Weckruf! Die BetonTage 2020

„Alle Jahre wieder“ könnte man schreiben, denn immerhin, im Februar dieses Jahres, hatten die BetonTage in Neu-Ulm ihre 64. Auflage. In diesem Jahr kamen etwa 2 400 BesucherInnen aus über 20 Nationen ins Kongresszentrum „Edwin-Scharff -Haus“ südlich der Donau, die Alt- und Neu-Ulm voneinander trennt. Die BetonTage verstehen sich als Europas größter Fachkongress der Betonfertigteilindustrie. Der Blick auf TeilnehmerInnenzahl, Aussteller und vor allem auf das umfassende Programm scheinen dem Recht zu geben.

Neu war in diesem Jahr ein vierter Tag, der als Abschluss der sehr praxisnahen und anwenderorientierten Vortage einen Ausblick auf das Gebaute, die Architektur erlaubte. Mehr als 500 ­ArchitektInnen und IngenieurInnen waren an diesem Vorwochenendtag nach Neu-Ulm gekommen, um u. a. Werner Sobek, Werner Sobek AG, Stuttgart, Michael Rathgeb, ingenhoven architects, Düsseldorf, Robert Rösch, Neugebauer + Rösch Architekten PartGmbB, Stuttgart, und Harald Kern, KERN Architektur UG, Leipzig, zuzuhören. Dabei zeigten die meisten das, was sie in jüngster Vergangenheit mit dem Beton geleistet haben. Michael Rathgeb bot gar eine  Werkschau von Projekten aus den letzten Jahren, in denen überall Beton(fertigteile) steckte(n).

Ein einziger lag nicht so ganz auf dieser Linie der Werkschau: Werner Sobek. Als Keynote dieses Tages hatte er es offenbar als seine Aufgabe angesehen, deutliche Worte zu suchen und diese dann auch auszusprechen. Ihm lag vor allem das eine Thema auf der Zunge und – man spürte es tatsächlich – am Herzen: der Klimawandel. Werner Sobek warnte gleich zu Beginn seines rund 45-minütigen Vortrags davor, dass er nun schwere Kost servieren werde. Und es wurde schwer. Mittels Zahlen, Diagrammen und teils drastischen Bildanalogien (Wellblechhüttensilhouette über verschmutztem Fluss = Stuttgart/Bad Cannstatt 2050) gelang es dem Ingenieur – selbst Teil der internationalen Baustoffverwertungsindustrie – den Blick auf das Kommende so zu fokussieren, dass jeder sich Sorgen machen konnte. Dass Werner Sobek hier auch die Bauindustrie und alle, die mit und für sie arbeiten, als vielleicht größten Verusacher unseres CO2-Weltproblems ausmachte, überraschte in der offenen Art, wie es ausgesprochen wurde: „Vorne auf der Bühne stehen die Automobil- und die Flugreisenindustrie, aber hinter dem Vorhang steht die Bauindustrie!“ Dass er in diesem ganzen Szenario die Materialeffizienz als möglichen Hebel herausstellte, mit dem das Problem der massenhaft anfallenden Baustoffproduktion und -entsorgung verringert werden könnte, überzeugte. Überzeugt dann, wenn das so Eingesparte nicht gleich wieder in die Stoffflüsse eingespeist würde; weil man ja Wohnungen beispielsweise massenhaft bräuchte. Werner Sobek endete mit einem „Nehmen Sie’s positiv: Die Dinge liegen offen auf dem Tisch. Fangen wir an!“

Danach kam die Werkschau von ingenhoven architects und nebenan, im kleinen Saal und weiter unten in einem der Vortragsräume wurden Produktlösungen vorgestellt und Tragwerkskomplikationen erläutert.

Zur 65. Auflage der BetonTage wird Werner Sobek seinen Vortrag wiederholen können, es sei denn, wir alle haben seine Aufforderung in unseren Berufsalltag umgesetzt und haben angefangen, mit dem Immergleichen aufzuhören. Das große deutsche Feuilleton war nicht zu sehen, es hätte, wie auch Bunte und Co., eine großartige Bühne erlebt, auf der um unser aller Zukunft verhandelt wurde. Be. K.

www.betontage.de
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