Bauprozesse digital signieren
Die Lösung ohne Stift spart Arbeitszeit und Geld. Hinzu kommt die Flexibilität durch wenige Klicks auf dem Smartphone. Wichtig ist die Wahl des passenden Standards.
Text: Philipp Dick, Skribble
Die eIDAS-Verordnung definiert drei E-Signatur-Standards
Foto: Skribble
Auch wenn Manche noch zweifeln: Der langgehegte Traum vom papierlosen Büro lässt sich – der Digitalisierung sei Dank – bereits in vielen Branchen realisieren. Die dafür nötige Technik ist reif und vorhanden. Profitieren können davon natürlich auch Ingenieur- und Architekturbüros, unter anderem beim Unterschreiben von Werk- oder Lieferantenverträgen, Bauanträgen, Stundenlohnarbeiten sowie Ausschreibungen. Auch die papierlose Baustelle rückt daher in greifbare Nähe. Allerdings gibt es bei der Umstellung auf den digitalen Standard einige wichtige Punkte zu beachten.
E-Signatur statt Stift
Wichtiges Element für ein papierloses Arbeiten ist die E-Signatur: Unterschriften auf Dokumenten müssen nicht mehr mit Stift geleistet werden. Es müssen sogar nicht mal mehr „Unterschriften“ im ursprünglichen Sinne des Wortes sein. Mit der E-Signatur lassen sich fast alle Dokumente rechtsgültig signieren.
Wer auf dieses Tool verzichtet, kann die Hürde zum papierlosen Büro nicht überspringen. Auch wenn ansonsten sämtliche Geschäftsprozesse digitalisiert sein sollten – es bleibt der Medienbruch, wenn die dokumentierte Bestätigung eines Dokuments gefordert wird. Die klassische Methode ist seit vielen Jahrhunderten eingeübt: Man greift zum Kugelschreiber oder Füller und zeichnet mit seinem guten Namen. Doch die Nachteile sind inzwischen nicht mehr zu übersehen. Schon wenn nur zwei Parteien Unterschriften leisten müssen, kann sich der dafür nötige Prozess in die Länge ziehen. Sind weitere Personen beteiligt, dauert es meist noch länger. Dokumente ausdrucken, unterschreiben, einscannen und dann entweder per Mail schicken oder womöglich zur Post bringen – wer hat heute noch die Zeit dafür?
Die E-Signatur ermöglicht, Prozesse wie z.B. das Baugenehmigungsverfahren von Städten und Gemeinden, durchgängig digital zu gestalten
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Vorteil bei Fristen
Mit der Lösung E-Signatur lassen sich diese Schritte in wenigen Klicks, binnen Sekunden getätigt, zusammenfassen. Die Zeitersparnis ist enorm. Gerade im Baubereich, wo Fristen zum Geschäfts-alltag gehören, ist das ein unschätzbarer Vorteil. Hinzu kommt die größtmögliche Flexibilität, was den Standort angeht: Sämtliche Mitarbeitende und Partner:innen können überall auf der Welt ihre rechtsgültige Zustimmung zu Verträgen geben. Dazu genügt im Übrigen das Smartphone sowie ein Internetzugang als technische Voraussetzung.
In Zeiten allseits geforderter Ressourcenschonung ist auch der Nachhaltigkeitsaspekt bei der E-Signatur hervorzuheben. So haben wir für unsere Lösung hochgerechnet, dass mit ihrer Hilfe im Jahr 2022 rund 1,7 Mio. Blatt Druckerpapier eingespart werden können. Für die Bilanz hinzu addieren müsste man unter anderem noch die überflüssig gewordenen Reisen bzw. Fahrten, nur um eine Unterschrift an einem bestimmten Ort zu leisten. Immer mehr Unternehmen und Behörden erkennen diese Vorteile.
