Flughafen Berlin Brandenburg BER

Ein paar Jahre und einige Milliarden Euro später

Der BER wird Ende Oktober 2020 ohne großen Pomp eröffnen; ziemlich sicher

Vor einigen Tagen hatte ein kleiner Trupp ausgewählter JournalistInnen das Vergnügen, mit den Architekten des BER sowie dem Geschäftsführer des Flughafens BER eine Tour durch den Neubau (!) zu machen. Der für so ziemlich alles steht, nur nicht für ein Happy End. Denn das wird es nicht geben, trotz Eröffnung Ende Oktober 2020. Der BER, der zum Zeitpunkt seiner Eröffnung neun Jahre zu spät kommt und mit jetzt rund 6,5 Mrd. € etwa 4 Mrd. € mehr als einmal gedacht gekostet hat, ist Ende dieses Jahres nicht fertig. Zwar ist die Infrastruktur komplett und abgenommen, zwar werden Flieger jeder Kategorie auf der Start- und der Landebahn Passagiere befördern, zwar werden die Check-In-Schalter und die Gepäcktransportanlage ihre Arbeit verrichten und die Cafés werden geöffnet sein, die Toiletten und die Fluchtwege benutzbar, doch schon während der Bau- und Planungszeit, die teils kaum noch auseinanderzuhalten waren, war klar: Der Flughafen soll wachsen. Wohin bloß?!

Um es gleich zu sagen: Wir waren nicht begeistert. Niemand schaute mit großen Augen, es gab keine Ah's oder Oh's. Der Flughafen südlich von Berlin-Schönefeld ist eben am Ende genau das: ein Flughafen. Wie jeder andere Großflughafen, möchte man fast sagen.

Natürlich, es gibt Unterschiede, es gibt die deutliche Handschrift der Architekten, es gibt die feinen Details und zumindest den Anstrich von nobler Weltläufigkeit. Es gibt auch das den Kopf in den Nacken legen und Staunen: Über die Stützen vor allem, die über ein 44-m-Raster ein gigantisches Dach tragen, eines, das zig Meter in den Umraum auskragt. Auch freut es einen, dass es den Architekten gelungen ist, den sonst überall üblichen wie in gleicher Weise penetranten Flughafenkonsumterror in Schach gehalten zu haben. Die Shops kommen erst spät, weit nach dem Check-In. Auch ist die Konsumlandschaft klarer abgegrenzt vom Rest, man muss nicht jede Verkaufsfläche auf dem Weg zum Gate durchkurven, man kann sie fast beiseite lassen.

Überhaupt der Kommerz: Die meisten Ladenflächen liegen, wenige Wochen vor der Eröffnung noch brach, hier und da sieht man Ladenbauer ihre Arbeit machen. Nicht wenige, die anfangs schon dabei waren und zur geplanten Eröffnung 2011 bereit standen, sind insolvent oder haben schlicht die Reissleine gezogen. Ob diejenigen, die jetzt zögerlich aufbauen, verunsichert sind ob Startpunkt und Perspektive?

Spatenstich war 2006, vorausgegangen waren Planfeststellungs- und Bieterverfahren und eine erste Architektenzwangsarge, bestehend aus gmp und JSK. Die wurde getrennt und wieder vereint und wieder getrennt ... So fing es an. Mit Unsicherheiten. Immerhin konnte gmp mit Flughafenerfahrung aufwarten, wie kaum ein zweites deutsches Büro, ein Gründungsmythos basiert ja sehr explizit auf einem Berliner Flughafen, dem in Tegel. Der soll im kommenden Jahr als Flughafen schließen und als eine Art von Zukunftsquartier wieder eröffnen. Ob das etwas bedeutet?

2012 wurden die Architekten rausgeschmissen, man holte sie später wieder herein, der Flughafenchef Lütke Daldrup, u. a. ehemaliger Staatssekretär im Bundesbauministerium, Stadtplaner und Geschäftsführer der IBA Thüringen, tat das ohne Vorbehalte, die Architekten folgten seinem Ruf. Was nicht unbedingt selbstverständlich war, denkt man an das zornige Buch von Meinhard von Gerkan, der mit „Black Box BER - Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen“ mit den (öffentlichen) Bauherrn heftig ins Gericht gegangen war. Doch 17000 Pläne galt zu beherrschen, Wissen an die Oberfläche zurückzuholen, das in dem Chaos verloren gegangen schien, in dem vor allem Juristen und Politiker, Unternehmer und die Presse das Wort ergriffen hatten.

Das alles aufzurollen ist hier kein Platz. Der Flughafen mit seinem wunderbar altbackenen Bodenbelag und den typischen gmp-Oberflächen und -materialien, seinem gigantisch schönen Dach und den vielen hunderten Metern Laufstrecke wird eröffnen. Punkt. Was danach kommt, was die Corona-Pandemie aus einem Regionalflughafen mit Hub-Anforderung machen wird? Man möchte hoffen, die riesigen Parkhäuser blieben nur wenig belegt, man könnte sie zu Zukunftsquartieren umnutzen. Man möchte hoffen, die Vielflieger flögen zu ihren Dienstgesprächen nur noch virtuell, auch wenn schlaue Köpfe schon ausgerechnet haben, dass Serverleistung auch Energieaufwand darstellt. Vielleicht wird dann dieser Flughafen ein ganz anderer Hub, einer, der Zukunft nicht mit dem Traum vom Fliegen verwechselt. Ganz sicher sollte der Bau nicht, wie Flughafenarchitekt, Joachim Paap, ganz lapidar auf Nachfrage sagte, im Notfall auch zum eleganten Autosalon umgenutzt werden, das hieße ja wohl, außer Vergangenheit nichts für die Zukunft im Blick zu haben. Aber noch glaubt der Betreiber - Verwalter unserer Steuergelder - er könne den modular gedachten Bau in die Zukunft größer werden lassen. 45 Mio. Fluggäste jährlich sollen das sein. Wohin die wohl alle fliegen wollen?

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