Barrierearm fachlich
Zugegeben, die Publikation ist schon drei Jahre alt, aber mittlerweile gibt es eine zweite Auflage, und es gab eine Ausstellung im DAM in Frankfurt. Es bleibt also ein exzeptionell gemachtes Buch. Zuerst 2020 unter dem Titel „Mesto pro kazdeho“ bei der Tschechischen Stiftung Architektur in Prag erschienen geht es um die Frage, was Stadt ist und welche Zukunft sie haben wird/haben sollte? Anders als in vielen Vorgängerpublikationen zu diesem Thema ist der Blick aus dem Nachbarland wesentlich auf den Alltag fokussiert und weniger auf stadtplanerische Theorie.
Der andere Erfahrungshorizont, der sich aus Mangel/Improvisation, Traum und Revolution, Bedrohung und Pragmatismus geformt hat, erlaubt es, frei, fast schon naiv über Städtebau zu sprechen. Über Eigentums- und damit Machtverhältnisse, über Einkommens- und damit Wohnrechtunterschiede, über Verkehr und Mitsprache. Es geht auf jeder einzelnen Seite dieser wunderbar illustrierten Publikation um die Frage: In welcher Stadt wollen wir leben?
Dass die direkt (an-)sprechende Arbeit auch Fachleserinnen zu empfehlen ist – fachsprachlich barrierearm richtet sie sich an die Stadtgesellschaft insgesamt – resultiert daraus, dass sämtliche Fachliteratur bisher nur zu sehr wenig geführt hat. Die Frage, wem die Stadt gehört, ist eine rhetorische geworden, was das Autoren-/Gestalterinnen-Team hier wunderbar ignoriert. So fröhlich bunt und frech gestaltet kommen Fachthemen vielleicht weiter als bisher! Be. K.
Osamu Okamura, Die Stadt für alle. Handbuch für angehende Stadtplanerinnen und Stadtplaner. Mit Illustrationen von David Böhm u.
Jiří Franta. Karl Rauch Verlag, Düsseldorf 2022,
176 S., zahlr. Farbabb.
25 €, ISBN 978-3-7920-0379-4