Teil des Smart Grid-Puzzles 
Intelligente Gebäude in nachhaltigen Städten

Die Entwicklung neuer und die Sanierung bestehender Städte erfolgen zu einem Zeit­-punkt, an dem die ökologische Nachhaltig­keit bei Regierungen auf staatlicher und kommunaler Ebene wesentliche Beachtung findet. Städte gehören jedoch zu den größten Verursachern von Treibhausgasen. 1 % der Erdoberfläche sind von Städten belegt und in ihnen wohnen und arbeiten über 50 % der Bevölkerung unseres Planeten. Städte ver-

brauchen 75 % der globalen Energie und erzeugen 80 % der Treibhausgasemissionen. Rund 40 % dieser Energie wird in Gebäuden verbraucht, die 21 % der Treibhausgasemissionen verursachen.


Während Autos immer striktere Auflagen hinsichtlich Kraftstoffeffizienz erfüllen müssen, haben Gebäude es wesentlich leichter. Der Energieeffizienz in Gebäuden wurde bisher erstaunlich wenig Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl gerade Gebäude einen erheblichen Einfluss auf Energiekosten und die Umwelt ausüben. Das Blatt ist aber dabei, sich zu wen­den. Höhere Energiepreise in Verbindung mit rasant wachsendem Elektrizitätsbedarf und zunehmenden Umweltbelangen haben Städte an einen Kipppunkt gebracht, was die Energieeffizienz in Gebäuden anbelangt: „Business as usual“ bedroht dabei den Wohlstand von Städten auf der ganzen Welt.

Die wirtschaftlichen Argumente sind überzeugend, da sich Investitionen sowohl für Bau­träger als auch für Mieter schnell bezahlt machen. Das gleiche gilt für Regierungen, die in rasantem Tempo Kraftwerke bauen, um mit der explosiven Nachfrage durch neue Gebäude und ihre oft ineffizienten Gebäudeautomations- und Beleuchtungssystemen Schritt halten zu können. Hohe Energiepreise in einer Zeit rasanten Wachstums haben zu einem An­stieg der Importkosten geführt und Bedenken bezüglich der Sicherheit der Energieversorgung aufkommen lassen. Die Umweltargumente sind nicht weniger überzeugend als die wirtschaftlichen. Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovern­mental Panel on Climate Change, IPCC) vermerkte in seinem vierten Sachstandsbericht: „Es ist oft kosteneffektiver, in die Verbesserung der Energieeffizienz des Endverbrauchs zu investieren als die Energiebereitstellung zu erhöhen, um die Nachfrage nach Energiedienstleistungen zu befriedigen. Effizienz­ver­besserung hat einen positiven Effekt auf Energiesicherheit, lokale und regionale Luftverschmutzungsbekämpfung und Beschäftigung.“


Kostenwirksame Maßnahmen zur Senkung von Treibhausgasemissionen

Höhere Effizienz bedeutet, dass Verbraucher den gleichen Komfort genießen wie zuvor, aber weniger Energie verwenden. Wenn es um Effizienz geht, sind bauliche Verbesserun­gen in Gebäuden oft der schnellste und kostengünstigste Weg, den Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen zu senken. Das McKinsey Global Institute, das diese Thematik auf internationaler Ebene untersucht hat, schätzt, dass vier der fünf kostenwirksamsten Maßnahmen zur Senkung von Treibhausgasemissionen mit der Gebäudeeffizienz zu tun haben. Diese Maßnahmen betreffen Gebäudedämmung, Beleuchtungssysteme, Klimatisierung sowie Warmwasserbereitung und Kühlung. Der Faktor, der am stärksten zur Senkung der CO2-Emissionen der Städte beitragen könnte, ist elementar: bessere Dämmung. Dadurch allein ließe sich der jährliche Kohlendioxidausstoß Londons bis 2025 um 4,5 t oder 10 % senken und Investoren würden netto ca. 150 Mio. €/Jahr an Energiekosten sparen. Durch Maßnahmen zur effizienteren Beheizung von Gebäuden, wie bei-

spielsweise Brennwertgeräten, Wärmerückgewinnung und Optimierung der Steuerung, könnte man bis 2025 weitere 2,7 t bzw. nahezu 400 Mio. € einsparen. Energieeffiziente Beleuchtung würde 1,4 t/Jahr eliminieren, Ersparnis für Investoren bis 2025 jährlich ca. 170 Mio.€. Durch den Austausch alter Haushaltsgeräte durch energieeffizientere Modelle in Haushalten und Büros ließe sich sich der CO2-Ausstoß um weitere 1,3 t/Jahr reduzieren. So unglaublich es klingen mag, diese Maßnahmen führen zu Nettoeinsparungen für Gebäudebesitzer und Mieter, da die dafür erforderlichen Kosten niedriger sind als die erzielten Einsparungen.


