Parkhäuser aus Holz
Bausystem aus Buchenfurnierschichtholz

Die Buche ist nach Fichte und Kiefer der dritthäufigste Baum in deutschen Wäldern. In Bezug auf Stabilität und Tragfähigkeit übertrifft sie Nadelhölzer beträchtlich. Die Entwicklung von verleimten Buchenholzprodukten ermöglicht seit wenigen Jahren den Einsatz von Buchenholz in tragenden Holzkonstruktionen. Diese Anwendung stellt aus ökologischer und forstwirtschaftlicher Sicht eine sehr positive Entwicklung dar. Im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes an der TU München wurden Konstruktionssysteme für Parkgaragen aus Buchenfurnierschichtholz untersucht.

Einleitung

Die Firma Pollmeier Massivholz GmbH in Thüringen stellt in einem hochautomatisierten Produktionsprozess aus Buchenfurnieren das Produkt BauBuche her, das nicht nur kos­tengünstig ist, sondern in Bezug auf Festigkeit und andere technische Eigenschaften exzellente Werte aufweist. Um dem Holzbau neue Einsatzbereiche zu erschließen, lässt Pollmeier in einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt an der TU München die Anwendungsmöglichkeiten des Baustoffes BauBuche bei der Konstruktion von Parkhäusern untersuchen.

Aufbau des Parksystems

Angelehnt an gängige Parkhaussysteme aus Stahl wurde ein modulares System für den Bau von oberirdischen offenen Mittel- und Großgaragen entwickelt. Dabei kommt eine hybride Grundkonstruktion mit Stützen und Trägern aus Brettschichtholz aus Buchenfurnierschichtholz (Buchen-FSH) und einer Decke aus Stahlbeton-Fertigteilen zum Einsatz. Um heutigen Komfortansprüchen zu genügen, wurde die Parkplatzgröße mit 2,50 x 5,00 m bei 6,50 m breiter Fahrbahn definiert. Durch das stützenfreie Überspannen von Stell­plätzen und Fahrbahn können die Stellplätze bei Bedarf auch unabhängig von der Konstruk­tion ausgewiesen werden. Dadurch können Behindertenstellplätze untergebracht und auf künf­tige Veränderungen der Fahrzeuggrößen eingegangen werden. Somit ergibt sich eine Spannweite zwischen den Auflagern von 16,50 m bei einer Lasteinzugsbreite von 2,50 m. Als lichte Höhe wurden 2,20 m zwischen Oberkante Fahrbelag und Unterkante Tragwerk bestimmt, um Reserven für Beleuchtung, Sprinklerung, sonstige Installa­tionen und evtl. künftige Sanierungen durch zusätzliche Aufbauschichten zu gewährleisten. Die Geschosshöhe beträgt 2,93 m.

Flexibilität in der Planung

Die modularen Grundelemente können zu Parkebenen von beliebiger Länge aneinander gereiht werden. Die max. Höhe des Gebäudes reicht bis zur Hochhausgrenze. In einer späteren Bauphase erlaubt die modulare Bauweise die Aufstockung und Erweiterung. Die Kombination des Parksystems mit verschiedenen Rampentypen ist möglich, so dass größtmögliche Flexibilität in der Anwendung besteht. Gerade Vollrampen in Vollgeschoss­parkhäusern und Halbrampen, wie sie im Split-Level-Parkhaus vorkommen, können mit Stützen und Trägern aus Buchen-FSH realisiert werden. Dies gilt auch für den Typus des Ram­penpark­hauses, der aus längsgeneigten Parkdecks mit einer max. Neigung von 6 % besteht. Im Bereich von Stegen und Durchfahrung des Rasters sind Wechsel mit entsprechenden Anschlüssen an die Querträger und größere Stützenquerschnitte notwendig. Die Anwendung von Holz in Voll- oder Halbwendelrampen wird nicht empfohlen, da diese nicht wirtschaftlich auszuführen sind. In anderer Materialisierung können sie jedoch mit dem Konstruktionssys­tem aus Buchen-FSH kombiniert werden. Ebenso möglich sind Sonderformen, die alle Kombinationen von Voll- oder Halbgeschossrampen mit Wendelrampen umfassen.

Buchenholz mit Sichtoberfläche

Aufgrund seiner hohen Festig- und Steifheitseigenschaften und der Maßhaltigkeit ist der Baustoff Buchen-FSH prädestiniert für den Einsatz im tragenden Bereich. Filigrane und damit ressourcenschonende Trag- und Stützenelemente sind mit diesem Baustoff realisierbar. Die Dimensionen sind wesentlich schlanker als bei Nadelholzwerkstoffen. Zudem wird eine hohe Oberflächenqualität erreicht, die diese Konstruktionen für den Sichtbe­reich prädestiniert. So können auch Bauten wie z. B.Parkhäuser in ihrer Ästhetik aufgewertet werden.

