Schlecht gelaufen − Unplanmäßige Balkon-
entwässerung infolge Durchbiegung
Unplanmäßige Balkonentwässerung infolge Durchbiegung
Zusammenfassung
Sachverhalt
Bei einem Bestandsgebäude wurden nachträglich Balkone errichtet. Noch innerhalb der Gewährleistungsfrist rügten die Eigentümer deutlich sichtbare Verformungen der Balkonplatten. In dieser Hinsicht wurde insbesondere bemängelt, dass infolge der Durchbiegung eine unplanmäßige Entwässerung der Balkonplatten über deren Stirnseite stattfand.
Feststellungen
Die Balkone waren als eigenständige, mehrgeschossige Konstruktionen aus vier Stahlstützen errichtet. Bei den Balkonplatten handelte es sich um Stahlbeton-Fertigteile. Diese lagerten punktförmig an den Ecken. Einige Balkone kragten an einer Schmalseite über die Lager hinaus (Bild 1). Die Stützweite der Balkonplatten betrug jeweils 5,80 m und die Plattenbreite 1,75 m. Die Plattendicke lag zur Fassade hin bei 21 cm und zur Außenkante hin bei 19 cm. Aufgrund der variablen Dicke ergab sich ein planmäßiges Gefälle der Plat
Bewertung
Die Balkonplatten weisen parallel zur Außenkante eine Ablaufrinne auf, die an die Entwässerung angeschlossen ist. Diese Ablaufrinne ist aufgrund der Durchbiegung der Balkonplatten in Längsrichtung weitgehend wirkungslos. Bedingt durch das planmäßige Gefälle in Querrichtung strömt das Wasser Richtung Außenkante und bedingt durch das
In der DIN 1986-100 [1] wird gefordert: „Balkone und Loggien sollten einen Ablauf oder eine vorgehängte Rinne erhalten. [...] Wenn Dritte nicht beeinträchtigt werden, darf das Niederschlagswasser auch direkt über
Für die Balkonplatten lagen die statische Berechnung sowie der Bericht des Prüfingenieurs vor. Eine Plausibilitätsprüfung ergab
Hinsichtlich der Gebrauchstauglichkeit war in der statischen Berechnung eine Ermittlung der elastischen Verformung erfolgt. Nichtlineare Einflüsse aus Rissbildungen, Kriechen und Schwinden des Betons waren nicht berücksichtigt worden. Die sich im – gerissenen – Zustand II ergebende Verformung ist aber deutlich größer als die elastische Verformung im – ungerissenen – Zustand I des Stahlbetons.
Bezüglich der Begrenzung der Verformungen kann vor Durchführung entsprechender nichtlinearer Berechnungen eine einfache Abschätzung anhand des Kriteriums der Biegeschlankheit erfolgen [2], [3]. Unter Ansatz der Stützweite sowie eines Parameters für das statische System erhält man so einen Anhaltswert für die erforderliche statische Höhe der Balkonplatte, also den Abstand von der Bewehrungsachse zur Oberkante der Platte. Unter Berücksichtigung der erforderlichen Betondeckung ergibt sich damit hier eine erforderliche Plattendicke, die größer ist als die vorhandene Plattendicke. Dies stellt für sich genommen aber keinen technischen Mangel dar.
Zur Begrenzung der Verformungen ist im
Instandsetzung
Der Tiefpunkt der Balkone befindet sich aufgrund der planmäßigen Gefällegebung in Querrichtung sowie der Durchbiegung in Längsrichtung jeweils etwa in der Mitte der Langseite bei der Außenkante. Dort muss demnach die Entwässerung ansetzen.
Es ist zweckmäßig, an der Unterseite der Balkonplatten bei der Außenkante der Langseite Tropfbleche sowie eine zusätzliche Rinne zu montieren. Die Tropfbleche müssen aufgrund der unterschiedlichen Durchbiegungen individuell hergestellt werden; alternativ – optisch aber noch auffälliger – können ausreichend hohe Rinnen verwendet werden, in die die Tropfbleche eingreifen. Auch bei der Montage der Rinnenhalter muss die Durchbiegung der Balkone beachtet werden, um ein durchgehendes Gefälle der Rinnen zu gewährleisten. Die Rinnen können an die
Literatur
[1] DIN 1986-100:2016-12: „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056“
[2]
[3] DIN EN 1992-1-1/NA:2013-04: „Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 2:
Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Allgemeine Bemes-
sungsregeln und Regeln für den Hochbau“
[4] DIN 18531-1:2017-07: „Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen – Nicht genutzte und genutzte Dächer – Anforde-
rungen, Planungs- und Ausführungsgrundsätze“
[5] DIN 18531-5:2017-07: „Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen – Balkone, Loggien und Laubengänge“
Lastabtragende Bauteile verformen sich. Dies muss bei der Planung der Entwässerung im Allgemeinen und der Lage von Abläufen im Besonderen berücksichtigt werden. Zur Ableitung anfallenden Wassers sollte idealerweise ein zweidimensionales Gefälle, mindestens jedoch ein ausreichendes eindimensionales Gefälle vorgesehen werden.
Abläufe sind an den Tiefpunkten vorzusehen; das ist eigentlich trivial. Insbesondere bei einem eindimensional geplanten Gefälle – wie im geschilderten Schadensfall – findet sich aber häufig eine planmäßig gefällelose Rinne mit punktförmigen Abläufen. Durchbiegungen tragender Bauteile oder schlicht zulässige Toleranzen führen dann oft zu Einschränkungen der Entwässerung. In der neuen Abdichtungsnorm DIN 18531 [4], [5] wird daher darauf hingewiesen, dass „bei der Planung die zu erwartenden Durchbiegungen der tragenden Konstruktion zu berücksichtigen“ sind.
Beton besitzt eine hohe Druckfestigkeit und nur eine vergleichsweise geringe Zugfestigkeit. Die Zugkräfte in biegebeanspruchten Bauteilen werden von der Stahlbewehrung abgetragen. Bei Überschreitung einer gewissen Beanspruchung werden sich daher – zulässigerweise – Risse im Beton der Zugzone des Stahlbetonbauteils bilden; das Bauteil geht dann bereichsweise vom ungerissenen Zustand I in den gerissenen Zustand II über.
In eine Verformungsberechnung gehen neben der Last und der Stützweite das Flächenmoment zweiten Grades sowie der Elastizitätsmodul ein. Beim Übergang in den gerissenen Zustand II verringert sich das Flächenmoment zweiten Grades. Der Elastizitätsmodul von Beton ist zudem zeitabhängig und es treten die zeitabhängigen Kriech- und Schwindverformungen auf. Stahlbeton als Verbundbaustoff weist daher ein nichtlineares Verformungsverhalten auf. Die Durchbiegungen unter Berücksichtigung der nichtlinearen Verformungsanteile können ein Mehrfaches der rein elastischen Verformung betragen.