Gesamtenergiebedarf weltweit beschleunigt

Da die Energiepreise in absehbarer Zeit kaum fallen werden, bleibt der Welt nichts anderes übrig, als systematische Anstrengungen zur effizienteren Energienutzung in Gebäuden zu unternehmen. Laut McKinsey wird der Gesamtenergiebedarf von 1,6 %/Jahr im vergangenen Jahrzehnt auf 2,2 %/Jahr in den nächsten 15 Jahren ansteigen, sofern keine breitgefächerten Effizienzmaßnahmen getroffen werden. Der Bedarf in Zweck- und Wohnbauten wird voraussichtlich genauso schnell ansteigen wie dieser Gesamtwert.

Auf Asien entfällt nahezu die Hälfte des zusätzlichen weltweiten Energiebedarfs, den McKinsey in den nächsten 15 Jahren erwartet. China alleine dürfte viermal so viel zum absoluten Anstieg beitragen wie die USA. Auf den ersten Blick überrascht diese Zahl, aber man darf nicht vergessen, dass sich China in der größten Land-Stadt-Wanderung befindet, die die Welt je gesehen hat.


Gebäude zu Energiequellen machen

Der Bau nachhaltiger Gebäude und die energetische Sanierung von Altbauten reichen nicht aus, um das Problem zu lösen. Energie­effizienz bedeutet nicht nur, die Klimaanlage herunterzudrehen oder das Licht auszuschalten, sondern mit weniger mehr zu leisten. Intelligente Gebäudetechnologie ist ein maßgeblicher Teil der Lösung. Damit lassen sich Gebäude schnell und kostengünstig in Energiequellen verwandeln. Die Technologie integriert und optimiert die physischen und digitalen Infrastrukturen gewerblich genutzter Gebäude und Gebäudekomplexe, damit diese auf Preissignale aus dem Stromnetz reagieren und den Energieverbrauch zu Zeiten, zu denen die Tarife am höchsten sind, verlagern oder reduzieren können. Darüber hinaus dienen die Gebäude als Speicher für elektrische Energie, erzeugen Strom zum
Eigengebrauch und speisen Strom ins Netz.

Die Gebäudeautomation übernimmt eine Reihe wichtiger Aufgaben in intelligenten Gebäuden: Erfassung, Steuerung und Senkung des Energieverbrauchs durch Optimierung des Energieflusses, wie z.B. das Verschieben der Energielast auf die wichtigsten Anlagen, Abschalten oder Drosseln des Verbrauchs weniger wichtiger Funktionen und Anpassen des Energiebedarfs an Erzeugungsmuster – die Basis für die Integration von dezentral erzeugten erneuerbaren Energien (Wind und Solar) und für die Speicherung dieser Energiequellen (z. B. in E-Autos) beruhend auf optimierten Tarifmodellen.

Weitere wichtige Aufgaben beziehen sich auf die intelligente Interaktion zwischen dem Gebäude und seinen Nutzern. Diese Interaktionen tragen weiter zur Betriebseffizienz und Betriebssicherheit bei und erhalten das Komfortniveau und die Produktivität der Gebäudenutzer aufrecht bzw. erhöhen sie sogar.

Diese Aufgaben hängen von der Erschließung der vorhandenen Gebäudeautomationsinfrastruktur mittels neuer Funktionalitäten zur Gewährleistung der Interopera-

bilität und Energieeffizienz der Systeme ab.

Intelligenter Energieverbrauch durch intelligente Gebäude

Nach einer langen Phase struktureller Stabilität in elektrischen Energiesystemen treten wir in ein neues Zeitalter ein, in dem Stromnetze aller Spannungsstufen vor einem grund­legenden Wandel stehen. Einerseits besteht in der westlichen Welt grundsätzlich die Notwendigkeit, die alternde Stromnetzinfrastruktur des frühen 20. Jahrhunderts zu ersetzen und zu ergänzen. Andererseits wird aufgrund politischen Bewusstseins sowie regulatorischer Anforderungen die Integration von Tausenden von dezentralen, fluktuierenden erneuerbaren Energiequellen sowie die Steigerung der Energieleistung existierender Gebäude erschwert – bis hin zum Mandat des Europäischen Parlaments, dass alle Neubauten nach dem 31. Dezember 2018 genauso viel Energie vor Ort erzeugen müssen, wie sie verbrauchen (2020 bis 2030 in den USA und Kanada).

