Vorschriftsmäßig kaum benutzbar?
Planung einer Tiefgarage

Zusammenfassung

Die Ein-/Ausfahrt einer neu errichteten Tief­garage war geometrisch so angelegt, dass insbesondere beim Ausfahren ein Rangieren der Fahrzeuge erforderlich wurde. Der Bauherr sah darin einen Mangel, während der Planer auf die eingehaltenen öffentlich-rechtlichen Vorgaben verwies.

Die Planung und Ausführung entsprach aus technischer Sicht und ohne Berücksichtigung einer rechtlichen Auslegung den Anforderungen der zugrunde zu legenden Garagenverordnung (GaVO). Sie war in dieser Hinsicht vorschriftsmäßig. Die Nutzung unterlag jedoch aufgrund der Erfordernis des Rangierens Einschränkungen. Der Sachverhalt wäre aus rechtlicher Sicht voraussichtlich als Mangel bewertet worden.

Sachverhalt

Bei einem neu errichteten Gebäude wurde seitens des Bauherrn gerügt, die Tiefgarage sei aufgrund der Abmessungen der Ein-/Ausfahrt kaum benutzbar. Dadurch habe es bereits Beschädigungen an mehreren Fahrzeugen gegeben. Der Planer argumentierte, die Tiefgarage entspräche den Anforderungen.

Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens sollte untersucht und bewertet werden, inwieweit die Ein-/Ausfahrt der Tiefgarage den technischen Regeln entsprechend geplant und ausgeführt war. Letztlich ging es hierbei um die technische Verantwortlichkeit für die gerügte Nutzungseinschränkung.

Feststellungen

Bei der Beschreibung und Bewertung dieses Sachverhaltes sind einige Begriffe von entscheidender Bedeutung. Die GaVO [1] unterscheidet zwischen Zu- und Abfahrten, Rampen, Fahrgassen und Stellplätzen. Diesen Bereichen sind in der GaVO [1] genaue Anforderungen zugeordnet. Daher ist mit der Bezeichnung eines Bereiches z. B. als Rampe letztlich bereits eine Wertung verbunden. Hierauf – und auf die darauf abstellende Argumentation der Beteiligten – wird später noch eingegangen. Um die Situation zunächst wertungsfrei zu beschreiben, wird hier bewusst der in der GaVO [1] nicht definierte Begriff „Ein-/Ausfahrt“ verwendet.

Als Ein-/Ausfahrt werden bei dieser  Tief­garage die geneigte Rampe und die an­schließende Ebene bis zur breiten Fahrgasse bezeichnet. Bild 1 zeigt einen Blick von der Ein-/Ausfahrt in die Tiefgarage (Bild 2 und 3: Grundriss der Tiefgarage).

In der Ein-/Ausfahrt (Bild 2) – angrenzend an die breite Fahrgasse – befanden sich an der Außenwand und an der begrenzenden Stütze Farbspuren (Bild 5 und Bild 6).

Anlässlich des Ortstermins wurden die Ab­messungen der Ein-/Ausfahrt sowie der breiten Fahrgasse überprüft. Dabei wurden die planerisch vorgesehenen Maße bestätigt.
Die Tiefgarage wurde während des Ortstermins als Stellplatz für das eigene Fahrzeug genutzt. Weitere Teilnehmer der Ortsbesichtigung hatten ihre Fahrzeuge ebenfalls in der Tiefgarage abgestellt. Die Einfahrt in die Tiefgarage war mit einem Mittelklasse-PKW ohne Rangieren möglich. Bei der Ausfahrt war hingegen Rangieren erforderlich.

