Vorbilder der Transformation im Bauen

Neues Prädikat „DGNB-Zukunftsprojekt"

Wie sieht der Maßstab für zukunftssichere, nachhaltige Gebäude im Jahr 2030 aus? Diese Frage will die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) mit ihrem jetzt veröffentlichten DGNB-System „Zukunftsprojekt“ beantworten. Es übersetze die notwendige gesellschaftliche Transformation in Richtung Klimaschutz und Nachhaltigkeit in konkrete, gebäudebezogene Zielstellungen und Aktivitäten, heißt es in einer Pressemitteilung der Non-Profit-Organisation. So sollten herausragende gebaute Beispiele sichtbar gemacht werden und Orientierung bieten. Die ausgezeichneten Projekte erhalten das Prädikat „DGNB-Zukunftsprojekt“. Das neue Angebot der DGNB stehe nicht im Wettbewerb mit anderen Zertifizierungssystemen der Organisation, sondern könne alternativ oder ergänzend angewandt werden.

„Gebäude, die das Prädikat ‚DGNB-Zukunftsprojekt‘ erhalten, sind umgesetzte Vorbilder für die Transformation“, erklärt Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. „Sie beschützen und stärken unsere Lebensgrundlage, sichern den sozialen Zusammenhalt und transformieren unsere Wirtschaftssysteme zukunftssicher.“

Solche beispielgebenden Projekte aufzuspüren und im Sinne eines offenen Wissenstransfers zu begleiten, damit andere von den gemachten Erfahrungen profitieren können – darum gehe es der DGNB bei ihrem neuen Angebot. Zudem sollen Bauschaffende und Planende eine verlässliche Orientierung bekommen, auf was es in Zukunft in besonderem Maße ankommt. Als Kompass für nachhaltige, zukunftssichere Gebäude vermittele das DGNB-System Zukunftsprojekt ein Leitbild und zeige auf, in welche Richtung sich die DGNB-Zertifizierung weiterentwickeln werde.

Leuchtturmprojekte aufzuspüren und im Sinne eines offenen Wissenstransfers zu begleiten, damit andere von den gemachten Erfahrungen profitieren können – darum gehe es der DGNB bei ihrem neuen Angebot.

Leuchtturmprojekte aufzuspüren und im Sinne eines offenen Wissenstransfers zu begleiten, damit andere von den gemachten Erfahrungen profitieren können – darum gehe es der DGNB bei ihrem neuen Angebot.

Zehn Kriterien mit Hilfestellungen zur Umsetzung

Inhaltlich fußt das DGNB-System Zukunftsprojekt auf den zehn Kriterien Klima, Wasser, Biodiversität, Boden, Vielfalt, Umfeld, Region, Suffizienz, Zirkularität und Resilienz. Den einzelnen Kriterien zugeordnet sind jeweils vier oder fünf konkrete Zielstellungen. Diese sollen Entscheidungen in allen Lebenszyklusphasen eines Gebäudes unterstützen – von der Bewertung oder Modernisierung bestehender Gebäude bis zur Konzeptionierung, dem Bau und der nachhaltigen Nutzung.

Zu einigen dieser Zielstellungen sind Mindestanforderungen formuliert, die der grundlegenden Qualitätssicherung sämtlicher Projekte dienen, die das Prädikat „DGNB-Zukunftsprojekt“ anstreben. Die Mindestanforderungen unterscheiden sich je nachdem, ob es sich um ein bestehendes oder neu gebautes Gebäude handelt. Statt einer Vielzahl von technischen Einzelindikatoren beinhalten die Kriterien des DGNB-Systems Zukunftsprojekt konkrete Hilfestellungen, sowohl zur methodischen Umsetzung als auch zur Dokumentation im Rahmen der Prüfung.

Unterschied zu bisheriger DGNB-Zertifizierung

Anders als bei anderen Varianten der DGNB-Zertifizierung müssen sich Projekte, die den Zertifizierungsprozess mit dem DGNB-System Zukunftsprojekt durchlaufen wollen, zunächst bewerben. Erst nach erfolgreicher Vorprüfung sei eine Teilnahme möglich. Diese erfolge durch die Zertifizierungsstelle der DGNB in Zusammenarbeit mit einer neu einberufenen Kommission Zukunftsprojekt, die in Kürze vorgestellt werde, heißt es weiter.