Die Antwort der Industrie auf diese Herausforderung ist das so genannte „Smart Grid“, bei dem alle Komponenten des Stromnetzes wirtschaftliche und technische Informationen von Anbietern, Verbrauchern und integrierten intelligenten Automationssystemen empfangen und mit diesen kommunizieren können, um eine durchgängige Harmonisierung von Erzeugung und Verbrauch elektrischer Energie zu erreichen.

Smart Grid-Technologien haben bereits eine lange Forschungs- und Entwicklungszeit hinter sich. Regulatoren, Gesetzgeber, Anbieter, Versorgungsunternehmen und Wissenschaftler sind sich durchaus bewusst, dass ein erfolgreich implementiertes Smart Grid großen gesellschaftlichen Nutzen hat, was den effizienten Verbrauch von Primärenergie und Umweltschutz anbelangt. Die Rolle, die die Nachfrageseite spielt, fällt aber meist unter den Tisch. Es wird so viel Aufmerksamkeit auf die Vorteile des Smart Grids für das Strom­system gelegt, dass die Auswirkungen auf die Nachfrageseite oft übersehen werden.

Betriebliche Herausforderungen von Gebäuden und die Motivation aller Beteiligten, Wissen und Konstruktionsspezifikationen von der Konstruktionsphase auf den Betrieb zu übertragen sowie in energieeffiziente Technologien zu investieren, stellen beträchtliche Hindernisse dar, aus der Implementierung von Smart Grids Energieeinsparungen zu erzielen.


Nutzen aus der Smart Grid-Infrastruktur

Um Energie zu sparen, müssen Gebäudetech­nologien korrekt funktionieren und durchgängig steuerbar sein. Die Interoperabilität des Smart Grids mit allen gebäudetechnischen Systemen (HLK, Beleuchtung, elektronische Sicherheit, Brandschutz und zugehörige
Messung) über eine zentrale Gebäudemanage­-
ment­funktion ist unabdingbar, da Energie­managementsysteme in Gebäuden zu autonomen Systemen werden müssen, die auf wirtschaftliche Signale aus dem Stromnetz (einschließlich Preisprognosen) reagieren können.

Zukünftig werden Gebäude eine Mischung aus verteilten Energiequellen (z.B. Wind, Solar) sowie Energiespeichertechnologien (z. B. Wärme, Wasserstoff, E-Autos) aufweisen. Dies kann für jede erneuerbare Energiequelle zu einer Effizienzsteigerung von bis zu 20 % führen, ohne dass neue Technologien erforderlich sind, und ist der erste Schritt in Richtung Netto-Nullenergiegebäuden.

Fazit

Es liegt auf der Hand, dass die effiziente Energienutzung in Zweckbauten – und die Möglichkeiten, durch effiziente Technologien und Praktiken Energie zu sparen – durch zahlreiche Trends innerhalb und außerhalb des Gebäude- und Energiesektors beeinflusst werden.

Wir stellen die These auf, dass Smart Grids und intelligente Gebäude nur dann eine kostenwirksame Infrastrukturinvestition für Versorgungsunternehmen und Immobilienbesitzer darstellen, wenn die Systeme für maximale Energieeinsparung und Energieeffizienz ausgelegt sind, da die Stromlasten in Gebäuden das größte Energiesparpotential in einem Smart Grid aufweisen. Dies gilt insbesondere dann, wenn unterschiedliche Energiequellen ausgeglichener werden und Gebäudeeigner mit der von ihnen erzeugten Energie handeln können.

Neue Standards ermöglichen den Datenaustausch zwischen Gebäudesystemen und mit anderen Businessanwendungen und tragen so zu einer Verbesserung der Effizienz und der Echtzeitsteuerung der Betriebskosten bei.

Die Gesamtkosten über den Lebenszyklus des Gebäudes hinweg sollten für alle Beteiligten eine Entscheidungsgrundlage darstellen. Der erste Schritt für Gebäudebetreiber und -nutzer besteht darin, das Energiemanagement zu einem Schwerpunkt zu machen. Darüber hinaus ist es für Unternehmen wirt-

schaftlich sinnvoll, den Energieverbrauch
ihrer Gebäude zu überwachen, bei Bedarf einzugreifen und den Trend zu mehr Energie­effizienz voranzutreiben. Für Bauträger spie­­len intelligente Konstruktionstechniken und hocheffiziente Gebäudekomponenten bei
der Maximierung der Energieeffizienz eine Schlüsselrolle.

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