Bewertung

Das Bauvorhaben befand sich in Baden-Wür­­­t­temberg. Auf Grundlage der zum Zeitpunkt der Planung und Errichtung des Gebäudes geltenden GaVO [2] rügte der Bauherr den seiner Ansicht nach zu geringen Kurvenradius zwischen Ein-/Ausfahrt und breiter Fahrgasse. Bei diesem Bereich der Ein-/Ausfahrt handle es sich um eine gewendelte Rampe, bei der der Radius des inneren Fahrbahnrandes gemäß GaVO [2] mind. 5 m betragen müsse. Der Planer argumentierte, dieser ebene Bereich (Ein-/Ausfahrt) sei nicht zur Rampe gehörig. Es handle sich vielmehr um eine Fahrgasse. Die minimale Breite von 2,75 m entsprechend der GaVO [2] sei eingehalten und die Planung daher mangelfrei. Zudem sei die Situation erst nach mehreren Planungsänderungen entstanden, um dem Wunsch des Bauherrn nach möglichst vielen Stellplätzen nachzukommen.

Beide Parteien hatten mit ihrer Argumentation die Anforderungen der GaVO [2] zutreffend wiedergegeben. Die Fahrbahnbreite auf Rampen von Mittel- und Großgaragen – es handelte sich hier um eine Mittelgarage – muss mind. 2,75 m betragen. In gewendelten Rampenbereichen muss die Breite jedoch mind. 3,5 m betragen und es muss ein minimaler Halbmesser des inneren Fahrbahnrandes von 5 m eingehalten werden. Die Breite von Fahrgassen, die nicht unmittelbar der Zu- oder Abfahrt von Stellplätzen dienen, muss mindestens 2,75 m betragen. Die planmäßige Breite der Ein-/Ausfahrt beträgt 2,805 m und erfüllt damit die Anforderungen an eine gerade Rampe und an eine Fahrgasse, die nicht unmittelbar Stellplätze erschließt. Zur Klärung des Sachverhalts ist somit die Frage zu beantworten, ob es sich bei der Ein-/Ausfahrt um einen gewendelten Rampenbereich oder um eine Fahrgasse handelt. Aus technischer Sicht und ohne Berücksichtigung einer rechtlichen Auslegung der GaVO [2] stellt die Ein-/Aufahrt keinen gewendelten Rampenbereich dar. Dies begründet sich wie folgt: Die bauliche Situation des Übergangs von einer geraden Rampe zu einer quer verlaufenden Fahrgasse findet sich analog vielfach bei Parkgaragen in Split-Level-Bauweise (d‘Humy-System). Zu dieser Bauweise ist im Merkblatt des Deutschen Beton- und Bautechnikvereins [3], [4] ausgeführt: „Hier ist zu beachten, dass eine d‘Humy-Rampe im Grundriss zwar gerade ist, sich jedoch unmittelbar zwei Kurven daran anschließen. Da das verbleibende Mittelstück vernachlässigbar kurz ist, ist es empfehlenswert, die Rampe hinsichtlich ihrer Breite wie eine gewendelte Rampe zu betrachten.“ Demnach handelt es sich bei der hier vergleichbaren Situation, in der sich eine Kurve anschließt, nicht um eine gewendelte Rampe, wenngleich eine entsprechende Betrachtung empfehlenswert wäre. Diese technische Bewertung wird gestützt durch die ergänzten Ausführungen der aktuellen Fassung der GaVO [5]. Dort sind die Vorgaben zur erforderlichen Breite von Rampen wie folgt erweitert: „Die Anforderungen an gewendelte Rampenbereiche gelten bezüglich Breite und innerem Halbmesser des Fahrbahnrandes entsprechend, wenn unmittelbar vor der Rampe eine Kurvenfahrt vor­gesehen ist.“ Hierdurch wird also die im DBV-Merkblatt [3], [4] gegebene Empfehlung verpflichtend.

