Wir sind die Zukunft!
Wenn es um die Zukunft geht, dürfen diejenigen nicht fehlen, die diese gestalten werden. So fragten wir an Hochschulen und Universitäten nach, wie sich angehende Architekten und Stadtplaner die Zukunft ihres Berufs, ihrer Branche vorstellen, wie sich ihr Berufsfeld verändern wird und welche Ziele sie haben?
Burcin Bas, Masterstudium der Architektur Media Management AMM an der Hochschule Bochum, www.hochschule-bochum.de:
»Mein größter Wunsch als Architektin ist es, in der Zukunft meine Unabhängigkeit und Individualität zu bewahren. Im Studium haben wir die großartige Erfahrung gemacht, in der Architektur neue Wege zu erproben und Grenzen zu überschreiten. Diese Fähigkeit, sollten wir uns im Beruf erhalten und weiterentwickeln. Seit jeher lebt die Architektur vom Wandel und einem unermesslichen Reichtum an Themen. Stets gilt es, als Architekt die Aufgaben aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und andere zum Perspektivwechsel zu ermutigen. Als Zukunftsdisziplin muss die Architektur auf sich ändernde gesellschaftliche, klimatische, funktionale, technische, digitale Bedingungen nicht nur reagieren, sondern künftige Entwicklungen vorempfinden und mitgestalten. Nur wenn wir uns als Freie Architekten für kommende Herausforderungen unsere Unabhängigkeit und Kreativität erhalten, können wir einen wertvollen Beitrag für Bauherren und Gesellschaft leisten.«
Cedric Wehren, Masterstudium der Architektur an der RWTH Aachen, www.arch.rwth-aachen.de:
»Blickt man zurück auf die Geschichte, findet sich der Beruf des Architekten als eine Art Generalist wieder, der als „oberster Handwerker“ für alle Aufgabenbereiche vom äußeren Erscheinungsbild über die Statik bis hin zur Gestaltung der Inneneinrichtung verantwortlich war. Über die Jahre sind die einzelnen Bereiche komplexer geworden und schwer zu überblicken. Schon längst existieren keine klassischen Baumeister mehr. Die verschiedenen Aufgaben wurden aufgeteilt, spezialisiert. Tragwerksplaner, Fassadenbauer, und Brandschutzbeauftragte sind nur einige Tätigkeitsbereiche. Der Beruf des Architekten ist heutzutage ein weit umfassender Begriff, umso schwieriger wird es somit den genauen Inhalt zu fassen. Ist es die Lehre des Schönen, der Ästhetik, des Räumlichen? Oder doch die der Statik und Funktionalität? Ist ein Fassadenplaner noch ein Architekt? Braucht jeder Architekt seinen eigens entworfenen Barcelona-Sessel? Die Fragen sind endlos, aber genau das ist die große Stärke der Architektur. Es scheint schier unmöglich alle Bereiche genausten abzustecken und zu beschreiben. Umso wichtiger ist es seine persönliche Spezialisierung und Nische zu finden, um den eigenen Anforderungen und denen der Gesellschaft gerecht zu werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Fachkenntnisse und die Vertiefung von Wissen die Basis für zukunftsorientierte Vorschläge und Alternativen abseits der ausgetretenen Pfade sind.«
Judith Caspers, Bachelorstudium der Architektur und Stadtplanung an der Detmolder Hochschule Ostwestfalen-Lippe, www.hs-owl.de:
»Wenn es um Zukunft geht, steht dabei oft der Fortschritt der Digitalisierung im Vordergrund. Sobald wir jedoch über die Zukunft des Bauens nachdenken, sollte das Digitale lediglich die Planung vereinfachen und nicht sie beherrschen. Wir müssen auf die Menschen zu gehen, persönlicher werden und mit ihnen gemeinsam planen. Unsere Art zu Wohnen ändert sich ständig, alles wird schneller, ständig ziehen wir um. Ein neuer Arbeitsplatz oder eine Veränderung im familiären Alltag, worauf wir unsere Umgebung anpassen – oder die Umgebung sich eben uns anpasst. Und auf eben dieses sollten wir in Zukunft mehr eingehen. Wir müssen so planen, dass unsere Wohnungen immer flexibel bleiben und wir sie vielleicht sogar mit an einen anderen Ort nehmen können. Wir bauen nicht einfach nur Städte und Häuser, wir erschaffen die Lebensräume von uns allen.«
Leonard Higi, Masterstudent der Zukunftsforschung an der Freien Universität Berlin, www.fu-berlin.de:
