Quo vadis HOAI 202x?
Die wissenschaftlichen Grundlagen für die Novellierung der HOAI 2013 sind gelegt. Die Umsetzung ist aktuell jedoch ins Stocken geraten. Ob sie noch 2025 kommt, ist fraglich. Dabei ist sie dringend notwendig, um die anstehenden Aufgaben im Bausektor sicher und nachhaltig zu meistern.
Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) bildet seit ihrem Inkrafttreten 1977 die Grundlage für die Berechnung der Honorare von zehntausenden freischaffenden Planerinnen und Planern. Verbindlichkeit erlangte das Honorarrecht durch das Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen.
Seit 2019 ist es damit jedoch vorbei: Der Europäische Gerichtshof entschied damals, dass verbindliche Honorare für Planungsleistungen – verkürzt gesagt – inkohärent seien. Seit 2021 haben die Honorare der HOAI wesentlich empfehlenden Charakter. Verbindliche Höchst- und Mindestsätze findet man darin seitdem nicht mehr.
Wenngleich die HOAI in erster Linie Preisrecht ist, beschreibt sie faktisch häufig auch den Katalog der zu erbringenden Leistungen. Die Planungs- und Beratungsleistungen zur Errichtung baulicher Anlagen haben sich seit 1977 stetig weiterentwickelt und an veränderte Rahmenbedingungen angepasst. Entsprechend wurde die HOAI bereits sieben Mal novelliert. Die letzten Änderungen betrafen beispielsweise Planungsanpassungen, die Verbindlichkeit von Leistungsinhalten, Umbauzuschläge beim Bauen im Bestand oder neue Leistungsbilder.
Die letzte Bundesregierung hatte sich vorgenommen, die in die Jahre gekommene HOAI 2013 erneut zu überarbeiten. Verbände und Kammern von Architekten und Ingenieurinnen – etwa der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB) – haben diesen Prozess intensiv begleitet, der Ende letzten Jahres in einem ersten Abschluss mündete. Eine Novellierung war dringend geboten – nicht nur, weil die Honorare nach zwölf Jahren nicht mehr den gestiegenen Anforderungen und Kosten der Büros entsprachen. Auch inhaltlich musste die HOAI angepasst werden: Mit Building Information Modeling (BIM) oder Künstlicher Intelligenz (KI) ändern sich nicht nur die technischen Grundlagen, sondern auch die Leistungsanforderungen an die planenden Berufe. Gleiches gilt für Themen wie Klimaresilienz und Klima- und Ressourcenschutz. Auch beim Bauen im Bestand steigen die Anforderungen, zumal dieser Bereich zunehmend den Arbeitsalltag vieler Architektinnen und Ingenieure prägt.Die aktuelle Bundesregierung profitiert von der guten Vorarbeit zur Weiterentwicklung der HOAI in der vorherigen Legislaturperiode. Nun liegt es an ihr, die nächsten Schritte zur Modernisierung zu gehen. Das sogenannte Wirtschaftsgutachten hat inzwischen Fehler in der Honorarberechnung der alten HOAI korrigiert und Vorschläge zur sachgerechten Vergütungsanpassung unterbreitet. Der Modernisierung der HOAI steht damit „eigentlich“ nichts mehr im Wege – zumal die externe wissenschaftliche und organisatorische Begleitung des vom Bundesbau- und Wirtschaftsministerium initiierten Prozesses bereits einen hohen sechsstelligen Betrag gekostet hat.
Wer möchte, dass die HOAI auch in Zukunft eine Rolle spielt – als wichtige Orientierung sowohl für die planenden Berufe als auch für Bauherren hinsichtlich zeitgemäßen Planens und angemessener Honorierung –, sollte sie konsequent dem Wandel anpassen. Andernfalls werden Vertragsparteien eigene Vereinbarungen treffen, ihre Kosten weitergeben oder neue, für sie günstigere Vergütungsmodelle entwickeln. Neue Anforderungen – wie die Ertüchtigung des Zivilschutzes oder die Frage, wie Infrastrukturen resilient gestaltet werden können – erfordern eine zügige und zeitgemäße Überarbeitung der HOAI. Anderenfalls drohen überlebenswichtige Projekte zu scheitern und politische Ziele im Bereich Klimaschutz oder Infrastrukturerneuerung verfehlt zu werden.
Die planenden Berufe sind unterdessen aufgerufen, die im veröffentlichten Wirtschaftsgutachten ermittelten Honorare als Grundlage ihrer Angebotskalkulation in Betracht zu ziehen – schon, um nicht Gefahr zu laufen, im Vergabeverfahren wegen nichtauskömmlicher und unangemessen niedriger Preise nach § 60 VgV ausgeschlossen zu werden.