Zusammenfassend ist demnach die Ein-/Ausfahrt aus technischer Sicht als nicht gewendelter Bereich der Rampe, sondern als Fahrgasse anzusehen, die nicht unmittelbar der Zu- oder Abfahrt von Garagenstellplätzen dient. Die zum Zeitpunkt der Planung und Errichtung des Gebäudes geforderte Mindestbreite von 2,75 m [2] für diesen Bereich wird hier erfüllt, weshalb kein technischer Mangel vorliegt. Gleichwohl ist die Ein-/Ausfahrt wenig nutzerfreundlich, da insbesondere beim Ausfahren aus der Tiefgarage Rangieren erforderlich ist. Die Landesbauordnung (LBO) [6] für Baden-Württemberg beinhaltet in der aktuellen wie auch in früheren Fassungen übergeordnet „allgemeine Anforderungen“. Demnach sind bauliche Anlagen so anzuordnen bzw. zu errichten, „dass sie
ihrem Zweck entsprechend ohne Missstände benutzbar sind“. Diese allgemeine Anforderung ohne direkten Bezug zu Tiefgaragen bzw. Verkehrsflächen erfordert jedoch eine Auslegung für den Einzelfall, inwieweit das erforderliche Rangieren bei der Ausfahrt aus der Tiefgarage als Missstand im Sinne der LBO zu bewerten ist. Dies ist eine Rechtsfrage.

Die Empfehlungen für Anlagen des ruhen­den Verkehrs (EAR 05) [7] enthalten Grund­sätze und Hinweise für die Planung von Parkflächen. Demnach soll die Fahrbahnbreite gerader Rampen 2,75 m betragen, wobei die EAR 05 zusätzlich einen Sicherheitsabstand zu den seitlichen Wänden von jeweils 0,25 m empfiehlt. Weiter heißt es in den EAR 05 [7]: „Bei gekrümmten Rampen und bei Bogenfahrten auf der Parkebene sollte der Innenradius Ri mind. 5,0 m betragen.“ Die bereits zum Zeitpunkt der Planung und Errichtung des Gebäudes vorliegenden Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs [7] wurden demnach nicht umgesetzt. Die Anwendung der EAR 05 [7] war zwischen den Beteiligten nicht vertraglich vereinbart. Somit ist eine Bewertung erforderlich, inwieweit die über die Anforderungen der GaVO [2] hinausgehenden Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR 05) [7] auch ohne explizite vertragliche Vereinbarung zu berücksichtigen waren. Auch dies ist eine Rechtsfrage.

Unabhängig von technischen und rechtlichen Vorschriften und Empfehlungen kann der Sachverhalt rein physikalisch bewertet werden, wenn man sich die Geometrie der Kurvenfahrt verdeutlicht. Im Bild 4 ist die sogenannte „Schleppkurve“ dargestellt mit den wesentlichen Maßen. Wenn ein an der Vorderachse gelenktes Fahrzeug eine Kurve fährt, beschreiben die Hinterräder nicht denselben Weg wie die Vorderräder. Stattdessen wird eine breitere Fläche überstrichen, die unter anderem von den Fahrzeugabmessungen und dem Kurvenradius abhängt. Für die Tiefgarage sind die Schleppkurven eines einfahrenden und eines ausfahrenden Mittelklasse-PKW in den Bildern 2 und 3 skizziert. Aus Bild 2 ist ersichtlich, dass die Einfahrt in die Tiefgarage ohne Rangieren möglich ist. Im Bild 3 überstreicht die für die Kurvenfahrt benötigte Fläche den Querschnitt der Außenwand. Ein Verschieben der Kurve würde zu einem Überstreichen der benötigten Fläche mit der Stütze führen. Eine Ausfahrt aus der Tiefgarage ist demnach für das zugrunde liegende Fahrzeug nicht ohne Rangieren möglich. Dies äußert sich letztlich auch in den vorgefundenen und ganz offensichtlich durch Fahrzeuge verursachten Farbspuren an der Außenwand sowie der Stütze.

Den Angaben in der EAR 05 [7] liegen die Abmessungen eines Bemessungsfahrzeugs zugrunde. Ein Vergleich mit den Abmessungen aktueller Fahrzeuge verdeutlicht, dass auch bei Einhaltung der Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR 05) [7] keine luxuriösen Platzverhältnisse geschaffen werden. Die Länge des Bemessungsfahrzeugs entspricht aktuellen Mittelklasse-Modellen und die Breite des Bemessungsfahrzeugs wird aktuell bereits in der Kompaktklasse überschritten (Bild 7).

