Christian Richert, Torsten Wilde-Schröter, Köln/Berlin

„Digitalisierung: Planen 4.0 und BIM – Fluch oder Segen“

Die heutigen Entwicklungen in den Planungsprozessen des Bauwesens sind geprägt durch das Schlagwort „Digitalisierung“. Beinahe täglich erhalten wir Einladungen zu Veranstaltungen unter dem Motto „BIM“, „Virtual Reality“ oder „Planen 4.0“.

In unserer täglichen Projektarbeit haben wir bereits vor mehreren Jahren damit begonnen, die Planungsprozesse in allen Leistungsphasen zu digitalisieren, BIM-fähige Software einzusetzen und unsere (externen) Mitstreiter in den Projekten zur Teilnahme an einem integralen Planungsprozess zu motivieren. Unsere Erfahrung allerdings war leider lange so, dass viel über Digitalisierung und BIM geredet aber nicht entsprechend gehandelt wurde. Wir sind der Meinung, dass Handeln – und nicht Reden – Fortschritt und Innovation bringt. Somit hatten wir uns hier nicht entmutigen lassen und für das Tragwerk durch alle Leistungsphasen konsequent die Planung in Anlehnung an das Planungsprinzip des „BIM“ erstellt; denn wir hatten die Vorteile sehr schnell schätzen gelernt.

Mit der stetig weiter ansteigenden Komplexität der Bauvorhaben wird der regelmäßige koordinierte Datenaustausch immer wichtiger, um fehlende Konsistenzen in der Planung frühzeitig aufzuzeigen und nicht erst auf der Baustelle kostspielig aufzulösen. Gleichzeitig kann mit der Digitalisierung auch eine Systematisierung erreicht werden, die den Planungsaufwand optimieren kann, ohne dabei die Qualität des Gebauten zu reduzieren.

Seit gut einem Jahr stellen wir nun fest: Die Einstellungen zur Digitalisierung haben sich radikal geändert. Nun wird gehandelt! Insbesondere die großen Architekturbüros haben sich der Digitalisierung der Planungsabläufe und der Implementierung des BIM-Prozesses verschrieben und erwarten dies auch von ihren Planungspartnern. Auch die Bauherren haben die Vorteile für die Projektentwicklung und -umsetzung erkannt und fordern zunehmend eine BIM-konforme Planung.

Deutschland befindet sich somit, mit Verzögerung zu unseren Nachbarn in Skandinavien und Benelux, nun auch auf dem Weg in die planerische Zukunft und wir sind neugierig, wie sich die Projekt-abläufe modifizieren werden. Ob es eine „radikale“ Änderung oder eine der kleinen Schritte sein wird; wir sind gespannt.

Aber bedeutet Digitalisierung in all seinen unterschiedlichen Facetten auch eine Verbesserung der Qualität des Gebauten? Hinsichtlich der Güte der Umsetzung bzw. der Effizienz der Prozesse sicherlich, aber was ist mit der Funktionalität und der Gestaltungsqualität? Wir Planer sollten uns immer bewusst machen, dass die mit der Digitalisierung zur Verfügung gestellten Werkzeuge auch tatsächlich „nur“ Werkzeuge sind. Die Qualität dessen, was am Ende als Bauwerk entsteht, hängt aber von der Kreativität und „Ingenuity“ der beteiligten Planer sowie der Offenheit der Bauherren ab.

Für den Erfolg unserer Branche und die Qualität unserer zukünftigen (Bau-)Projekte wird entscheidend sein, an den Hochschulen die Ausbildungsschwerpunkte so zu legen, dass eine ausgewogene Mischung zwischen den klassischen Fächern, die das Verständnis des Bauens lehren, und den neuen digitalen Werkzeugen und Verfahren erreicht wird. Es darf nicht der Fehler gemacht werden, den Fokus ausschließlich auf die digitalen Werkzeuge zu legen, in dem Glauben, die Digitalisierung wäre das Allheilmittel!

Die Heftpaten

Dipl.-Ing Christian Richert studierte Bauingenieurwesen an der RWTH Aachen. Er arbeitet seit 2005 beim Büro IDK Kleinjohann GmbH & Co. KG. Neben der Tätigkeit als Projektleiter ist er seit 2010 als Leiter der Entwurfsabteilung (CCC) tätig. Seit 2016 ist er Prokurist in dem Unternehmen und neben Herr Oliver Kleinjohann und Herrn Guido Kirsch Gesellschafter bei IDK.

Dipl.-Ing. Torsten Wilde-Schröter studierte Bauingenieurwesen an der TU Dortmund und der University of Kansas. Er arbeitete 18 Jahre für die ARUP Deutschland GmbH, zuletzt als Prokurist und Büroleiter in der Düsseldorfer Niederlassung. 2013 wechselte er als geschäftsführender Gesellschafter zu den WSK Ingenieure GmbH Berlin/Düsseldorf. Er hat einen Lehrauftrag an der Architekturfakultät der Kunstakademie Düsseldorf.

www.idk-koeln.de, www.wsk-ingenieure.de

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