Das neue Forderungssicherungsgesetz
Die Auswirkungen der gesetzlichen Neuerungen für Architekten

Seit dem 01.01.2009 ist das Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur besseren Durchsetzung von Forderungen (Forderungssicherungsgesetz – FoSiG) in Kraft. Es gilt für sämtliche Archi­tekten- und Bauverträge, die seit dem 01.01.2009 abgeschlossen wurden. Die Bezeichnung des Gesetzes lässt zunächst keine Vermutung dahin gehend aufkommen, dass seine Bestimmungen von nachhaltiger Bedeutung für den Architekten sind. Bei einer näheren Betrachtung wird allerdings sehr schnell erkennbar, dass die gesetzlichen Neuerungen für den Planer sowohl bezogen auf sein Vertragsverhältnis mit seinem Auftraggeber wie auch auf sein Vertragsverhältnis mit einem etwaigen Generalplaner und auch bezogen auf seine Sachwalterpflichten im Zuge der Planung, Ausschreibung und Objektüberwachung Auswirkungen haben. Diese jungen Bestimmungen müssen aber allein deshalb schon von Interesse sein, weil der Bundesgerichtshof den Architektenvertrag in seiner ständigen Rechtssprechung als Werkvertrag qualifiziert. Zum eigenen Interesse der Planer kommt die Informationspflicht des Architekten seinem Bauherren gegenüber hinzu: Vernachlässigt er diese, kann er sich gegenüber seinem Auftraggeber rasch Haftungsansprüchen ausgesetzt sehen. Als sachkundiger Berater des Auftraggebers ist der Architekt verpflichtet, sich mit den gesetzlichen Neuerungen zu befassen, zumal der BGH seit über 30 Jahren postuliert: „Der Architekt ist als geschäftlicher Oberleiter sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn auf dem Gebiete des Bauwesens. Dazu muss er nicht unerhebliche Kenntnisse des Werkver­tragsrechts, des Bürgerlichen Gesetzbuches und der entsprechenden Vorschriften der VOB/B besitzen …“ (BGH, Urteil vom 26.04.1979 – VII ZR 190/78).


Die neue Abschlagszahlungsregelung

Nach der neuen Regelung des § 632 a BGB hat der Unternehmer für vertragsgemäß erbrachte Leistungen einen Anspruch gegen-über seinem Auftraggeber auf Abschlagszahlungen und zwar in der Höhe, wie der Besteller durch die Leistungen einen Wertzuwachs erlangt hat. Damit hat der Gesetzgeber davon Abstand genommen, dass Abschlagszahlun­gen nur dann abgefordert werden können, wenn es sich um abgeschlossene Teile des Werkes handelt. Für jeden Werkunternehmer – den ausführenden Unternehmer und den Architekten – gilt mithin, dass er dann von seinem Auftraggeber Abschlagszahlungen verlangen kann, wenn beim Auftraggeber ein Wertzuwachs entstanden ist. Allerdings müssen der Planer und der ausführende Unternehmer die vereinbarte Leistung auch vertragsgemäß erfüllt haben. Derzeit ist noch nicht entschieden, was unter der Begrifflichkeit „Wertzuwachs“ zu verstehen ist.

Dem Sinn und Zweck des Gesetzes folgend, sollte der Planer dann Abschlagszahlungen verlangen können, wenn er abgeschlossene Grundleistungen, wie etwa die Grundlagen­ermittlung, die Vorplanung, den Entwurf etc. dem Auftraggeber tatsächlich übergeben hat. Natürlich müssen sich der Planer (ebenso wie der ausführende Unternehmer) versichern, dass der Auftraggeber nicht „schutzlos“ ist; denn ihm steht seinerseits im Falle eines Mangels ein Zurückbehaltungsrecht zu und zwar in der zweifachen Höhe des Betrages, der zur Beseitigung des Mangels aufzuwenden wäre. Die Erhöhung um 200 % ergibt sich aus dem so genannten Druckzuschlag, der bewirken soll, dass der Mangel auch tatsächlich abgestellt und beseitigt wird.Trotz der bekannten Regelung in § 15 Abs. 2 HOAI, wonach der Architekt für seine Leistungen Abschlagszahlungen verlangen kann, greift die Abschlagszahlungsbestimmung des § 632 a BGB insbesondere dann, wenn davon auszugehen ist, dass die Bestimmung der HOAI unzulässig ist, weil es an der entsprechenden Ermächtigungsgrundlage fehlt. Um eine Abschlagsrechnung durchzusetzen, bedarf es nach der neuen gesetzlichen Fassung einer Aufstellung, die die erbrachten Leistungen nachweist und eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglichen muss. Mit anderen Worten: Der Planer muss eine prüfbare Abrechnung erstellen.


