Stadteingang oder was? Im Norden Offenburgs könnte sich etwas tun

Im Norden Offenburgs entwickelt sich Stadt, mittels Großprojekten, einer Landesgartenschau und einem Unternehmer, der einen Wettbewerb initiiert und dessen Protagonisten benennt. Geht so Stadtplanung 5.0?

Also, schön, ja attraktiv ist der Ort nicht, der Ort, der sich ziemlich lang macht im Norden Offenburgs entlang der Bundesstraße 3. Hallenbauten, die noch arbeitendes Gewerbe decken oder Stillstand und langsames Verrotten. Dazwischen „Fressnapf“, „MFO Matratzen“, Autohäuser, Tankstellen und vereinzelt neuer oder älterer Geschosswohnungsbau. Abrisse im Hinterhof, verwilderte Grünflächen dazwischen. Fährt man die B 3 weiter in Richtung Zentrum, steht rechter Hand ein Verwaltungsbau aus früheren Jahren vor einer lang sich streckenden, hohen Halle. Hier wurde einmal Stahlbau betrieben, der Verwaltungsbau der 2020 endgültig insolvent gegangenen Müller Stahlbau wird zurzeit saniert. Denkmalgerecht, denn das Haus (1958–61) stammt von Egon Eiermann. Das sanierende Büro, die GIK Objekt GmbH, ein Unternehmen der Grossmann Group mit den Eigentümern Jürgen Grossmann und Svet Ivanoff, besitzt an diesem Ort bereits Flächen und wird dem Eiermann einen – so in der lokalen Presse genannten – „Zwilling“ zur Seite stellen. Das Zwillingshafte münzt auf Silhouette und Volumen, sonst ist alles anders. Spatenstich für den Zwilling war im Februar 2023.

Einige der renommiertesten Architekturbüros

Macht man kehrt von dort und fährt zurück, aus der Stadt hinaus: wieder dieser Eindruck von Gewerbewüste und Niemandsland. Ein Eindruck, den der Architekt und Unternehmer Jürgen Grossmann offenbar auch hatte, zudem eine Idee und ein hervorragendes Netzwerk. Was, wenn man dem nördlichen Stadteingang Offenburgs ein neues Gesicht verliehe? Ein attraktives Entrée? Das müsste doch hinzubekommen sein, am bes-ten über einen eingeladenen, städtebaulichen Ideenwettbewerb. Der wurde dann für eine dieser verwilderten Restflächen mit rund 26 000  m² Gestaltungsraum ausgeschrieben. In der Pressemitteilung zu diesem Thema ist zu lesen, dass nun „in einigen der renommiertesten Architekturbüros Europas […] an Ideen gearbeitet [wird], um der Stadt auch nach Norden hin ein attraktives Entrée zu geben.“ Eingeladen sind zehn Büros, „darunter“, so weiter in der PM, „international anerkannte Stars der Szene wie Hadi Teherani aus Hamburg und Teheran, UN Studio aus Amsterdam und Frankfurt, CAB aus Paris in Zusammenarbeit mit Dratler Duthoit aus Straßburg, Kadawittfeldarchitektur aus Aachen, Berlin und Hamburg, MGF aus Stuttgart, Denu und Paradon aus Straßburg, Gaus aus Göppingen, Sacker aus Freiburg, Wittfoth aus Stuttgart und Echomar aus Oberkirch.“

Wofür diese zehn Hochkaräter entwerfen sollen, kommt noch; zunächst wird erklärt, wieso überhaupt in dieser Liga gespielt wird. Denn „dass der Architektenwettbewerb so prominent besetzt ist, hängt auch mit dem Badischen Architekturpreis zusammen, den Jürgen Grossmann mit viel persönlichem Engagement vor einigen Jahren ins Leben gerufen hat. Durch den Badap haben national und international bedeutende Architekten die Region neu kennengelernt […] daraus ist ein Netzwerk entstanden, von dem jetzt die ganze Region profitiert.“

Mir schwebt ein Gebäude vor

Was nun zur Steigerung der Attraktivität des Orts­eingangs beitragen könnte, ist „die Erlangung eines Leitbilds, um das Grundstück zu einem stadt-eingangsgestaltenden Element zu entwickeln, welches sich städtebaulich und architektonisch hervorhebt […] und sich hinsichtlich der Nutzungen in das Stadtbild und das umliegende Gebiet einfügt“, so in der von Peter Gresens und seiner Alea Real formulierten Ausschreibung. Wie schon im Eiermann-Bau und seinem „Zwilling“ möchte der Investor Jürgen Grossmann Flächen entwickeln, auf denen „gewerbliche Nutzer neuen Raum finden, um der hohen Nachfrage nach qualitativ hochwertigen und gut erschlossenen Gewerbeflächen in der Stadt Offenburg gerecht zu werden.“ Ihm „schwebt ein Gebäude vor, in dem vielleicht nicht nur Büros, Praxen und Labore, sondern auch ein Hotel, eine Tagespflege sowie Fitness- und Wellness-Einrichtungen Platz finden können“, so in der PM weiter. Und dann: „Was genau in diesem Gebäude am Ende zu finden sein wird, kann man jetzt noch nicht sagen, denn wir stehen ja jetzt erst am Beginn eines städtebaulichen Ideenwettbewerbs“ (Grossmann). Diese Nutzungsoffenheit dem Ort gegenüber ist unverständlich, hat die Gruppe doch von den hier von der Aurelis erworbenen 80 000 m² gut die Hälfte bereits mit Wohnhäusern, zwei Hotels, einem Seniorenwohnheim sowie Büro- und Gewerbeflächen bebaut, gerade entsteht noch ein Neubau für die Bundespolizei. Man könnte also fragen: Was fehlt noch, den Nordeingang der Stadt schöner zu machen?! Immerhin kann sich Jürgen Grossmann „gut vorstellen, dass dieses Vorhaben der Stadtentwicklung im Norden Offenburgs einen Schub geben wird – gerade auch im Zusammenspiel mit der Landesgartenschau und dem Neubau der Klinik.“ Die beiden genannten Unternehmungen – der Klinikneubau, ein mehrere 100-Mio. €-Projekt nördlich des Stadteingangs geplant von Ludes Architekten sowie die ebenfalls benachbarte LG 2032 – werden, durchaus mit öffentlichen Geldern realisiert, die Grundstückspreise im Norden der Stadt beflügeln und das Areal auch aus dieser Sicht attraktiver machen.

Bis zum 27. Oktober haben die zehn Büros Zeit, ihre Pläne auszuarbeiten. Das Preisgericht soll nach aktueller Planung am 8. Dezember tagen – unter anderem mit OB Marco Steffens sowie Vertreterinnen der drei größten Gemeinderatsfraktionen als Sachpreisrichter. Unter den Fachpreisrichtern finden sich mit den Architekten Sami Hadi und Svetozar Ivanoff zwei enge Geschäftspartner von Jürgen Grossmann.

Ja, wir können uns gut vorstellen, dass das Unternehmen Nordeingang Offenburg allen Beteiligten einen Schub geben wird, dem einen mehr, den anderen weniger.

Benedikt Kraft / DBZ

www.grossmann-group.eu
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