Bei fachgerech­tem, witterungsgeschütztem Einbau und regelmäßiger Kontrolle wird für die Buchen-FSH-Tragelemente eine Nutzungsdauer von > 50 Jahren angenommen. Die erzielte Langlebigkeit der Konstruktion ist mit der eines Massivbaus vergleichbar.

Konstruktion

Die Holz-Beton-Verbundträger bestehen aus Buchen-FSH nach allgemein bauaufsichtlicher Zulassung und Betonfertigteilen, die mittels Kerven mit den Holzquerschnitten schubsteif verbunden werden. Die Holzquerschnitte der Träger sind 240 mm breit, 600 mm hoch und werden überhöht hergestellt. Zum Schutz des Holzes vor Feuchte und einer hieraus resultierenden höheren Dauerhaftigkeit werden alle Holz-Trägerelemente auf der Oberseite beschichtet. Die Auflagerung der Träger erfolgt jeweils nur an den Enden der Parkebene in Querrichtung auf Stützen, die mit 240 mm x 240 mm einen quadratischen Querschnitt haben. Die Stützen werden geschossweise gestoßen. Die Kopplung der Stützen erfolgt über ineinander gesteckte Stahlhohlprofile, die mit schwindarmem Vergussmörtel gefüllt und mit Stabdübeln gesichert werden. So wird eine zügige Montage ermöglicht mit gleichzeitiger Loslösung der Holzstützen von der Betonplatte. Potentiell sich auf der Betonfläche sammelndes Wasser stellt somit für die Dauerhaftigkeit der Stütze kein Problem dar. Die Stützen der Mittelebe­nen des Split-Levels, die aneinander liegen, werden verschraubt.

Die Erschließung für PKW-Verkehr erfolgt über Rampen aus Holzträgern aus Buchen-FSH und Fertigteilplatten aus Beton. Diese werden aufgelegt und mittels Schrauben auf den Holzquerschnitten fixiert. Über der höchsten Parkebene wird ein Dach zum Schutz der Parkebenen vor direkter Bewitterung vorgesehen. Die 2 % geneigten Parkdecks leiten das durch die Autos ins Gebäude gebrachte Wasser nach außen. Hier wird es in einer Rinne, die ins Betonfertigteil integriert ist, aufgefangen und in Abwasserrohre geführt.

Vorfertigung und modularer Aufbau

Die Ressourceneffizienz der Baukonstruktion steigt mit ihrem hohen Vorfertigungsgrad. Die Produktion der Buchen-FSH-Tragelemen­te im Fertigungswerk ermöglicht eine höhere Baustoffqualität der Trag- und Stützenelemente, da sie bei den Detailausbildungen (Aussparungen für Kerven, oberflächliche Abdichtung etc.) die Möglichkeit zur besseren Qualitätskontrolle bietet. Der produktionsbedingte Abfall wird hier auf ein Minimum reduziert und kann im Werk weiterverwendet werden. Der Bau des Parkhauses kann durch die hohe Vorfertigung der Bauteile standardisiert und die Bauzeit verkürzt werden. Die Modularisierung der Systembauweise bietet relativ einfache Möglichkeiten zum Austausch und Instandhaltung der einzelnen Bauteile.

Die vorgesehene, stockwerksweise Montage erfüllt gleichzeitig holzschutz- und brandschutztechnische Aspekte. Eine umfangreiche Vorfertigung der Bauelemente im Sägewerk sowie der modularisierte Aufbau der einzelnen Parkgeschosse schränken die zeitliche Dauer, in welcher die FSH-Träger der freien Bewitterung ausgesetzt sind, zugunsten des Holzschutzes ein. Die einzelnen Parkgeschossdecken (Betonfertigteilplatten) übernehmen in der Bau- und Montagephase die Funktionen eines Daches, so dass die feuchteempfindlichen Träger und Stützen Niederschlägen nicht direkt ausgesetzt sind.

Mit der Durchführung der Betonplatte wird mit jedem Modul eine nichtbrennbare, ebenenweise Trennung erreicht. Dadurch wird die vertikale Brandausbreitung über die Tragkonstruktion ausgeschlossen. Eine selbstständige Brandausbreitung von einem Träger zum anderen ist infolge des großen Abstands von ca. 2,30 m nicht zu erwarten. Die Anwendung massiver Holzbauteile schließt Hohlraumbrände aus und unterstützt die Löschbarkeit der Konstruktion. Die Ausführung der linienförmigen, tragenden Bauteile aus Holz stellt daher brandschutztechnisch kein erhöhtes Risiko dar.

Rückbau und End-of-life

Durch den modularisierten Systemaufbau und die Verwendung von reversiblen Stahlverbindungen kann ein effizienter und selektiver Rückbau problemlos erfolgen. Die sich ständig wiederholende Fügetechnik automatisiert den Demontageaufwand. Der einfache Verbund der drei Hauptbaustoffe Holz, Beton und Stahl ermöglicht leichte Separierbarkeit. Von Vorteil ist zudem die Verwendung von großteiligen, sortenreinen Baustoffen in Fertigbetonplatten und FSH-Trägern.

