Michael Anhammer: DBZ 70 Jahre Statement

Herr Anhammer, worin liegt Ihrer Meinung nach die besondere Relevanz der DBZ?

Generell bietet Print eine Qualität der Reflexion, die ich Online so nicht finde. Denn nur weil ich Informationen zu einem Gebäude überall und jederzeit abrufen kann, heißt das ja nicht, dass ich dadurch ein fundiertes Wissen bekomme. Man erhält hierbei lediglich einen ersten Eindruck von dem jeweiligen Projekt, aber die Einordnung fehlt. Deswegen bleibt das auch nicht im Gedächtnis; denn so schnell, wie ich einen Onlineartikel gelesen habe, so schnell habe ich ihn auch wieder vergessen. Wenn ich ein von Experten kuratiertes Fachmagazin in die Hände nehme, ist das ganz was anderes. Dort finde ich ein durchdachtes Konzept mit sorgfältig recherchierten Beiträgen. Solche Hefte dienen dem Zweck, die Gedanken der Planer zu sortieren. In diesem Sinne erachte ich die Berichterstattung eines solchen Fachmagazins für überaus wertvoll.

Welche Erkenntnisse haben Sie durch den Dialog mit den Redakteuren gewonnen?

Durch den Austausch erhielten wir die Möglichkeit, unsere eigene Arbeit in der Retrospektive zu betrachten. Außerdem haben wir durch die Gespräche mit der Redaktion interessante Einblicke zu den Arbeitsweisen anderer Architekturbüros erhalten – und zwar zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt. Denn ein solches Printmedium ist ja immer auch eine Momentaufnahme. Im Alltag haben wir meist nicht den Raum, uns solchen Dingen vertiefend anzunehmen. Das ist schade, weil diese Art des Dialogs ein großes Potenzial bürgt und den Horizont ungemein weitet. Umso wichtiger ist es, dass es Fachredakteure gibt, die sich die Zeit dafür nehmen.

Welche Rückmeldungen haben Sie auf die Heftpartnerschaft und den Podcast erhalten?

Wir haben dazu durchweg positive Resonanzen erhalten – auch innerhalb unseres Teams. Das Gespräch mit Katja Reich und Benedikt Kraft bot spannende Blickwinkel und hat uns auch noch im Nachgang beschäftigt. Dass wir die Auswahl der Projekte anderer Architekturbüros dabei mitbegleiten und weiterführende Gedanken anschließend in einem Podcast resümieren konnten, war eine tolle Sache.

Worin liegen die besonderen Potenziale der DBZ in Bezug auf den

Architekturdiskurs?

Ich denke, dass die DBZ aktuelle Entwicklungen der Baubranche fundiert und authentisch abbildet. In dem Sinne ist dieses Magazin ein interessantes Zeitdokument. Nehme ich alle Publikationen der letzten Jahrzehnte und schaue mir den damaligen Diskurs von Projekten an, dann erhalte ich eine gute Übersicht über die Architekturgeschichte. In dem Sinne wird die DBZ auch in Zukunft nachhaltig Impulse setzen. Das Internet wird das – wie ich vermute – so nicht können. Die Abbildung der Baupraxis durch die entsprechende Projektauswahl bietet einen Mehrwert, den digitale Portale und soziale Medien nicht bieten.

Gibt es etwas, worauf die Redaktion in Zukunft ein besonderes Augenmerk legen sollte?

Die Heftpartnerschaft ist eine tolles Konzept und sollte auch in Zukunft so fortgesetzt werden. Ich persönlich fand den Austausch mit der Redaktion vor Ort sehr wichtig. Dass sich die Redakteure hierfür extra auf den Weg zu uns nach Wien gemacht haben, ist uns positiv aufgefallen. Vielleicht hätte der Projektauswahl ein zweiter Präsenztermin gut getan; aber möglicherweise erhalten wir ja in Zukunft wieder einmal die Chance, die DBZ zu kuratieren. Dann würden wir uns sehr freuen, euch einmal im Redaktions-büro in Berlin besuchen zu dürfen.

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