Ohne Strom nix los?

Eine Fachhochschule schaltet den Strom ab - Experiment am 9. Dezember 2009, Wismar

Am 9. Dezember 2009 um 7.33 Uhr schaltet die Fakultät Gestaltung der Hochschule Wismar ihren Strom ab und beginnt damit das Experiment des Gastprofessors und Künstlers Ton Matton. Professoren, Studierende und Mitarbeiter der Studiengänge Architektur, Innenarchitektur und Design sind aufgerufen, konstruktive Lösungen für ihre Tätigkeiten zu finden und damit auch Alternativen zur elektrischen Energieversorgung . Welche Herausforderungen und Reaktionen es an diesem winterlichen Arbeitstag gibt und wie die einzelnen Fakultätsmitglieder damit umgehen, wird filmisch dokumentiert. Der gebürtige Niederländer Ton Matton verweist mit diesem Experiment auf seine Kunstprojekte, die sich sowohl ökologischen Themen stellen, wie auch vom Einzelprojekt bis hin zu kompletten Planungen sozialer Landschaften reichen.

Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang wird an der Fakultät Gestaltung der Hochschule Wismar mit Alternativen zur heute oft selbstverständlichen Stromversorgung experimentiert. Die unterschiedlichen Reaktionen der Fakultätsmitglieder zeichnet ein Kamerateam auf und besucht damit auch diejenigen, die einfach zu Hause geblieben sind. Erste Konzepte zu einem Umgang ohne Strom wurden bereits von einzelnen Fakultätsmitgliedern erdacht. Sie reichen vom Abzapfen des Stroms aus Nebengebäuden bis zur Stromerzeugung aus verschiedenen Gemüsesorten. Vorschläge an diesem Tag mittels Blechdose und Schnur zu kommunizieren, sind neben der Pizza aus dem Lehmofen und die soziale Lichtbegleitung auf das WC im Gespräch. Da auch die Heizungen nicht ohne elektronische Energie funktionieren sind Wintermäntel an diesem Tag auch im Gebäude von Bedeutung. Schellackplatten werden zur musikalischen Untermalung des Geschehens abgespielt, um das Experiment vor Sonnenuntergang zu beenden.

Der im Jahr 2000 auf dem Wismarer Hochschul-Campus errichtete Neubau der Fakultät Gestaltung ist mit modernsten Techniken ausgestattet. Sowohl in den Werkstätten und Computerlaboren, wie auch in der innerbetrieblichen Organisation, einzelnen Sicherheitssystemen und serviceorientierten Angeboten ist die elektronische Energie Voraussetzung, um einen reibungslosen Arbeitstag gewährleisten zu können. Multimediapool, Licht- und Fotolabor, Werkstätten mit CAD basierten Fräsen, Chipkartenschließsysteme für die Studentenateliers, Getränkeautomaten und Notleuchten sind nur ein Teil der auf strombasierten Systeme, um den zur Zeit rund 600 Studierenden eine Ausbildung im höchsten Standard bieten zu können. Auch die etwa sechzig Professoren, Lehrbeauftragten und Mitarbeiter sind an dem Tag ohne Strom auf Alternativen zu Computer und Telefon angewiesen.

Erste Ideen für Arbeitsweisen ohne Strom sind der Gebrauch von nostalgischen Schreibmaschinen oder die Kommunikation mit „you got a mail“ bedruckten Briefumschlägen, welche durch Laufboten übersandt werden. Auch der Fakultätsrat findet an diesem Tag ohne Beamer, aber dafür mit Kaffee und Kuchen aus dem Lehmofen, statt.

Unzählige Projekte auf internationalem Terrain hat Ton Matton bis heute realisiert und umgesetzt. In diesem Jahr war er mit seinem Projekt „Tecnical Paradise“ auf der Biennale 2009 in Venedig zu sehen. Nach einem zweijährigen Lehrauftrag an der Hochschule der Bildenden Künste in Hamburg erhielt er 2009 eine Gastprofessur an der Fakultät Gestaltung der Hochschule Wismar. Das von ihm 2001 gegründete Büro Schie 2.0 Schie gehört zur niederländischen Gestalterbewegung der 1990er Jahre, welche an der „Amnestie für die gebaute Realität“ arbeitete, und sich nachdrücklich mit der Problematik von Planung und Raumordnung experimentell auseinandergesetzt hat. Seit knapp zehn Jahren lebt der 1964 in Rotterdam geborene Stadtplaner und Künstler Ton Matton in einem Dorf bei Schwerin.

Internet:
www.fg.hs-wismar.de
www.mattonoffice.org

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