauverlag kennengelernt. Dadurch wusste ich also, welche Stärken, Schwächen und Perspektiven das Unternehmen hat und auf was ich mich einlasse.

Ein Unternehmen zu kaufen, ist was anderes, als einen Job zu wechseln. Schlaflose Nächte hattest Du nicht?

Nein, und das hat sicher mit meiner Mentalität zu tun. Ich bin generell kein ängstlicher Mensch, und in diesem Fall kamen drei Dinge zusammen: die Chance, jetzt tatsächlich Unternehmer zu werden bei einem Verlag, den ich fundiert einschätzen kann und wo mein Handwerkszeug genau passt. Hinzu kommt, dass ich auch als Manager stets sehr frei arbeiten konnte. Bei Gruner+Jahr und auch bei Ringier wurde das Prinzip „Unternehmer im Unternehmen“ gelebt. Um es kurz zu sagen: Ich würde den Schritt immer wieder gehen.

Welche Erfahrung aus Deinem früheren Manager-Leben betrachtest Du auch als Unternehmer oder Verleger als unverzichtbar?

Analytische Schärfe in der Bewertung des eigenen Unternehmens und der Märkte sowie eine daraus abgeleitete Strategie. Niemals zufrieden zu sein und den Stein immer wieder umzudrehen, gehören dazu.

Der Bauverlag befasst sich mit Architektur und Bauwirtschaft, ist dort stark verankert. War Dir die Branche vertraut – und vor allem: Welche Rolle hat sie für Deine Entscheidung gespielt?

Ich habe tatsächlich eine ausgeprägte Affinität zu allem, was mit Bauen und Ästhetik zu tun hat. Hätte ich in meinen jungen Jahren nicht BWL studiert, wäre meine Wahl auf Architektur gefallen. Später, während meiner Zeit als Medienmanager, habe ich einige Immobilienprojekte selbst entwickelt und umgesetzt. Dieser Hintergrund hat meine Lust auf den Einstieg beim Bauverlag zusätzlich gesteigert. Aber bei aller persönlichen Leidenschaft ist entscheidend, die unternehmerischen Chancen rational abzuwägen. Zwei Gründe waren dann ausschlaggebend. Erstens: Die Bauwirtschaft ist eine potente, zukunftsträchtige und gesellschaftlich wichtige Branche. Auch wenn wir uns derzeit in herausfordernden Zeiten befinden, wird der Bedarf z. B. nach Wohnraum in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Zweitens: B2B-Medien im Bauwesen sind aus meiner Sicht nicht so stark und so schnell von disruptiven Prozessen betroffen wie andere Segmente und Industrien. Wir haben also noch die nötige Zeit, darauf zu reagieren und die Transformation mit ruhiger Hand zu gestalten.

Wie bekommt man den Bauverlag, Deutschlands größten Herausgeber von Baufachzeitschriften mit 120 Mitarbeitenden und 18 B2B-Marken, „unter einen Hut“?

Ich bin ein sehr klar strukturierter Mensch. Für den Bauverlag haben wir vier strategische Felder definiert: Marktanteile ausbauen und in jedem tätigen Markt die Nummer Eins oder Zwei bleiben oder werden. Ausbau von Digitalisierung und Diversifikation, um noch wettbewerbsfähiger zu sein. Prozesse und Strukturen verändern, die zuvor teilweise verkrustet und zu langsam waren. Außerdem kümmern wir uns intensiv um Unternehmenskultur und Employer Branding, hier gab es durch die konzerngeprägte Vergangenheit bei Bertelsmann und durch das Private-Equity-Unternehmen GMT deutlichen Veränderungsbedarf. Die Antwort in einem Satz: Man muss einen Plan haben.

Im Dezember jährt sich Dein Einstieg beim Bauverlag zum fünften Mal. Was ist für Dich das bislang größte Learning?

Klingt vielleicht banal, aber ist so: Der Erfolg eines Verlags hängt ganz entscheidend von der fachlichen Kompetenz und der Loyalität der Menschen ab, die für ihn arbeiten. Das gilt für die Geschäftsleitung ebenso wie für die übrige Belegschaft. Die richtigen Mitarbeiter zu finden und zu binden, ist gerade in Zeiten eines engen Arbeitsmarkts eine der größten Herausforderungen für uns.

Welche Entscheidung, auf den Bauverlag bezogen, würdest Du rückblickend heute anders treffen?

Ehrlich gestanden: Keine. Natürlich macht man nie alles richtig, aber die grundsätzliche Entwicklung des Unternehmens ist hervorragend. Wir haben ganz viele Dinge absolut richtig gemacht. Ich bin sehr stolz auf das ganze Team.