Im Resultat ist die Tiefgarage zwar nutzbar. Die Nutzung ist allerdings mit deutlichen Einschränkungen verbunden, weil insbesondere bei der Ausfahrt Rangieren erforderlich ist. Das gerichtliche Verfahren wurde durch einen Vergleich beendet. Das Gericht hat jedoch einen Hinweis gegeben, dass dieser Sachverhalt voraussichtlich als Mangel bewertet worden wäre.

Instandsetzung

Eine Verbesserung der Situation erfordert einen zusätzlichen Flächenbedarf für die Kurvenfahrt. Die zusätzliche Fläche kann entweder durch Verlegung der Außenwand oder durch Entfernung der Stütze gewonnen werden. Die Außenwand der Tiefgarage befand sich bei der Grundstücksgrenze, weswegen dort keine Veränderung möglich war. Daher wurde eine Prüfung durch den Tragwerksplaner angeregt, inwieweit auf die Stütze verzichtet werden kann.


Literatur

[1] Muster-Garagenverordnung (M-GarVO) in der Fassung vom Mai 1993, zuletzt geändert am 30.05.2008

[2] Garagenverordnung (GaVO) des Landes Baden-Württemberg in der Fassung vom 07.07.1997

[3] Deutscher Beton- und Bautechnikverein e.V.: Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“, Fassung 2005

[4] Deutscher Beton- und Bautechnikverein e.V.: Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“, Fassung 2010

[5] Garagenverordnung (GaVO) des Landes Baden-Württemberg in der Fassung vom 07.07.1997, zuletzt geändert am 25.01.2012

[6] Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO) in der Fassung vom 5. März 2010, zuletzt geändert am 16.07.2013

[7] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Straßenentwurf: „Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs – EAR 05“, Ausgabe 2005

[8] b.v.s Baden-Württemberg e.V.: Standpunkt Stellplatzbreiten, 09/2011

[9] ADAC e.V., Ressort Verkehr: „Parkhäuser: Forderungen des ADAC an die Betreiber, Besitzer und an den Gesetzgeber“, Stand 11/2013

Quintessenz

– Die Planung einer Tiefgarage unter Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Mindest-Standards muss nicht zwingend mangelfrei sein.

– Der Planer sollte auf mögliche Nutzungseinschränkungen vorab hinweisen und dies dokumentieren.

Schon gewusst?

Bei einem Modellwechsel fallen die Fahrzeuge der neuen Generation im Regelfall größer aus als ihre Vorgänger. Die technischen Vorgaben für Parkflächen halten mit dieser Entwicklung nicht Schritt.

Die Muster-Garagenverordnung [1] fordert je nach seitlicher Begrenzung des Stellplatzes eine minimale Breite der Stellfläche zwischen 2,30 m und 2,50 m. In den EAR 05 [7] werden Stellplatzbreiten zwischen 2,30 m und 2,70 m als „auf privaten Parkflächen verkehrstechnisch gerade noch vertretbarer Standard“ bewertet.
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Landesverband Baden-Württemberg öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger im Jahr 2011 in einem Standpunkt [8] darauf hingewiesen hat, dass eine Fahrzeugbreite entsprechend dem Bemessungsfahrzeug der EAR 05 [7] nur von 30 % der Neuzulassungen eingehalten wird. Das bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt bereits die Mehrzahl der Neuzulassungen die Breite des Bemessungsfahrzeugs überschritt. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, inwieweit eine minimale Stellplatzbreite von 2,30 m überhaupt noch vertretbar ist.

Folgerichtig fordert der ADAC [9] eine Anpassung der Garagenverordnungen an die Empfehlungen für Anlagen des ruh­­­­enden Verkehrs EAR 05 [7]. Diese sehen übliche Stellplatzbreiten zwischen 2,50 und 2,90 m vor.

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