Wohnen im Fernsehturm
Masterstudierende der Architektur an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim entwickelten im Rahmen eines Entwurfsstudios neue Gestaltungskonzepte für Hannovers berühmten „Telemoritz“ am Raschplatz. Die Studierenden standen dabei im Austausch mit dem Investor Oliver Blume, der den Turm 2024 für den symbolischen Preis von 1 Euro gekauft hatte. Oliver Blume plant, das ikonische Gebäude in einen Wohnkomplex zu verwandeln. Auch eine öffentliche Aussichtsplattform und Gastronomie in den oberen Geschossen soll es künftig geben.
Den seit 2024 unter Denkmalschutz stehenden Fernsehturm auf diese Weise wieder nutzbar zu machen und zu erhalten, sei aus verschiedenen Gründen sehr sinnvoll, findet Prof. Dr.-Ing. Till Böttger, der das Projekt am Lehrgebiet Darstellen/Gestalten/Entwerfen zusammen mit Xhesika Osmani betreut hat. „Wir wollen verhindern, dass Gebäude abgerissen werden müssen, weil enorm viel graue Energie in diesen Baukörpern steckt. Und andererseits gehört der ‚Telemoritz‘ einfach zur Identität der Stadt Hannover“, so Böttger. Der Austausch mit dem Investor wäre für die Studierenden sehr interessant gewesen. „Wir konnten das Projekt auf einer ganz anderen Ebene angehen, weil es so praxisnah war“, findet auch die Studentin Amelie Wenzel.
Das auch „VW-Turm“ genannte Bauwerk ist sanierungsbedürftig, seine Lage unmittelbar an einer vielbefahrenen Straße und mit geringem Abstand zu weiteren Gebäuden prägt die Umnutzungsaufgabe. Die Studierenden fanden in ihren Entwürfen ganz unterschiedliche Lösungen dafür: Amelie Wenzel und Fatme Mraiache war es mit ihrem Entwurf „Ein Pokal für Hannover“ besonders wichtig, den Fernsehturm-Charakter beizubehalten und dem Turm eine schlanke Hülle zu geben. Mit Zwischenebenen konnten sie in ihrem Entwurf Platz für 154 kleine Wohnungen schaffen. Nina Stolberg und Laura Matula entschieden sich mit ihrem Konzept „Box Tower – Rundum vollendet“, den Turm nur im oberen Teil mit unterschiedlich großen Wohngeschossen zu ummanteln. „Wir wollten kein neues Gebäude daraus machen, sondern den Bestand aufgreifen und verändern“, beschreiben sie ihre Idee. Zusätzlich zum vorhandenen Zugang am Turm selbst, der den zukünftigen Bewohnerinnen vorbehalten sein soll, entwarfen die Studentinnen ein rundes Gebäude, das die Besucherinnen unterirdisch zu einem weiteren Aufzug im Turm führt, der Zugang zur öffentlichen Aussichtsplattform und zur Gastronomie bietet. Eine ganz andere Lösung entwickelten Juliana Torres und Yaren Kilic. Sie ergänzten den Fernsehturm um drei gebogene „Arme“, die sich vom Turm aus in unterschiedliche Richtungen strecken und Wohnungen beinhalten. Um den Bereich für Fußgängerinnen durchlässig zu halten, planten die Studentinnen großzügige Durchgänge im unteren Bereich der Gebäude. „Zusätzlich wollen wir im Erdgeschoss Gewerbeeinheiten schaffen, um den Ort zu beleben“, erklärt Juliana Torres.
Für Oliver Blume sind die insgesamt neun Entwürfe Inspiration für sein Projekt. Wie sich die Ideen der Studierenden umsetzen lassen, ist noch offen. So müsste die Stadt, um den Turm für Wohnraum nutzbar zu machen, zunächst das Baurecht für den Innenstadtbereich ändern. Für die Studierenden war das Projekt aber so oder so eine wertvolle Erfahrung, ist sich Böttger sicher.
