Rechtsprechung

Ist eine einstweilige Verfügung für Architekten/Ingenieure nach dem § 650d BGB jetzt leichter möglich?

Noch empfiehlt es sich, das Anordnungsrecht sowie die entsprechende Vergütung im Architekten/Ingenieurvertrag konkret zu regeln

Seit einem Jahr gilt das neue Bauvertragsrecht und damit auch eine Vielzahl von neuen Regelungen für Architekten und Ingenieure. Zwar ist den Architekten/Ingenieurverträgen im BGB nunmehr ein eigener Unterabschnitt (§650p bis §650t BGB) zu Teil geworden. Der dort enthaltene §650q BGB erklärt teilweise Regelungen des Bauvertragsrechts für anwendbar, die ebenfalls neu in das BGB aufgenommen worden sind und für Verträge ab dem 1.1.2018 gelten. So verweist der § 650q BGB auf den § 650b und entsprechend auch auf § 650c BGB, die das Anordnungsrecht des Bestellers für geänderte oder zusätzliche Leistungen sowie deren Vergütung regeln. Hierzu hatten wir bereits in unserem Artikel vom 5.9.2018 berichtet.

Nicht geregelt wurde jedoch, ob Architekten/Ingenieure, bzw. deren Auftraggeber auch das Recht haben, eine erleichterte einstweilige Verfügung zu beantragen, wenn es Streit über das Anordnungsrecht nach § 650b BGB oder über die Höhe der Vergütung nach §650c BGB zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer gibt. Die Erleichterung, die diese Norm bringen soll liegt darin, dass nach Baubeginn kein Verfügungsgrund mehr glaubhaft gemacht werden muss. Hierdurch soll eine einstweilige Verfügung einfacher beantragt und damit eine schnelle vorläufige Entscheidung durch das Gericht erlangt werden können. Nach dem eigentlich eindeutigen Gesetzeswortlaut kann der Architekt/Ingenieur das nicht, denn der § 650q BGB verweist gerade nicht auf den § 650d BGB. Hier stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber dies für die Architekten/Ingenieure vergessen oder bewusst nicht geregelt hat.

Der Gesetzgeber wollte mit Einfügung des § 650d BGB den Vertragsparteien nach einer Anordnung eine schnelle und erleichterte rechtliche Klärung über das Anordnungsrecht sowie für eine damit verbundene Vergütung ermöglichen, um Baustillstände sowie Liquiditätsengpässe zu vermeiden. Der Gesetzgeber spricht in seiner Begründung nicht vom Bauunternehmer oder Architekten/Ingenieur, trifft insofern also keine klare Differenzierung, vgl. BT Drs 18/11437. Der Gesetzgeber nimmt in der Begründung auch des § 650q BGB den Architekten/Ingenieurvertrag nicht ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich heraus. Es ist somit nicht geklärt, ob der Gesetzgeber das Recht der erleichterten einstweiligen Verfügung des § 650d BGB schlichtweg nur zu regeln vergessen hat oder es bewusst nicht regeln wollte. Legt man die Norm zweckentsprechend („teleologisch“) aus, müsste man zu dem Ergebnis kommen, dass sie auch für Architekten/Ingenieure anwendbar sein sollte, zumal ja hier auch der § 650b sowie der §650c entsprechend gilt und das Instrument der einstweiligen Verfügung in § 650d BGB das dafür entsprechende Instrument zur (vorläufigen) rechtlichen Klärung darstellt. Es leuchtet daher nicht ein, warum bei Architekten/Ingenieurverträgen diese Regelung dann nicht analog anwendbar sein soll.

Für ein Vergessen spricht auch die kurzfristige Einfügung des § 650d BGB in den Gesetzesentwurf, der im ursprünglichen Regierungsentwurf gar nicht vorgesehen war. Wirklich Rechtssicherheit wird es aber wohl erst bei einer obergerichtlichen Entscheidung geben. Aufgrund der „Jugend“ dieses Gesetzes ist damit allerdings in nächster Zeit noch nicht zu rechnen. Auch die Kommentarliteratur hält sich hierzu noch zurück, bzw. wirft die Frage nicht auf. Um dies nicht ausprobieren zu müssen, empfiehlt es sich also, das Anordnungsrecht sowie die entsprechende Vergütung im Architekten/Ingenieurvertrag konkret zu regeln.

In unserem nächsten Beitrag werden wir uns mit einem Aufsehen erregenden Urteil des Bundesgerichtshofes vom 8.11.2018 befassen zu dem Thema Schadensersatz für Planungs- und Überwachungsmängel in dem Fall, dass der Auftraggeber die Mängel nicht beheben lässt (Abkehr von der fiktiven Schadensberechnung).

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