Beispiel Radolfzell
Ein Paradebeispiel lässt sich am schönen Bodensee finden. Der Hintergrund: Die Stadt Radolfzell will immer mehr Bürgerdienste komplett digital abwickeln. Das ist ganz im Sinne des Gesetzgebers: Das Onlinezusatzgesetz, kurz OZG, hat eine schlankere und effizientere Verwaltung zum Ziel. Für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Kommunen selbst kann das nur von Vorteil sein. Radolfzell gilt im ohnehin digital-affinen Baden-Württemberg als Vorreiterin bei der Anwendung innovativer Technologien. Die Stadtverwaltung von Radolfzell wiederum ist bereits besonders weit bei der digitalen Abwicklung von baurechtlichen Prozessen. Seit rund einem Jahr werden Bauanträge auf digitalem Weg eingereicht. Eine analoge Möglichkeit existiert nicht mehr. Natürlich funktioniert der umgekehrte Weg genauso: Auch Baugenehmigungen erteilt das Amt digital. Zum Einsatz kommt dabei die qualifizierte elektronische Signatur (QES). Diese kann in Deutschland die handschriftliche Unterschrift ersetzen und liefert bei eventuellen Auseinandersetzungen vor Gericht sogar eine höhere Beweiskraft als die handschriftliche Unterschrift auf Papier.
Dazu ein kurzer Exkurs: Ein zentraler Begriff bei der Beschäftigung mit dem Thema E-Signatur (in Europa) ist die „eIDAS-Verordnung“. Als gesetzliche EU-Verordnung ist sie die rechtliche Grundlage für elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste. Die eIDAS („electronic IDentification, Authentication and trust Services) ist bereits seit 2016 vollständig in Kraft.
Ob von der Baustelle oder Büro – mit der E-Signatur kann orts- und zeitunabhängig auf dem Tablet oder am Computer die Unterschrift geleistet werden
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Rechtsgültigkeit unbestritten
Seit damals ist auch festgelegt, dass die digitale Unterschrift genauso rechtsgültig ist wie die handschriftliche Unterschrift (mit wenigen Ausnahmefällen wie Kündigungen etc.). Interessant vor allem für die Baubranche: Für die meisten Verträge gilt die sogenannte „Formfreiheit“: Alle Arten der digitalen Unterschrift sind zulässig und haben vor dem Recht Bestand. Will man auf Nummer sicher gehen oder ist die Schriftform vorgeschrieben, wählt man den höchsten Standard QES – so wie die Baubehörde in unserem Beispiel. Wichtig: Bei bestimmten Dokumenten muss die Schriftform vorliegen. Diese sind dann ausschließlich mit dem E-Signatur-Standard der qualifizierten elektronischen Signatur (QES) rechtsgültig.
EES, FES und QES
Mit der eIDAS-Verordnung unterscheidet das EU-Recht in drei E-Signatur-Standards: An der Spitze steht QES mit den entsprechend strengen Anforderungen. Eine elektronische Verschlüsselung und ein digitales Zertifikat sind zwingend erforderlich. Auch bei der fortgeschrittenen elektronischen Signatur (FES) gibt es diverse Anforderungen. Verschlüsselung und Zertifikat sind hierbei ebenfalls notwendig. Nur bei der einfachen elektronischen Signatur (EES) gibt es keine besonderen Anforderungen. Eine EES ist insofern eine „digitale Unterschrift“, als sie durch einen Schriftzug auf dem Tablet erzeugt wird. Am einfachsten und schnellsten funktioniert die EES. Mit der EES lassen sich zum Beispiel Bestellungen tätigen, Übergabeprotokolle für Immobilien erstellen oder unbefristete Miet- und Arbeitsverträge signieren.
Im Zweifel sollte vor der Wahl der passenden Standards für die verschiedenen Anwendungsbereiche juristischer Rat eingeholt werden. Ist diese Frage korrekt geklärt, sollte es in der Folge problemlos funktionieren. Wer sich vor möglichen Manipulationen bestmöglich schützen möchte, wählt einen E-Signatur-Anbieter, der bei allen drei Standards Software und kryptographische Verfahren auf QES-Niveau nutzt.
Zurück nach Radolfzell: Über die eigene Plattform eBau können Bauherren und Architekt:innen sämtliche Dienstleistungen des Bauamts auf digitalem Weg nutzen. Somit erfüllt die Stadt nicht nur die Anforderungen des OZG, sondern schafft einen Bürgerdienst ohne Medienbruch. Was das im Übrigen an Papier und sonstigen Ressourcen spart, kann man sich vorstellen. Da die E-Signatur in diesem Fall browser-basiert ist, kann sie problemlos nach offen skaliert werden. Denn eines nicht allzu fernen Tages sollen alle 6 000 Prozesse der Kommune digitalisiert sein. Daran kann sich so mancher Player aus der freien Wirtschaft ein Beispiel nehmen.
Autor: Philipp Dick,
Mitgründer und CEO von Skribble
www.skribble.com
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