MinimizerWohnhaus in Reutlingen

Mit einem Minimum an Energie ein Maximum an Behaglichkeit zu erreichen, war das Ziel von Architekt

Axel Walk für sein Einfamilienhaus in Reutlingen.

Am Stadtrand von Reutlingen, an einem Südhang mit einer bemerkenswerten Aussicht auf die Hänge der schwäbischen Alb, baute Architekt Walk von Walk Architekten ein Haus für alle Familienphasen. Der geschlossenen Nordseite aus Lärchenholz, mit der sich das Gebäude zur Straße hin abgrenzt und die ihm Intimität gibt, stehen die großen Glasflächen der Südfassade gegenüber, die sich zur umgebenden Natur hin öffnen und passive Solargewinne ermöglichen.

Eine mittig gelegene Treppe unterteilt das Haus in die im Süden gelegenen Wohn- und Schlafräume und die Nebenräume im Norden. Der Grundriss wurde so entwickelt, dass sich tiefe Blickachsen und großzügige Raumhöhen mit dem gefassten Treppenraum abwechseln und das Raumerlebnis stärken. Auf großzügigen 223 m² ermöglicht die Grundrissstruktur, die verschiedenen Phasen im Laufe eines Familienlebens durch flexible Raumnutzungen nachzuvollziehen.

Während der ersten Lebensjahre der Kinder befindet sich das Schlafzimmer der Eltern auf der gleichen Geschossebene mit den Kinderzimmern. Später können die Eltern mit ihrem Schlafzimmer in das Dachgeschoss ziehen, während die groß gewordenen Kinder im Untergeschoss einen eigenen Eingang erhalten. Für die späte Lebensphase wurde das Erdgeschoss jetzt schon so ausgelegt, dass die Garage und der Eingang mit dem Wohn- und Schlafraum ebenengleich liegen und das barrierefreie Bad sogar ein Leben mit dem Rollstuhl möglich macht.

Ganz ohne Technik kamen auch walk architekten nicht aus. Die Zielvorstellung des Energiekonzepts war, eine hohe Behaglichkeit bei sehr geringem Energieverbrauch und so weit wie möglich ohne technischen Aufwand zu erhalten. Der Ansatz, soviel Komfort wie möglich mit so wenig Technik wie möglich zu erzielen, wurde durch eine methodische Planung bereits in der Entwurfsphase erreicht. Entstanden ist eine Struktur, die die Wärme- und Luftströme gezielt durch das Gebäude führt und in der die Einstrahlung von Sonne und Licht bewusst gelenkt werden. Auf diese Weise entfalten alle architektonischen Maßnahmen ihre energetische Wirkung.

Ein alle Geschosse verbindender Thermikschacht ermöglicht die Luftzirkulation von kalter und warmer Luft und lässt das Licht facettenreich in das Gebäude fallen. Die Zuluft wird im unteren Geschoss in die Schlafräume und den Treppenraum eingeblasen und steigt durch die natürliche Erwärmung nach oben, wo sie die Aufenthaltsräume mit Frischluft versorgt. Am höchsten Punkt, im Firstbereich, wird die verbrauchte Luft abgesaugt und über einen Kreuzwärmetauscher, der ihr die Wärmeenergie entzieht, nach außen abgeführt. Die Luft des großen Wohnzimmerraumes im Erdgeschoss wird auf diese Weise ausgetauscht. Alle anderen Aufenthaltsräume werden kanalgeführt be- und entlüftet. Durch die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung werden so Lüftungswärmeverluste gemindert und eine gleichbleibende Luftqualität gesichert.

Die Wärmeversorgung für die Beheizung und Trinkwassererwärmung übernimmt eine Sole-Wasser-Wärmepumpe mit 11,8 kW, die auszwei Tiefenbohrungen à 100m versorgt wird. Die beiden Erdsonden liefern den kompletten Wärmebedarf, der über die Erdwärmetauscher gewonnen wird. Auch die Luft für die Kühlung der Räume im Hochsommer kann auf diesem Wege die Zuluft vorkonditioniert werden.

Für das einseitig im Hang eingegrabene Gartengeschoss wurden ­gedämmte Betonfertigteile verwendet, auf die zwei Geschosse in Holzrahmenbauweise aufgesetzt sind. Die Fenster- und Pfosten-­Riegelelemente bestehen aus einem Holz-Aluminium-System mit Dreifachverglasung und warmer Kante. Die hochwärmedämmende Gebäudehülle trägt entscheidend zur Energieeffizienz und zum Klimakomfort bei. Dem Primat der baulichen Struktur ordnet sich die Anlagentechnik unter, die selbst optisch nicht in Erscheinung tritt. Ihre Elemente sind bewusst robust und einfach gewählt und funktionieren ohne aufwändige Steuerungstechnik.

Beteiligte

Bauherren: Heike und Axel Walk
Architekt: Walk Architekten, freie Architekten BDA, www.walkarchitekten.de
Energieplaner/Fachingenieure:
Tragwerksplanung, EnEV Nachweis:
tragwerkeplus Ingenieurgesellschaft mbH & Co. KG, www.tragwerkeplus.de
HLS Planung: Henne & Walter Ingenieurbüro für technische Gebäudesysteme, www.henne-walter.de
Elektroplanung:
Raible + Partner GmbH & Co. KG Planungsbüro für Elektro- und Kommunikationstechnik, www.raible.de
Energiekonzept:
Gebäudehülle:
U-Wert Außenwand Betonfertigteilwände Gartengeschoss = 0,186 W/(m²K),
15 cm Stahlbetoninnenwand, 18 cm Polystyrolhartschaumdämmung 0,35, 7 cm Stahlbetonaußenschale
U-Wert Außenwand Holzrahmenbauwände = 229 W/(m²K), Lärchenholzschalung, Luftraum, DWD Platte, Mineralwolldämmung 18cm, OSB Platte, Installationsebene
U-Wert Bodenplatte = 0,214 W/(m²K), 10 cm Polystyrolhartschaumdämmung 0,35, Bodenplatte Beton 18 cm, 6 cm Polystyrolhartschaumdämmung 0,40
U-Wert Dach = 0,143 W/(m²K), Titanzinkdeckung Luftschicht, Trennlage, DWD Platte, 24 cm Mineralwolldämmung 0,35, OSB Platte, 7cm Mineralwolldämmung 0,35 als Installationsschicht
Uw-Wert Fenster = 0,9 W/(m²K), Dreifachverglasung, Holz-Alu System
Luftwechselrate n 50 = 0,6/h
Haustechnik:
Raum- und Trinkwassererwärmung mittels Sole-Wasser Wärmepumpe 11,8 kW,
2 Erdwärmebohrungen à 100 m, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

Energiebedarf

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