Bauleitertätigkeit

Mit Blick auf die Bauleitertätigkeit des Planers ist die Neuregelung gemäß § 632 a Abs. 3 BGB von Bedeutung: Ist nämlich der Auftraggeber ein Verbraucher und hat der Vertrag die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand, hat der Bauherr das Recht, bei der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit in Höhe von 5 % des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers einzubehalten. Prüft also der Planer entsprechende Abschlagsrechnun­gen des Unternehmers (immer vorausgesetzt, dass ein BGB-Werkvertrag zugrunde liegt), hat er darauf zu achten, dass vom ausführenden Unternehmer diese Sicherheit geleistet wird. Versäumte er dies, stünde der Auftraggeber ohne Sicherheit da – und im Falle einer Insolvenz des ausführenden Unternehmers könnte der Architekt in die Haftung genommen werden. Sollte sich der Vergütungsanspruch der Unternehmers, zum Beispiel in Folge von Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages, um mehr als 10 % erhöhen, hat der Auftraggeber das Recht, die fünfprozentige Sicherheit entsprechend anzupassen. Auch hier ist also bei der Prüfung von Abschlagsrechnun­gen höchste Sorgfalt geboten.


Sicherung von Honoraransprüchen

Nach wie vor findet die Sicherungsregelung für die Honoraransprüche des Architekten in der Praxis zu wenig Beachtung. Seit 1993 gibt es auch für den Planer die Möglichkeit, sich ohne vertragliche Abrede mit seinem Auftrag­geber die eigenen Honoraransprüche sichern zu lassen. In der Praxis wird hiervon allzu wenig Gebrauch gemacht. Anders hingegen sieht es bei den ausführenden Gewerken aus. Hatte bisher der Werkunternehmer gegenüber seinem Auftraggeber lediglich die Möglichkeit, für sein Vorleistungsrisiko eine Sicherung vom Auftraggeber zu verlangen und nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist die Arbeit einzustellen und gegebenenfalls das Vertragsverhältnis zu kündigen, tritt neben diese Möglichkeiten nunmehr ein klagbarer Anspruch. Denn der Unternehmer (also auch der Architekt) hat gegenüber dem Auftraggeber die Möglichkeit, den Sicherungsanspruch im Klagweg durchzusetzen.

Nicht nur für die ursprünglich im Vertrag bezeichneten Leistungen und die hierfür erforderliche Vergütung kann der ausführende Unternehmer Sicherheit verlangen, sondern auch bezogen auf Zusatzaufträge einschließlich der zugehörigen Nebenforderungen, die mit 10 % des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind. Bei einem Honoraranspruch von 100 000 € hat daher der Planer gegenüber dem Auftraggeber einen Sicherungsanspruch in der Höhe von 110 000 €.

Diese Neuerung betrifft auch den Planer, der als Generalplaner fungiert. Er muss sich der Konsequenz bewusst sein, dass die entsprechenden Subplaner gleichermaßen Sicherheit gegenüber dem Generalplaner verlangen können und zwar wiederum in der Höhe von 110 % des ihnen zustehenden Vergütungsanspruches. Gerade dann, wenn es im Verhältnis des Generalplaners zu seinen Subplanern zum Bruch kommt, kann dies zur Folge haben, dass der Generalplaner dem gekündigten Subplaner dessen Sicherheiten legen muss, während gleichzeitig der neu einzubindende Subplaner seinerseits entsprechende Sicherheiten abfordern kann.


