Kirchenraum aktiviert
Der "Kubus" von Klodwig & Partner hat nun den Preis der Stiftung KiBa 2025 erhalten 12.08.2025 |In Coesfeld, im westlichen Münsterland, hat die Evangelischen Kirchengemeinde nach Schließung des Gemeindehauses ihre Kirche am Markt zum gemeindlichen Lebensmittelpunkt gemacht; mit einem kleinen aber höchst wirksamem architektonischen Eingriff.
Um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein, hat das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Coesfeld bereits 2020 den Entschluss gefasst, das Gemeindehaus in der Rosenstraße 18 aufzugeben und die Evangelische Kirche am Markt zum gemeindlichen Lebensmittelpunkt zu machen. Durch funktionale Einbauten sollte die Kirche sowohl für das Gemeindeleben als auch als Ort für Gottesdienste nutzbar gemacht werden.
Roter Kubus: Ostblick
Foto: Benedikt Kraft
Um die Kirche wieder zum lebendigen Mittelpunkt des Gemeindelebens zu machen, entwickelte das Münsteraner Architekturbüro Klodwig & Partner eine Haus im Haus-Lösung, die sich bei einem Architektenwettbewerb durchsetzte. Ein etwa vier Meter hoher Baukörper mit 60 m² Nutzfläche und als "Roter Kubus" bezeichneter, vielfältig nutzbarer Raum wird als eigenständige Einheit gleich hinter dem Westchor am Haupteingang in den Kirchraum eingefügt –er beginnt unter der Orgelempore und reicht bis zum Nebeneingang, der einmal der neue Haupteingang werden und den Zugang vom Marktplatz aus ermöglichen soll.
Westblick
Foto: Benedikt Kraft
Große Einzüge durch das Hauptportal zu besonderen Festtagen wie Konfirmationen sind weiterhin möglich, denn die in der Hauptachse transparente Box kann zu beiden Seiten geöffnet werden und ermöglicht so einen Durchgang in den Kirchraum. IN die Metallkonstruktion, die mit Gipskarton und Holz beplankt wurde, ist die komplette Technik (Licht, Klima etc.) eingefügt. Innen sind kleine Abstellräume für Stühle und Arbeitsmaterialien, die kleine Orgel und an den Stirnseiten schmale Fächer angeordnet, aus denen händisch raumhohe Vorhänge gezogen werden können, die die gläserne Box blickdicht machen. In der Wandkonstruktion gegenüber den Staufächern sind zwei Unisex-Toiletten untergebracht, die vom Kirchenraum aus zugänglich sind.
Eine der Wände nimmt die neuen Toiletten auf
Foto: Benedikt Kraft
Die Decke der Box ist ebenfalls komplett verglast, allerdings gibt es von den rotfarbenen Wänden aus einen kleinen Überstand, in dem die Beleuchtung untergebracht wurde. Durch die thermisch und akustisch wirksamen Glaselemente in der Decke wird der Blick auf Kirchendecke und Hochaltar ermöglicht, auch wenn die Türen der Box verhangen sind.
Teil des Umbaukonzepts sind die neuen Räume, die aus dem Kirchenvolumen segmentiert werden konnten, indem einfach ein paar Seitenjoche über Leichtbauwände geschlossen wurden. Hier gibt es eine Behinderten-Toilette und eine kleine Küche.
Die gegenüberliegende Wand bietet Stauflächen
Foto: Benedikt Kraft
Das Gemeindehaus in der Rosenstraße habe man nur schweren Herzens aufgegeben, doch am Ende war das aus Gemeindesicht die einzige Möglichkeit, die Zukunftsfähigkeit zu gewährleisten. Und: Das Grundstück wird derzeit in Kooperation zwischen der Stadt Coesfeld und der Kirchengemeinde mit einem großen städtischen Nachbargrundstück im Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs entwickelt und vermarktet.
Möblierungsvariante, der Raum kann auch dem Gottesdienst gewidmet sein oder, ausgeräumt, für feierliche Prozessionen inszeniert werden
Foto: Benedikt Kraft
Nun hat die evangelische Stiftung KiBa ihren diesjährigen und mit 25000 dotierten Hauptpreis diesem Revitalisierungsprojekt zugesprochen. Der Preis geht an Kirchenumbauprojekte, die auf den gesellschaftliche Wandel reagieren und Kirchengebäude flexibler an neue Bedürfnisse anpassen. Neben dem selbstverständlichen Gebrauch für den Gottesdienst sollen die Sakralbauten auch für Gemeinschaft spendende Profannutzungen geöffnet werden. So kann die Verantwortung für den Erhalt des Gebäudes auf viele Schultern verteilt werden und zugleich wird Kirche in der Mitte der Gesellschaft präsent.