Elbphilharmonie im Januar 2017 eröffnet

Das Wahrzeichen von Hamburg ist ihre Hauptkirche St. Michaelis, bekannter als „der Michel“. Oder die Speicherstadt, die Reeperbahn, das Rathaus ... Der Michel. Auf den zu steigen kostet Eintrittsgeld, zurzeit 5 €. Alle Städte machen das so: Wahrzeichen aneignen: Eintritt kassieren. Wegen der Unterhaltungs- und Instandhaltungskosten.

Das ebenfalls von der Stadt demnächst so vermarktete neue Wahrzeichen soll die Elbphilharmonie werden. Eine bekannte Hamburger Werbeagentur zieht jetzt für deren Vermarktung die nötigen Register. Ob die Vermarkter auch die 3 € in ihre Kampagne miteinbeziehen, die aktuell die Hamburger Deputation, eine Art Beratungsgremium, für den Eintritt auf die Plaza der Philharmonie vorschlägt, ist fraglich. Denn die hiermit verbundene Selektion steht einem ganz alten Versprechen entgegen. Das stammt aus Zeiten, als die Philharmonie eher ein Traum noch war. Im April 2006 wurde dieser Traum im ReGe Büro in Hamburg-Harburg mit der Präsentation eines Holzmodells ein kleiner Startschuss gegeben. Damals wurden die Vertreter der Stadt wie auch die Architekten nicht müde, zu betonen, dass das Projekt ein öffentliches sei. Man könne und wolle an dieser zentralen Stelle den Bürger nicht ausschließen: Die Bürger sollten mit dem Kulturbau eine öffentliche Plaza erhalten. In 37 m Höhe. Mit fantastischem Blick auf Hafen und Stadt.

Schon in den Folgejahren wurde diese Plaza immer weniger öffentlich. Es wird Sperren geben, die zu überwinden allein Konzert-karteninhabern möglich sein sollen. Auch wurde die auf frühen Visualisierungen offen und durchlässig erscheinende Aussichtsplattform mit hochwertiger Gastronomie zugebaut. Die Plaza schrumpfte mehr und mehr zum bloßen Umgang. Und nun soll auch der Zugang zu diesem Bereich des Öffentlichen über Eintrittsgeld, eben die angesprochenen 3 €, reglementiert werden. Die Einnahmen seien für die Pflege und die Betreuung (=Überwachung?) des dann eingeschränkt öffentlichen Raumes gedacht, so das Deputiertengremium.

Bettler, Obdachlose, Jugendliche, Rentner, Arbeitslose und andere Menschen, die auf den Cent achten, hätten schon unterhalb des Kulturbaus keinen Zutritt. Die selektive Filterung privater Sicherheitsdienste würde hier in Totalität greifen. Klar, den Michel kann auch nur der besteigen, der 5 € dafür übrig hat. Aber das demnächst degradierte Wahrzeichen ist auch niemals als ein öffentlicher Ort bis zur Turmspitze angetreten. Sein Werden war nicht mit dem Hinweis auf sein ureigenst demokratisches Wesen legitimiert und am Ende auch durchgesetzt worden; neben der Kostenargumentation von günstigen ca. 77 Mio. € für die Stadt (zuzüglich 74 Mio. €, die ein Investor einzubringen hatte, plus Spenden).

Die Kosten für die Stadt haben sich nun annähernd versiebenfacht, 2009 sollte die Landmarke, die durchaus mit der Sidney Opera konkurrieren kann, eröffnet werden. Jetzt gaben die Betreiber einen Termin fürs Eröffnungskonzert: In ziemlich genau einem Jahr, im
Januar 2017. Dann wird sich zeigen, ob die Versprechungen eingelöst werden: weltbeste Akustik, erste Rentabilität, Barrierefreiheit bis auf die letzten Ränge ... Das Öffentliche sollte in Erfüllung gehen. Be. K.

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