Aufklärungspflicht

Der Planer hat gegenüber seinem Bauherren eine Aufklärungspflicht. Schon im Zuge der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1 gemäß § 33 i.V.m. Anlage 11 HOAI), der wirtschaftlichen Verantwortlichkeit und Aufklärungspflicht des Planers gehört es zu dessen Pflichten, den Auftraggeber auf die hier beschriebenen Sicherungsregelungen hinzuweisen, da diese bezogen auf die Finanzierung von Projekten in der Praxis eine ganz erhebliche Rolle spielen.


Gekündigter Architektenvertrag

Entschließt sich der Planer, nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Gestellung der Sicherheit für das Vorleistungsrisiko, das Vertragsverhältnis zu kündigen, so steht ihm die vereinbarte Vergütung unter Beachtung ersparter Aufwendungen zu. Außerdem muss er sich das anrechnen lassen, was er durch eine anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt bzw. zu erwerben böswillig unterlässt. Die Abrechnung derartig gekündigter Architektenverträge stellt sich in der Praxis für den Architekten als schwierig heraus. Die Neuregelung des § 648 a BGB erleichtert dem Architekten diese Situation, denn man geht nun von der Vermutung aus, dass dem Archtekten 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. Dieser Vermutungsregelung kann allerdings von beiden Seiten widersprochen werden.

Der Architekt sollte in der Praxis mehr abrechnen können, da ersparte Aufwendungen beim freiberuflichen Planer zumeist höchstens in geringfügiger Höhe anfallen und Kom­pensationsaufträge in aller Regel ohnehin kaum zur Verfügung stehen. Diese gleichwohl erleichterte Art der Abrechnung findet sich nunmehr auch im Rahmen des Kündigungsrechts des Auftraggebers wieder und zwar bei der so genannten freien auftraggeberseitigen Kündigung. Auch hier gilt die Vermutung, dass dem Architekten/Unternehmer 5 % der noch nicht erbrachten Werkleistung entfallenden zustehen.


Schutz des Subplaners

Der Gesetzgeber gewährt dem Subplaner/Subwerkunternehmer mit dem Mittel der so genannten Durchgriffsfälligkeit einen erhöhten Schutz. Nach der soll die Vergütung des Subplaners für seine erbrachten Leistungen gegenüber dem Generalplaner (selbiges gilt auch selbstverständlich im Verhältnis des Subwerkunternehmers gegenüber dem Generalunternehmer) fällig werden, sobald die Leistungen des Generalplaners von seinem Auftraggeber abgenommen wurden oder als abgenommen gelten. Fällig wird der Honoraranspruch des Subplaners auch dann, wenn er von seinem Generalplaner unter Setzung einer angemessenen Frist Auskunft darüber verlangt hat, ob der Auftraggeber die Leis­tun­gen abgenommen hat oder nicht und der Generalplaner die Frist fruchtlos verstreichen lässt, ohne die gewünschte Auskunft zu er­teilen.


Weitere Sicherungsmöglichkeit

Neben der Sicherungsmöglichkeit über Bauhandwerkersicherungsgesetz (§ 648 a BGB) hat der Planer gleichermaßen die Möglichkeit, sein Honorar über die Sicherung von Bauforderungen (GSB), die es bereits seit 1909 (!) gibt, zu sichern. In der Praxis wird hiervon so gut wie kein Gebrauch gemacht. Der Architekt gelangt in den Schutzkreis dieses Gesetzes, wenn seine Leistung derart eng mit dem Bauvorhaben verbunden ist, dass sich der Wert des Grundstücks durch seine Leistungen erhöht. Daher ist der Architekt geschützt, dessen Planungsleistungen (wie auch Ausschreibungs-, Koordinations- und Bauüberwachungsleistungen) sich unter Berücksichtung der Realisierung des Objektes durch die einzelnen Gewerke auf das Baugrundstück Wert steigernd auswirken. Dieses Sicherungsmittel verdiente etwas mehr Aufmerksamkeit, insbesondere dann, wenn der Planer als Subplaner eines Generalplaners eingeschaltet ist.

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