Bei funktionaler Leistungsbeschreibung sind nicht immer alle Grundleistungen geschuldet
OLG Stuttgart, Urteil vom 22.10.2024 - 10 U 34/24Die Parteien vereinbaren einen Vertrag über die Sanierung eines Museums. Gegenstand der Leistungspflichten sind u.a. „Ingenieurleistungen des Leistungsbildes Technische Ausrüstung (§ 55 HOAI) in dem nach § 3 dieses Vertrages beschriebenen Umfang“. In § 3 des Vertrages wurde dann geregelt, dass der Auftragnehmer u.a. alle Leistungen, die erforderlich sind, um das im Vertrag näher beschriebene Bauvorhaben „funktions- und bezugsfähig zur Nutzung zu übergeben“ zu erbringen hat. Ferner wurde eine Pauschalvergütung vereinbart. Der geneigte Leser sieht bereits die Probleme.
Zunächst wird auf die (Grund-) Leistungen des Leistungsbildes "Technische Ausrüstung" insgesamt Bezug genommen und sodann durch Ziffer § 3 des Vertrages vereinbart, dass nur die Leistungen erbracht werden sollen, die notwendig sind, ein funktionales Werk zu erhalten. Im konkreten Fall legte der Auftragnehmer seine Schlussrechnung über die vereinbarte Pauschalvergütung vor. Der Auftraggeber kürzte die Schlussrechnung, da der Auftragnehmer nicht alle Grundleistungen des Leistungsbildes erbracht hatte. Der Auftragnehmer klagte das restliche Honorar ein. Mit Erfolg.
Die Leistungspflicht des Auftragnehmers ergibt sich nach Auslegung des Vertrags sowie sämtliche in Bezug genommene Anlagen. Die HOAI und deren Leistungsbilder sind reines Preisrecht und enthalten keine normativen Leistungsbilder. Kurz gesagt: Die HOAI gibt keine Leistungspflichten des Architekten/Ingenieurs vor, sondern bietet nur ein Kalkulationsmodell für das Honorar, wenn konkrete Architektenleistungen beauftragt worden sind. Sofern die HOAI-Leistungsbilder aber vertraglich zum Gegenstand der Leistungspflichten gemacht werden, dann sind sie eine Auslegungshilfe, welche Leistungen nach dem Vertrag geschuldet werden. So könnte man ohne die Bezugnahme auf § 3 des Vertrages von einer Vereinbarung der Grundleistungen des Leistungsbildes "Technische Ausrüstung" ausgehen. Allerdings wird in § 3 des Vertrages ein funktionales Werk beschrieben, demnach nur die Leistungen erbracht werden müssen, die ein funktionales Werk entstehen lassen. Das können im Einzelfall auch weniger Leistungen sein, als die Grundleistungen der HOAI-Leistungsbilder umfassen. Im Ergebnis musste der Auftragnehmer daher nicht alle Grundleistungen erbringen, der Auftraggeber durfte daher das vereinbarte Pauschalhonorar wegen des Fehlens nicht erforderlicher Grund(teil)leistungen nicht kürzen.
Hier hätte es dem Auftraggeber geholfen, eine Abrechnung nach den HOAI-Abrechnungsgrundsätzen zu vereinbaren, da dann das Honorar von den ausgeführten (Teil-) Leistungen der jeweiligen Grundleistungen abhängig wäre. Bei einem Pauschalhonorar bleibt das Honorar allerdings gleich hoch.
