Baurechtsnovelle: Stadt auch „Urbanes Gebiet“

Man sollte sich nichts vormachen: Der zunehmende Siedlungsdruck auf die großen Stadtregionen wird das Leben dort nicht gerade leichter machen. Und auch, wenn es in Deutschland die vielzitierten Metropolregionen mit jährlich hunderttausendfachem Zuzug nicht gibt, ist der Zuzug für Städte wie München oder Frankfurt, Hamburg oder Münster ebenfalls eine Herausforderung. Und zugleich, das darf man nicht vergessen, stellt er auch eine Chance für die Zukunftsplanung dar.

Aber zunächst die Probleme: Natürlich wird mit einer Verdichtung der Städte deren infrastrukturelles Gewebe mitwachsen müssen. Das besteht aus öffentlichem wie privatem Verkehr, Ver- und Entsorgung über und unter der Erde, aus Bauten und Abstellflächen, aus Schutz- und Verbrauchszonen. Verdichtung bedeutet ganz gewiss die Schließung von Freiräumen, den Verlust von Klimapuffern. Bedeutet weniger saubere Luft und höhere Emissionen insgesamt. Und – weil es überall enger wird – mehr Stress.

Darauf kann man argumentativ reagieren – wie zuletzt Hamburgs Oberbaudirektor, Jörn Walter, in der Bauwelt – indem man die Fortschritte der Technik hervorhebt. Die es laut Walter nun möglich machen, Lärm besser drinnen (Lärmquelle) und draußen zu halten (Schlafzimmer hinter „Hamburger ‚HafenCity-Fenster‘“). Ja, das geht. Und auch sind die Motoren leiser geworden, die Kanalisation effizienter, die Müllberge besser sortiert.

Dem Oberbaudirektor ist dabei das, was aktuell das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit plant, fast noch zu wenig. Die vom BMUB vorgelegte und vom Bundeskabinett als Gesetzentwurf beschlossene Novelle des Baurechts soll den Stadtplanern neue Instrumente zum Umgang mit dem Zuzug an die Hand geben. Herzstück der Reform ist die neue Gebietskategorie „Urbanes Gebiet“, die der administrativen Stadtplanung für die drängenden Probleme innerstädtischer Wohnraumbeschaf-fung geeignetere Werkzeuge an die Hand geben soll. Neben der Novellierung des Baurechts sollen zudem neu geregelt werden die Bedingungen für Sportplätze, Ferienwohnungen und Zweitwohnungen.

In urbanen Gebieten soll in Zukunft dichter und höher gebaut werden als in den
herkömmlichen Mischgebieten. Um „den unterschiedlichen Nutzungsansprüchen von Gewerbe und Wohnen gerecht zu werden“, so das Ministerium, „sind für das urbane Gebiet auch höhere Lärmimmissionswerte durch gewerblichen Lärm zugelassen. Parallel zur Änderung des Bauplanungsrechts wurde daher auch eine Änderung der TA Lärm beschlossen.“

Damit in dem verdichteten Stadtraum dennoch (Sport-)Plätze bleiben, an denen sich die Stadtmenschen bewegen können, werden die Immissionsrichtwerte für die abendliche Ruhezeit sowie die nachmittägliche Ruhezeit an Sonn- und Feiertagen um 5 dB(A) erhöht. Die Ministerin erläutert das logisch: „Die dichter werdende Stadt soll nicht auf Kosten des Sports wachsen. Wir brauchen Sportplätze in der Stadt – für die Gesundheit, aber auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die Kinder, die nicht mal eben an den Stadtrand fahren können.“

Müssten sie eigentlich auch nicht, wäre es in der Stadt der Zukunft nicht so unglaublich urban, also dicht. Und: Ein Stadtrand als Rand eines Teppichs, zwischen dessen Fransen Restflächen zu Spielfläche werden?! Immerhin: Die Novelle geht auch dem Problem der sogenannten „Rollladen-Siedlungen“ nach. Das zukünftige Gesetz soll es den Kommunen ermöglichen, gegen die vor allem in Urlaubsregionen zahlreich entstandenen und kaum genutzten Zweitwohnungen vorzugehen, die mehr und mehr Engpässen auf dem Wohnungsmarkt haben entstehen lassen.

Be. K.

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