Bei einem Management-Buy-in, wie in Deinem Fall, bist Du der Neue im Unternehmen. Worauf ist besonders zu achten, um Personal, Firmenkultur, Wettbewerbsfähigkeit nicht zu beschädigen?

Ich bin gut damit gefahren, die identifizierten Schwachstellen schnell anzugehen und auszumerzen. Es hilft niemandem, unangenehme Themen aufzuschieben oder mit der Salami-Taktik vorzugehen. Ich kann aus meiner Erfahrung nur empfehlen, ehrlich, klar und transparent zu kommunizieren.

Was entgegnet man als Geschäftsführer und Gesellschafter des Bauverlags, wenn man mit der Aussage „Print stirbt“ konfrontiert wird?

Nun, die Aussage ist grundsätzlich nicht falsch. Wenn ich meine beiden Söhne betrachte – sie sind 15 und 17 Jahre alt – werden sie wahrscheinlich niemals in ihrem Leben eine Print-Publikation in die Hand nehmen. Daher müssen sich alle Verlage darauf einstellen, dass dieser Moment kommen wird. Die wesentliche Frage ist doch aber, wie lange dieses noch dauern wird. Im Falle der DBZ ist die Relevanz von Print aktuell sehr hoch. Leser und Nutzer der DBZ sowie auch Industriepartner vertrauen der DBZ in gedruckter Form. Was ist der Vorteil von Print? Leser wissen, wo der Anfang und wo das Ende ist. Man verliert sich nicht in der Unendlichkeit der Informationen. Leser vertrauen, dass die Redaktion für sie das Wichtigste zusammengestellt hat. Print ist immer noch stark zur Markenbildung.

Welches sind für den Bauverlag die größten Herausforderungen in den nächsten Jahren?

Diese Antwort schließt sich grundsätzlich an die vorherige an. Die Transformation aller unserer Marken in die digitale Welt ist die größte Herausforderung. Mitarbeiter müssen bei dieser Reise mitgenommen werden. Technologie spielt eine entscheidende Rolle.

Die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz haben zudem einen elementaren Einfluss auf das Geschäftsmodell von Verlagen. Wenn Inhalte nicht mehr geschützt sind und Maschinen in Sekunden Fachwissen zusammenstellen, ist geistiges Eigentum in Gefahr. Hier braucht es auf rechtlicher Ebene Rahmenbedingungen, sonst ist Journalismus nicht mehr bezahlbar. Eine große Gefahr auch für die Rolle des Journalismus in der Demokratie.

Wie siehst Du die Zukunftschancen des Bauverlags und im speziellen für die DBZ?

Wir feiern den 70. Geburtstag der DBZ. Deshalb möchte ich gerne zur DBZ antworten und ein wenig von den großen Gefahren des Journalismus weggehen. Die DBZ hat eine sehr gute Marktposition und ein exzellentes Image. Die DBZ zeichnet sich durch fundierten Journalismus und hervorragend vernetzte Redakteure aus. Ich sehe eine besondere Stärke der DBZ in der Nähe zur Praxis. Die DBZ verliert sich nicht in der Theorie, sondern ist nah an seinen Lesern und Nutzern. Die DBZ zeigt einerseits die Architektur von Morgen, vergisst aber dabei nicht, was heute wichtig ist. Eine Besonderheit liegt auch in der Dualität der Zielgruppen; nicht allein Architekten, sondern auch Bauingenieure. Ich freue mich sehr auf die Jubiläumsausgabe zum 100. Geburtstag. Dann bin ich 94 Jahre alt.

Was wünschst Du der DBZ zum Siebzigsten und welches Geschenk gibt es für die DBZ?

Ich wünsche der DBZ viele spannende Projekte in der Bauwirtschaft. Diese sind Antrieb und Motivation für alle, die an der Marke DBZ arbeiten. Persönlich hoffe ich sehr auf eine weiterhin enge Beziehung zu unseren Partnern in den Büros und in der Industrie. Ich freue mich sehr auf die weiterhin inspirierende Zusammenarbeit mit dem BDB, die ich für ausgesprochen wichtig erachte.

Was kann man der DBZ schenken? Ich schenke der DBZ ein neues Kind! Wir beide, lieber Michael, schenken unseren Lesern, Nutzern und allen Partnern das neue Produkt DBZlab, das 2024 ganz besonders die junge, innovative Zielgruppe von Architektinnen und Bauingenieuren ansprechen wird.

Interview: Michael Schuster/DBZ

„Was ist der Vorteil von Print? Leser wissen, wo der Anfang und wo das Ende ist. Man verliert sich nicht in der Unendlichkeit der Informationen. Leser vertrauen, dass die Redaktion für sie das Wichtigste zusammengestellt hat.“
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