Aus der Rechtsprechung

Neue Rechtsprechung: Stellung von Vertragsklausel ist unzulässige Rechtsdienstleistung! Schadensersatz!

BGH, Urteil vom 9.11.2023 - VII ZR 190/22

Wie schnell ein Architekt gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen kann und in der Folge auf erheblichen Schadensersatz haftet macht der nachfolgende Fall klar, der sogleich auch eine Rechtsprechungswende darstellt.

Ein Architekt wurde mit den Leistungsphasen 1 bis 8 der HOAI (2009) beauftragt. In diesem Zuge stellte er dem Auftraggeber für die Beauftragung der bauausführenden Firmen eine von ihm entworfene Skontoklausel zur Verfügung. In einem späteren Rechtsstreit berief sich eine bauausführende Firma auf die Unwirksamkeit der Skontoklausel und verlangt entsprechend seinen Werklohn vom Auftraggeber ein. Der Auftraggeber war der Ansicht, dass der Architekt ihm für die Unwirksamkeit der Klausel auf Schadensersatz hafte und die Differenz daher vom Architekten zu zahlen sei (immerhin über 125.000 €). Die darauf gerichtete Klage des Auftraggebers hatte erst Erfolg, wurde dann aber vom Berufungsgericht aufgehoben. Die hierauf gestützte Revision des Auftraggebers führte jedoch zur Aufhebung des Berufungsurteils und Neuentscheidung. Der Bundesgerichtshof sieht einen Haftungstatbestand darin, dass der Architekt gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen hatte, indem er dem Auftraggeber die von ihm entworfene Skontoklausel zur Verfügung gestellt hatte. Hierbei handele es sich um eine unzulässige Rechtsdienstleistung, da sie eine Leistung enthält die nicht vom Berufsbild des Architekten gedeckt sei. Diese sei auch nicht als Ausnahme zulässig, weil etwa die HOAI 2009 in Anlage 11 Nr. 7h für das „Mitwirken bei der Auftragserteilung“ ein Honorar vorsieht. Hierzu wurde in der Vergangenheit von namhaften Autoren und auch von Oberlandesgerichten vertreten, dass hiervon auch die Erstellung der Werkverträge der Bauunternehmen erfasst sei, sodass dieser Vergütungstatbestand der HOAI eine Ausnahmeregelung des Rechtsdienstleistungsgesetz darstelle. Anderenfalls wäre die Vergütung wegen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz regelmäßig nichtig und bräuchte nicht gezahlt werden.

Der BGH schloss sich dieser Auffassung nicht an. Bereits aus der Gesetzes-Hierarchie folgt, dass das Rechtsdienstleistungsgesetz als formelles Gesetz über der HOAI als bloßes materielles Gesetz - einer Verordnung - steht. Bei der Auslegung ist daher nicht die HOAI sondern das Rechtsdienstleistungsgesetz heranzuziehen sowie das Ermächtigungsgesetz für den Erlass der HOAI. Dort findet sich gerade keine Ausnahme, demnach ein Architekt rechtsberatend oder sogar rechtsgestaltend im Rahmen der Vertragserstellung für die bauausführenden Unternehmen werden soll oder darf.

Der BGH erkennt daher einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, der zu einem Schadensersatzanspruch des Auftraggebers führen kann.

Dieses Urteil des BGHs führt zu einer vollständigen Neubewertung der bisherigen gelebten Praxis, wo von Architekten auch die Verträge für die bauausführenden Unternehmen dem Bauherrn gestellt worden sind. Legt man die Rechtsprechung des BGH zugrunde, droht hier viel Ungemach. Daher sollten die Verträge ausschließlich vom Bauherrn gestellt werden. Hände weg von der Vertragsgestaltung.

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