Bei der Umsetzung nachhaltigen Bauens spielt der Baustoff Holz eine relevante Rolle. Das Bausystem für Parkhäuser besteht zu fast einem Drittel aus dem nachwachsenden Rohstoff. Durch die Beachtung von baulich-konstruktiven Schutzmaßnahmen ist ein ­vor-
beugender chemischer Holzschutz in diesem Bausystem vollständig vermeidbar. Das unbehandelte Holz kann später uneingeschränkt thermisch verwertet und dem Materialkreislauf wieder zugeführt werden. Die Betonbauteile wie Rampenplatten, Quellmörtel und die Betonplatten der Park­ebenen sollten als Recyclingmaterial weiterverwertet werden, ebenso die Stahlbauteile. Ein Parkhaus aus Buchen-FSH stellt letztendlich ein großes Ressourcenreservoir dar. Dies ist aus bau-ökologischer Sicht ein wichtiger Aspekt bei der Schonung natürlicher Ressourcen und ein bedeutender Beitrag zum Ressourcen- und Ökosystemschutz.

Architektonischer Entwurf eines Prototyps

Zur Erprobung des entwickelten Bausystems wurde ein ortsunabhängiger Prototyp entworfen. Ein Split-Level-System mit halbgeschossig ver­setzten Parkebenen, entsprechend kurzen Ram­pen und einem sehr wirtschaftlichem Verhältnis von Erschliessungs- zu Parkplatzfläche wird nach den max. möglichen Fluchtweglängen (50 m in Großgaragen) dimen­sioniert. So entsteht ein 88 x 34,5 m großer, freistehender Baukörper mit vier Parkgeschossen, in dem 492 Stellplätze unterkommen. Die Gesamthöhe beträgt 12 m, bei einer Höhe des obersten Parkdecks von 8,80 m, und entspricht Gebäudeklasse 5. Vorteilhaft im Sinne des Brandschutzes sind zwei an der Fassade liegende Treppenhäuser. Aus Gründen des konstruktiven Holzschutzes wie auch des Komforts wird die Ausbildung eines Daches über der letzten Parkebene beschlossen. Das gewährleistet die Gleichwertigkeit dieser Parkplätze, die ansonsten aufgrund von Schnee und Regen im Winter und starker Überhitzung der parkenden Autos im Sommer nicht gegeben ist. Es wird eine wirtschaftliche Lösung in Form eines Trapezblechs vorgeschlagen, das ein Quergefälle von 2,5 % aufweist und mit einer Anti-Drop-Beschichtung versehen ist. Die Aus­steifung des Gebäudes erfolgt in Querrichtung über die Treppenhauswände aus Stahlbeton. In Längsrichtung werden Aussteifungsverbände aus Stahl in den Stützenebenen vorgesehen.

Ausbildung der Fassade

Das Bausystem für Parkhäuser aus Buchen-FSH ermöglicht eine freie Gestaltung der Fassade. Dabei ist darauf zu achten, die Fassade zu einem Drittel zu öffnen, damit die Voraussetzung für eine offene Garage erfüllt wird. Weiterhin ist eine Fassade, die ausreichende Regendichtigkeit bei gleichzeitiger freier Belüftung sichert, Voraussetzung für das vorgeschlagene Konzept. Bei einer konkreten Planung muss der Entwurf der Fassade mit den lokalen Behörden abgestimmt werden, insbesondere zum Thema Brandschutz.

Der Prototyp ist mit einer Fassade aus Lamellen aus Lärchenholz in Kombination mit umlaufenden auskragenden Holzbrettern geplant. Durch die Abschrägung der Lamellen läuft das Regenwasser schnell ab. Dies berücksichtigt den Witterungsschutz und lässt dennoch Tageslicht hinein, was zur Benutzerfreundlichkeit des Parkhauses beiträgt. Die etagenweise Unterbrechung der Lamellen durch die an den Stützen befestigten Brettern hat gestalterische und brandschutztechnische Gründe. Ausblicke nach draußen fördern die Orientierung und das Wohlbehagen der Besucher. Die Konstruktion wird durch den Überstand von 300 mm vollständig geschützt.

Alternativ kann der Entwurf als Metall­fassade ausgeführt werden. Durch den Einsatz einer hinterlüfteten Opferschicht kann auf die Fassade komplett verzichtet oder ein Fassadenentwurf ermöglicht werden, der frei ist vom Anspruch auf Witterungsschutz. Die Stützen werden durch eine dreiseitige Brettverschalung, die als Verschleißschicht dient, geschützt. Die vorgehängten Bretter können leicht ausgetauscht werden. Der Aufwand für Wartung und Rückbau ist dementsprechend sehr gering.

Fazit

Werden konsequent die Regeln des konstruktiven und organisatorischen Holzschutzes beachtet, ist das Bausystem für Parkhäuser in Buchen-FSH eine ökologische Alternative zu Konstruktionen aus Stahl- oder Beton, wirtschaftlich mit diesen vergleichbar und von hohem gestalterischen Wert.

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