Ein Glücksfall für München

Die Stiftung Ann und Jürgen Wilde findet an der Pinakothek der Moderne ihre zukünftige Wirkungsstätte

Die in der Nähe von Köln ansässigen Foto-Sammler Ann und Jürgen Wilde haben die Gründung einer Stiftung mit Sitz in München beschlossen, der sie ihren fotografischen Besitz übereignen werden. Die Stiftung wird den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen angegliedert und wird mit ihren hochkarätigen Beständen die Fotografiesammlung der Pinakothek der Moderne maßgeblich ergänzen. 

Die Sammlung Wilde ist heute die einzige in den 1960er Jahren begonnene, qualitativ erstklassige Sammlung zur Fotografie des frühen 20. Jahrhunderts, die sich noch in deutschem Privatbesitz befindet. Der Aufbau der Sammlung begann 1968 mit der Übernahme des fotografischen Nachlasses von Franz Roh, dem bedeutenden Münchner Kunst- und Fotohistoriker. In den folgenden vier Jahrzehnten trugen Ann und Jürgen Wilde eine Sammlung zusammen, die rund zehntausend Originalabzüge (Vintage Prints) und ebenso viele Negative, umfangreiche Archivalien zur Fotografiegeschichte des 20. Jahrhunderts und eine mehrere tausend Bände zählende Fachbibliothek umfasst. Mit ihrer Kölner Galerie (1972-1985), der ersten auf Fotografie spezialisierten Galerie in Deutschland, begleiteten sie aktiv die Wiederentdeckung der durch die Nationalsozialisten verfemten Avantgarde-Fotografie wie auch die Etablierung der Fotografie als Kunstform nach 1945. Für die beiden bedeutenden Fotografen der Neuen Sachlichkeit, Albert Renger-Patzsch und Karl Blossfeld begründeten sie in den 1970er Jahren Archive, die in Umfang und Qualität einmalig sind. Darüber hinaus haben sich Ann und Jürgen Wilde als Herausgeber zahlreicher Monographien wie als Kuratoren viel beachteter Ausstellungen international einen Namen gemacht. 

Mit der Überführung der beiden Archive von Albert Renger-Patzsch und Karl Blossfeldt soll der Grundstock für ein in der deutschen Museumslandschaft heute einmaliges Forschungsinstitut zur Fotografiegeschichte geschaffen werden. Bisher in Privatbesitz werden die umfassenden Bestände der Stiftung Wilde erstmals in Ausstellungen und zu Forschungszwecken Wissenschaftlern und Publikum uneingeschränkt zugänglich gemacht.

Internet:www.pinakothek.de

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