Das Prädikat „DGNB-Zukunftsprojekt“ kann von Gebäuden oder Gebäudekomplexen jeder Nutzungsart erreicht werden, die mindestens ein Jahr in der Nutzung sind. Sanierungs- oder Neubauprojekte, die sich noch in der Planungsphase befinden, können sich für die Teilnahme bewerben und die Zielstellungen des DGNB-Systems Zukunftsprojekt als Richtschnur nutzen. Maßgeblich für die Auszeichnung sei die Erfüllung sämtlicher Mindestanforderungen sowie Nachweise darüber, inwieweit es eine Auseinandersetzung mit den 45 Zielstellungen der zehn Kriterien gegeben habe. Für diese Dokumentation sei die Begleitung durch eine Person mit dem Status „DGNB Senior Auditor“ erforderlich.

Falls bei einem Projekt nachvollziehbar begründet werden kann, warum einzelne Zielstellungen nicht erreicht werden konnten, möchte die DGNB die Gründe hierfür plausibel dargestellt bekommen. Auch soll dargelegt werden, mit welchen Bemühungen dies in Zukunft gelingen soll. Wesentlicher Bestandteil der Zertifizierung sei zudem eine Vor-Ort-Begehung, gemeinsam mit Vertretenden der Kommission Zukunftsprojekt.

Eigene Online-Darstellung

Für jedes teilnehmende Projekt werde es einen eigenen Bereich auf der DGNB-Website geben, der kontinuierlich um projektspezifische Informationen ergänzt werden soll. Außerdem werden die teilnehmenden Projekte motiviert, Tag-der-offenen-Tür-Veranstaltungen oder andere Formate zur Wissensvermittlung anzubieten.

Um die Exzellenz-Auszeichnung fortlaufend nutzen zu dürfen, gibt es für die DGNB-Zukunftsprojekte eine Reihe von wiederkehrenden Anforderungen. So werden Projektverantwortliche in regelmäßigen Abständen aufgefordert, aktuelle Informationen zum Status des Gebäudes zur Verfügung zu stellen. „Wir wollen dranbleiben an den Zukunftsprojekten, um sicherzustellen, dass die Versprechen eingehalten werden“, erklärt Dr. Anna Braune, Abteilungsleiterin Forschung und Entwicklung bei der DGNB.

Einen Lerneffekt erhofft sich die DGNB auch für sich selbst und die Weiterentwicklung ihrer eigenen Zertifizierungssysteme. Christine Lemaitre: „Als DGNB erhoffen wir uns unter anderem Antworten auf die Frage, was wir von Bestandsgebäuden an Nachweisen überhaupt sinnvoll einfordern können, wenn der Luxus einer vollständigen Neubau-Dokumentation fehlt.“

In diesem Sinne hat sich die DGNB dazu entschlossen, keine fest definierten Zertifizierungsgebühren festzulegen. Stattdessen werden die Antragstellenden nach erfolgreicher Vorprüfung im Rahmen der Vertragserstellung gebeten, die Gebühren für die Zertifizierung ihres Projektes nach eigenem Ermessen selbst festzulegen.

Anders als die übrigen Varianten der DGNB-Zertifizierung diene das DGNB-System „Zukunftsprojekt“ nicht als Nachweisinstrument für die Erfüllung von regulatorischen Anforderungen wie der EU-Taxonomie. Auch eine Förderfähigkeit stehe nicht im Fokus. „Wem dies wichtig ist, sollte begleitend eine DGNB-Zertifizierung für Neubauten, Sanierungen oder Gebäude im Betrieb durchführen“, so Lemaitre.

Weiterführende Informationen unter www.dgnb.de/zukunftsprojekt

Info-Veranstaltungen

Die DGNB bietet in den kommenden Wochen eine Reihe von digitalen Informationsveranstaltungen zu dem neuen Angebot an.

Die nächsten Termine sind: 29. April ab 16 Uhr und 3. Mai ab 9:30 Uhr, die Teilnahme ist kostenlos.

Anmeldung unter www.dgnb.de/veranstaltungskalender

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