»Die Frage nach dem Umgang mit Zukunft im Planungsprozess führte mich nach meinem Studium der Architektur und Stadtplanung zum Masterstudium der Zukunftsforschung. Die Gestaltung von Raum, der zukünftigen Anforderungen gerecht werden muss und zugleich Entwicklungspfade auf lange Zeit festlegt, erfordert aus meiner Sicht oftmals eine systematischere Beschäftigung mit Zukünften als dies bislang der Fall ist. Architekten und Stadtplaner sind mehr als Experten des Raums. Für mich haben sie die Verantwortung, Zukunftsoptionen aufzuzeigen, zu vermitteln und möglich zu machen. Ich habe den Anspruch, mich mit Raum und Stadt nicht nur in der angewandten Praxis, sondern auch aus einer akademisch-forschenden Perspektive auseinanderzusetzen. So haben sich unter anderem Agentenbasierte Modelle zu meinem Werkzeug gesellt, mit denen ich mich dem Phänomen Stadt nun auch programmierend nähere. Dieses Wechselspiel des Einnehmens verschiedener Blickwinkel über Disziplinen hinweg kann manchmal anstrengend sein, ist für mich vor allem aber sehr bereichernd. Ich freue mich auf die Herausforderung, dies in mein Berufsleben weiterzutragen.«
Mathias Maierhofer, Masterstudium des ITECH (Integrative Technologies and Architectural Design Research) an der Universität Stuttgart, www.icd.uni-stuttgart.de:
»Die Frage nach der Zukunft der Architektur müssen wir im Kontext der zu bewältigenden Herausforderungen beantworten. Dazu zählen unter anderem der starke Bevölkerungszuwachs, die Erschöpfung von Ressourcen und Boden sowie die Verschärfung klimatischer Verhältnisse.Um vor dem Hintergrund dieser komplexen Rahmenbedingungen zukünftig möglichst hochwertige, nachhaltige und leistbare Architekturen realisieren zu können, ist es an der Zeit, unsere traditionellen Entwurfs-, Planungs- und Konstruktionsprinzipien nicht nur anzupassen, sondern tiefgreifend zu hinterfragen und neu zu denken. Dies sollte nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als Chance verstanden werden - als Chance, das Bau- und Planungswesen ins Digitale Zeitalter zu überführen. Denn durch den Einsatz des Wissens und der Technologien unserer Zeit, können wir umfassende Lösungen generieren, die ohne deren Einsatz undenkbar bzw. nicht durchführbar wären. Hier sehe ich besonders die Universitäten aufgefordert, verstärkt Raum für die Erforschung von zukunftsorientierten Konzepten zu schaffen – speziell im interdisziplinären Austausch zwischen Architektur, Informatik, Robotik, Biologie, Ingenieurwesen etc. Die Universität Stuttgart – an der ich bereits eine derartige Ausbildung genießen darf – hat hier eine besondere Vorreiterrolle zu.«
Maximilian Pfaff, Masterstudium der Architektur an der Technischen Universität Darmstadt, www.architektur.tu-darmstadt.de:
»Die Frage nach der Zukunft des Bauens zu beantworten ist schwierig. Ich denke, dass sich „das Rad immer schneller drehen wird“. Technologien wie BIM oder auch die Integration von KI werden das Arbeiten ein Stück weit einfacher und effizienter, aber vor allem deutlich schneller machen. Dabei sollten wir als Architekten jedoch aufpassen, dass wir uns nicht selbst überholen. Gerade im Studium wünsche ich mir für die Zukunft weiterhin eine ganzheitliche Ausbildung, die die Entfaltung der Individualität eines Jeden fördert. Auch eine Vermittlung von „Soft Skills“ wünsche ich mir für das Studium, da die Kommunikation mit anderen Leuten ein maßgeblicher Teil in unserem Beruf ist. Das Wichtigste für die Zukunft des Bauens ist jedoch, dass wir als Architekten die Bedürfnisse der Gesellschaft mit unserer Planung erfüllen und die Gestaltungsqualität eines Gebäudes maßgeblich dessen Wert bestimmen sollte. Nicht nur schnell und günstig sollten wir bauen, sondern angemessen und nachhaltig. Ich wünsche mir eine Baukultur in der heutigen Zeit, von der wir in Zukunft sagen können: Das haben wir damals gut gemacht!«
Pia Nicola Kampkötter, Masterstudium der Architektur und Städtebau an der Leibniz Universität Hannover, www.uni-hannover.de:
»Durch Globalisierungsprozesse und der einhergehenden Vernetzung, dem Austausch, der Anpassung und Beeinflussung hat sich das Berufsbild des Architekturschaffenden nachhaltig verändert. Kulturspezifische Entwurfsaspekte werden bei diesen Prozessen meinst vernachlässigt. Während des Studiums wuchs mein persönliches Interesse an der weltweiten, architektonischen, durch Kultur geprägten Diversität, die sich schließlich in einer ortsspezifischen Gestaltung und Raumplanung widerspiegelt. Ich sehe meine Aufgabe als zukünftige Architektin darin, die kulturelle Identität eines Ortes mit Bezug auf die Nutzerinnen und Nutzer zu erkennen, zu interpretieren und mit den analysierten Parametern über den Genius Loci hinaus einen Entwurf zu entwickeln. Es ermöglicht eine Identifizierung mit dem Raum, fördert eine nachhaltige Aneignung und stellt letztendlich den Menschen als orts- und kulturgeprägtes Individuum wieder in den Fokus des Entwurfs.«